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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malorie Blackman
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die Stirn küsste. Schon wieder. Wie ich meinen Bruder beneidete. Es entsprach seiner Natur, jedem zu vertrauen und alles zu akzeptieren, wenn er keinen Anlass für das Gegenteil hatte. Darum war ich auch so besorgt um ihn. Er war so naiv. Neben ihm kam ich mir vor wie der zynischste Schweinehund unter der Sonne.

14 ADAM
    Armer Dante. Ich kann mir nicht helfen, er tut mir leid. Ich weiß, dass es ein höllischer Schock sein muss, plötzlich herauszufinden, dass du Vater und alleinerziehend bist, alles an ein und demselben Tag. Aber er sieht ja aus, als würde er am Rand einer Klippe entlangbalancieren in der festen Überzeugung, dass er auf jeden Fall hinunterstürzen wird, was immer er auch tut. Er nimmt überhaupt nicht wahr, wie wunderschön seine Tochter ist – in Anbetracht dieses Vaters ohnehin ein kleines Wunder.
    Und sein Gesicht, als ich sagte, dass ich wahrscheinlich nie Vater werde! Ich verstecke mich nicht, aber meine Familie ermutigt mich nicht gerade dazu, offen mit meinen sexuellen Neigungen umzugehen. Dad ignoriert die Tatsache, dass ich schwul bin, ganz einfach. So, als wäre ein seltsames Tier im Raum, das sich, wenn er es nicht beachtet, in Luft auflösen wird. Und Dante tut, als wäre es eine vorübergehende Mode, die ich dieses Jahr trage, aber ablegen werde, sobald etwas Neues in Sicht kommt.
    Lieber Himmel, ich weiß seit meinem dreizehnten Lebensjahr, dass ich schwul bin.
    Und mehr noch, es gefällt mir. Vergiss es, ich finde es klasse.
    Ich wünschte bloß, Dad und Dante würden es entspannter sehen.

15 DANTE
    Als Dad schließlich nach Hause kam, musste er dreimal zum Auto zurück, bis er seine Einkäufe hereingetragen hatte. Ich schwöre, er hatte das halbe Einkaufszentrum leer gekauft. Nachdem er zehn Minuten lang ausgeladen hatte, glich das Wohnzimmer einem Hindernisparcours. Das größte Paket, eine Schachtel mit einem Bettchen zum Selbstzusammenbauen, stand an der Wand neben der Tür; außerdem gab es noch genügend Wegwerfwindeln, um den ganzen Ärmelkanal aufzusaugen, eine Babytrage, mit der man sich ein Baby vor die Brust schnallen konnte, um die Arme frei zu haben, eine Flasche Babybad, Babylotion, Babycreme gegen Windelausschlag und andere Babymedikamente, Babybesteck, Babyfläschchen als Ersatz für das, was Mel dagelassen hatte, einen Flaschensterilisator, Babybettzeug, einen Hochstuhl, ein paar Spielsachen wie einen weichen Ball und einen Teddybären, einige Bilderbücher, ein Kleid und andere Anziehsachen, Babyschühchen, Feuchttücher für Babys – Baby, Baby, Baby.
    Adam reichte mir Emma, die jetzt wieder wach wurde, und flitzte im Zimmer umher, als wäre Weihnachten und all die neuen Sachen seien Geschenke für ihn. Blinzelnd wie eine erstaunte Eule blickte ich von Emma auf all das Zeug, das so ein kleines Ding brauchte, und wieder zurück. Und in diesem Moment wurde mir schlagartig bewusst, wie wenig Ahnung ich tatsächlich hatte.
    »Das alles muss ja ein Vermögen gekostet haben«, sagte ich, immer noch schockiert angesichts der Unmengen, die Dad eingekauft hatte.
    »Eigentlich wollte ich nur das Bettchen, ein paar Windeln und Kleidung zum Wechseln besorgen«, sagte Dad reumütig.
    Ich starrte ihn an.
    »Das ist für meine Enkelin, okay?«, sagte Dad. Und wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich geschworen, dass er verlegen war. »Alles, was jetzt noch fehlt, ist deine Angelegenheit.«
    Meine Angelegenheit …? Eine Woche, dann würde ich bankrott sein. Und all diese Sachen … Dad hatte eingekauft, als ginge er davon aus, dass Emma lange, lange bleiben würde. Dabei konnte es sich nur um einen oder zwei Tage handeln, maximal eine Woche. Bloß so lange, bis die Ergebnisse des DNA-Tests kamen.
    Emma strampelte in meinen Armen und streckte beide Ärmchen nach den Sachen auf dem Teppich aus. Nach den seltsamen, ungeduldigen Lauten zu schließen, die sie von sich gab, war sie ebenso aufgeregt wie Adam.
    »Sie will, dass du sie runterlässt«, sagte Dad. »Sie will auf Entdeckungsreise gehen.«
    »Ist das nicht gefährlich?«
    Dad lächelte mich an. »Nein, du musst dich bloß bereithalten und sie hochnehmen, wenn sie irgendetwas anfassen will, das sie nicht sollte.«
    Skeptisch setzte ich das Baby auf eine der wenigen freien Teppichecken. Emma zischte ab wie eine Rakete. Noch nie hatte ich jemanden schneller krabbeln sehen! Wir brachen alle in Gelächter aus und sahen uns dann überrascht an. Wir hatten in letzter Zeit nicht oft zusammen gelacht. Ich verstummte

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