Boys Dont Cry
einer langen Pause.
Jetzt hatte ich wieder seine Aufmerksamkeit.
Er schüttelte den Kopf. »Dante, du hast jetzt ein Kind, eine Tochter. Sieh sie dir gut an. Sie heißt Emma.«
Ich blickte es an und dann gleich wieder weg. Ich hatte Mühe zu atmen. Mein Hals tat so schrecklich weh, als hätte mir jemand einen Faustschlag dorthin versetzt. Und mein Herz klopfte laut. Ich hielt ein Baby im Arm. Ein echtes, lebendiges, atmendes Wesen. Diese Erkenntnis erschreckte mich mehr als alles andere zuvor.
»Ich kann mich nicht darum kümmern, Dad.«
»Du hast keine andere Wahl, mein Sohn.«
»Vielleicht könnte ich sie zur Adoption freigeben oder Pflegeeltern suchen?«
Kaum hatte ich es laut ausgesprochen, erkannte ich meinen Fehler.
»Du würdest dein eigen Fleisch und Blut weggeben, weil es dir … nicht in den Kram passt?«, fragte Dad. »Eine Adoption bedeutet, dass du deine Tochter für immer aufgibst. Willst du das wirklich?«
Ja. Meine Güte, ich bin erst siebzehn.
Es war doch klar, dass ich mich mit siebzehn nicht mit einem Kind belasten wollte. Brennende Schuldgefühle überrollten mich, aber es ließ sich nicht ändern. Ich wollte und musste mir wirklich nicht anhören, was Dad von mir dachte, um noch tiefer zu sinken. Meine Selbstachtung war weiß Gott sowieso schon im Keller. Aber das Kind in meinen Armen stand wie eine feste Mauer zwischen mir und dem Rest meines Lebens. Ich wollte die Mauer einreißen. Ich würde nicht zulassen, dass dieses Ding all meine Pläne, meine gesamte Zukunft, mein ganzes Leben ruinierte.
»Außerdem kannst du deine Tochter ohne Zustimmung ihrer Mutter gar nicht zur Adoption freigeben. Und du sagtest doch, du weißt nicht, wo Melanie ist.« Dad blickte finster. »Ich bezweifle sogar, dass du sie ohne Melanies Erlaubnis überhaupt einer Pflegefamilie überlassen kannst. Also, was hast du vor? Deine eigene Tochter irgendjemandem vor die Tür zu legen?«
»Natürlich nicht«, widersprach ich schockiert.
Hielt mich Dad dergleichen für fähig? Dabei hatte ich doch geglaubt, nicht mehr tiefer in seiner Achtung sinken zu können.
»Dante, wenn deine Tochter jetzt nicht hier in diesem Raum wäre …« Dad presste die Lippen zu einem blassen Strich zusammen. »Ich weiß nicht, was ich dann tun würde. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du so dumm gewesen bist. Glaubst du etwa, das betrifft nur dich? Falsch. Wir alle werden mit den Folgen deiner Handlungen leben müssen.«
»Ich bin keineswegs stolz darauf, Dad«, erklärte ich ihm.
Schweigen.
»Ich sehe wirklich nicht viele Alternativen für dich, Dante«, sagte Dad langsam.
Ich wusste sofort, worauf er hinauswollte. »Dad, ich habe kein Geld, keinen Job, keine Möglichkeit, mich darum zu kümmern. Guter Gott, ich habe gerade erst meinen Schulabschluss gemacht.«
»Dante, sei still und hol mal tief Luft und hör mir gut zu. Du hast ein Kind. Ob du sie weggibst oder behältst, deine Welt sieht jetzt anders aus, und so wird es bleiben. Nichts, was du tun oder sagen kannst, wird etwas an der Tatsache ändern, dass du eine Tochter hast. Du musst diese Tatsache begreifen und sie akzeptieren, genau wie ich.«
»Was zum Teufel kann ich einem Baby bieten?«
»Das Gleiche, was ich dir geboten habe – und deinem Bruder. Ein Dach über dem Kopf, Essen auf dem Tisch und … für es da sein. Das ist schon eine verdammte Menge.«
Doch ich hörte ihm kaum zu. Warum verstand er nicht, was ich sagte? Ich musste erst einmal mein eigenes Leben auf die Reihe kriegen. Vorher konnte ich doch nicht die Verantwortung für jemand anderen übernehmen!
»Wirst du dich um das Baby kümmern, wenn ich an der Uni bin?«, fragte ich.
Dad begann zu lachen, aber es war nur ein müder Abklatsch von einem Lachen. »Ich habe einen Vollzeitjob, Dante. Wie soll ich bitte schön arbeiten und mich gleichzeitig um deine Tochter kümmern?«
»Und wie soll ich studieren und mich gleichzeitig um ein Baby kümmern?«, gab ich zurück.
»Du wirst nicht …«, sagte Dad. Seine braunen Augen wurden ganz dunkel, während er mich scharf musterte.
»Ich … ich …« Ich sah das Kind in meinen Armen an, das jetzt friedlich schlief. Die Worte, die Dad ungesagt gelassen hatte, dröhnten in meinem Kopf wie eine riesige Glocke. »Wenn jemand nicht zurechtkommt, ist es sicher in Ordnung, das Kind zu Pflegeeltern zu geben – nur für ein Weilchen.« Ich war immer noch nicht bereit, von dieser Möglichkeit abzurücken.
Dads Blick ruhte auf mir. »Du willst also
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