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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Frau Glück. „ Das gefällt dir, was? Hmm … Und wie viel da kommt. Die ist zwei, drei Tage nicht gemolken worden mit ihrem di cken Euter. Weiß Gott, was aus de m Bauern geworden ist, liegt wahrscheinlich…“
    Die Kuh muhte dankbar, als der Druck abfiel von ihr.
    „So ist e s gut“, sagte Hildchen Glück. „Siehst du , der Eimer ist gleich viertel voll, dass einem die Augen überlaufen. Das wird dir und den Schwestern schmecken. Weißt du noch, wie es geht im Heiligen Buch bei den Psalmen , Arthur? Wie? Gottes Brünnlein, heißt e s da… ? “
    „Gottes Brünnlein ... – was?“
    „Das hat Wasse r die Fülle. Verstehst du? Und machmal hat e s statt Wasser Milch.“

Kapitel 16 : Im Spreewald
     
    „Was… Was ist das? – Was – wo sind wir?“ Minna sah sich um und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    Alma schloss ihre Augen , anstatt zu antworten .
    „Wo sind wir?“, fragte Minna noch einmal .
    „ In der Lausitz“, sagte Alma ohne aufzusehen. Sie saß an einer Hobelbank, vor sich die verschmutzten Glasscheiben eines Werkstattfensters. „Weißt du das nicht mehr? Vetschau heißt der nächste Ort. D a haben sie einen großen Markt, sagt Frau Schilling. Hier ist Barnsheim oder Barnheim oder Bargheim oder so. Dieser Ortsteil. Die größten Kürbisse im Deutschen Reich soll es in Vetschau geben .“
    „ Kürbisse... Warum ist es so kalt?“, fragte Minna
    „Das nennst du kalt… Geh raus vor die Tür. Ein schöner, warmer Tag ist es, nur das bisschen Wind.“
    „Hier drinnen ist es kalt. In diesem… – Stall!“
    „Das ist hier drin. Steh auf und geh raus. Was schläfst du überhaupt so lange? Nach neun Uhr ist es.“
    Minna setzte sich auf dem Boden auf, wo sie in ihrem Mantel geschlafen hatte.
    „Wofür soll ich denn aufstehen? Tu doch nicht so, als ob es …“
    Alma grinste. „Die schönsten Mädche n schlafen immer am längsten, was ? Los, auf stehen !“
    „Mir tut alles weh.“
    „A ch – u nd nun? Soll ich Madame die Beinchen einreiben? Mit warmer Hautcreme?“
    Minna tastete die Waden unter ihrem Mantel ab .
    „Das kommt vo m kalten Boden“, sagte Alma. „Da ziept e s in den Knochen wie bei alten Frauen. Was soll ich machen? Die Daunendecken habe ich zuhause vergessen.“
    „Geh weg. Lass mich in Ruhe, Schwester… Ist irgendwo Wasser?“
    „Draußen. Reichlich.“
    „ Warmes Wasser, meine ich? Oder habt ihr das schon weggeschüttet ?“
    „Sicher nicht, nein. Warmes Wasser gibt e s nicht mehr. Ist aus. Draußen ist nur der Brunnen, und Seife haben wir auch nicht. D a kannst du dich schön machen und dir die Haare kämmen. Wenn du wüsstest, wie du aussiehst…“
    Minna stand auf, zog ihren Mantel vor ihrer Brust zusammen und ging mürrisch aus der Tür.
    Alma wandte sich wieder ihrem Brief zu, den schiefen Buchstaben und krakeligen Worten, die sie geschrieben hatte, sah aber noch einmal auf und Minna hinterher, die im Mantel zum Brunnen schlenderte und begann, mit einem quietschenden Hebel Wasser zu pumpen.
    Alma betrachtete die Innenseiten ihre r Hände und überlegte, was sie Heinrich schreiben sollte, was sie schreiben würde . Schicken konnte sie ihre Briefe nicht mehr; sie wusste nicht wohin. Sie würde sie ihm überreichen, geordnet nach Datum, wenn er heim käme zu ihr – und wenn nicht heim zu ihr, dann doch zu ihr zurück, wo immer sie sein würde.
    Sie schrieb vieles auf, was sie dachte, aß, tat, nur das Unaussprechliche nicht. Er sollte sich keine Sorgen um sie machen . Ilse gehörte nicht in ihre Briefe; die Russen auch nicht und d ie Schande, die sie ihr und den anderen Frauen gemacht hatten ; die dunklen Gedanken; das, was sie gesehen hatte – die Menschen, die immer größere Augen beka men, weil sie kaum zu essen hatten; die Toten; die Angst.
    Sie beugte sich vor, der schmutzigen Fensterscheibe zu, und beobachtete Minna draußen. Sie hatte ihren Mante l ausgezogen und schlug mit den Händen klatschend nach Insekten in der Luft. Wenigstens die Kälte hatte ein Ende, dachte Alma , die unerträgliche Kälte diese s unerträglichen Winters. In Vetschau blühten die Bäume . In den Vorgärten standen Osterglocken und die ersten roten Tulpen, an den Feldrändern leuchtete Weißdorn in langen Reihen. Die Luft r och nach warmer, trockener Erde und nach frischem Gras.
    Arthur kniete neben dem Brunnen und bog auf einem Holzklotz Draht zu Fischhaken, die er am Ende mit einem Messer ans pitzte. Wie dünn er geworden war , dachte Alma. Die Kleider hingen ihm

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