Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malorie Blackman
Vom Netzwerk:
streckte die Arme aus.
    Ich war nicht scharf darauf, Emma Tante Jackies großherzigem Erbarmen auszuliefern, aber meine Tante war nicht die Art Frau, die ein Nein als Antwort akzeptierte. Tante Jackie strich Emma sanft übers Haar und streichelte ihre Wange, ehe sie meine Tochter an ihre Schulter legte und sie behutsam wiegte. Doch Emma weinte immer noch.
    »Was hat sie denn?«, fragte meine Tante.
    »Sie zahnt.«
    »Aha! Die Zähnchen machen dir zu schaffen, Süße?«, sagte sie zu Emma. »Weißt du, ich bin schon über … ähm … zwanzig, und meine Zähne machen mir immer noch zu schaffen. Wenn sie nicht so nützlich wären, würde ich sie mir alle ziehen lassen.«
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder ihr meine Tochter wieder entreißen sollte.
    Meine Tochter  …
    »Du siehst müde aus, Dante.«
    »Bin ich auch«, gestand ich.
    »Gewöhn dich daran.«
    Ich Blödmann. Einen Augenblick lang hatte ich doch tatsächlich geglaubt, sie würde mir ein bisschen Mitgefühl entgegenbringen. Tante Jackie legte ihre freie Hand an mein Kinn und drückte es.
    »Mach dir keine Vorwürfe, mein Junge. Ja, du bist unbesonnen gewesen, aber du hattest auch verdammtes Pech.«
    Ich wartete auf den Stolperdraht. Aber es kam keiner, und so versuchte ich zu lächeln, obwohl meine Mundwinkel zitterten.
    »Halt durch, hörst du?«, sagte meine Tante. »Das alles muss ziemlich überwältigend sein, aber fürs Erste sieh einfach zu, dass du einen Tag nach dem anderen überstehst.«
    »Das probiere ich schon, Tante Jackie, aber einfach ist es nicht.« Ich brachte nur ein Flüstern zustande. An jedem lauteren Wort wäre ich erstickt.
    »Und alles dreht sich jetzt um Emma?«, fragte Tante Jackie lächelnd.
    Bei diesen Worten zuckte ich vor Überraschung zusammen. »So ähnlich«, gab ich zu.
    »Halt einfach durch, mein Junge.«
    »Ich bemüh mich ja, aber ich hab das Gefühl, jeden Moment abzustürzen.«
    »Das wirst du nicht, man wächst mit seinen Aufgaben«, sagte Tante Jackie.
    »Und wenn ich es vermassle?«
    »Glaub mir, alle Eltern machen sich genau die gleichen Gedanken.«
    »Wirklich? Auch wenn sie alt sind, schon über dreißig?«
    Tante Jackie lächelte. »Ja, sogar wenn sie so alt sind.«
    »Aber wenn ich nun versage, Tante Jackie? Emma ist ein richtiger lebendiger Mensch. Wenn ich es vermassle, muss sie es ausbaden.«
    »Möchtest du meinen Rat?«
    Ich nickte vorsichtig.
    »Tu einfach dein Bestes, mein Lieber. Mehr geht nicht. Wenn du beim Blick in den Spiegel weißt, dass du dein Bestes gegeben hast, dann hast du schon gewonnen.«
    »Tante Jackie, warum hast du eigentlich keine Kinder?«, wollte ich wissen.
    Meine Tante sah mich nachdenklich an, als müsste sie eine Entscheidung treffen. Dann seufzte sie. »Ich wäre eigentlich schrecklich gern Mutter geworden. Vier Mal habe ich es geschafft schwanger zu werden, aber jedes Mal hatte ich eine Fehlgeburt.«
    »Oh, das wusste ich nicht«, entgegnete ich, unsicher, was ich als Nächstes sagen sollte. »Hast du es danach aufgegeben?«
    »Nach meiner vierten Fehlgeburt hat man mir eröffnet, dass ich keine Kinder mehr bekommen kann. Das ist der Grund, warum mein Mann mich damals verlassen hat.«
    »Deshalb seid ihr geschieden, du und Onkel Peter?«, fragte ich schockiert.
    Tante Jackie nickte.
    »So ein Scheißkerl.«
    Tante Jackie lächelte traurig und schüttelte den Kopf. »Nein, das war er nicht. Er wünschte sich nur genauso sehr ein Kind wie ich. Bloß dass er seine Situation ändern konnte und ich nicht. So ist das eben, Dante. Manche können etwas ändern. Andere nicht.«
    Tante Jackie und ich sahen einander an und in diesem einen Moment herrschte vollkommenes Einvernehmen zwischen uns.
    »Jackie? Du hättest mich vorwarnen sollen, dass du vorbeikommst.« Dad tauchte aus dem Wohnzimmer auf.
    Tante Jackie spitzte die Lippen. »Seit wann brauchst du eine Vorwarnung?«
    »Du weißt schon, wie es gemeint war«, seufzte Dad.
    Irgendwie hatten Dad und Tante Jackie eine seltsame Art, miteinander umzugehen. Beide waren auf merkwürdige Weise voreinander auf der Hut, wie zwei Tiere, die einander umkreisen. Selbst als Mum noch am Leben war, hatten sich meine Tante und Dad, soweit ich mich erinnerte, nicht viel zu sagen gehabt.
    »Warum stehst du immer noch im Flur?«, fragte Dad.
    »Ich unterhalte mich mit meinem Neffen.«
    »Jackie, der Junge hat deine Vorträge nicht nötig«, sagte Dad.
    »Nein, aber vielleicht würde ihm die Wahrheit helfen?«
    »Was meinst du damit?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher