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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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wenn er sich seine Nervosität nicht anmerken ließ. Es war manchmal eine Plage m it diesem Weib, dachte Prudöhl.
    Seine Reserviertheit änderte allerdings nichts daran, dass Leipzigs Frau en Irma Schilling v ertrau t en. Wenn schon die Mutter bei der Dorfhebamme entbunden hatte, konnt e die Tochter mit ihr nichts falsch machen, und, gut, gegen den Herrn Doktor, der sogar in Odessa studiert haben sollte, hatte man ja nichts einzuwenden, für alle Fälle, sollte nur kommen, der Mann. Außerdem – ein Punkt, den Prudöhl sträflich vernachlässigte – brachte Frau Schilling zu jeder Geburt ein Geschenk mit: eine getrocknete Schweinsblase, die sie mit Maiskörnern gefüllt und mit einer Flachsschnur an ein Rohrstöckchen gebunden hatte. Eine schönere Kinderrassel gab es in ganz Bessarabien nicht, erst recht nicht beim überstudierten Dr. Prudöhl von der Akademie .
    Beide, Arzt und Hebamme, wussten, wie es um Marga Freier stan d. Die Wehen kamen inzwischen alle zwei oder drei Minuten. Es war eine schwierige, gefährliche Geburt, bei der sie fast machtlos waren – bei der nur Gott helfen konnte, wenn es ihn denn gab, was zumindest Prudöhl bezweifelte.
    Frau Schilling stand auf und ließ den Feudel in den Eime r fallen .
    „Euer Arthur kommt mit den Füßen zuerst“, flüsterte sie Alma zu, als sie mit dem Eimer in die Küche ging. „Nun geh da nicht mit deinen schmutzigen Schuhen rein , Mädchen. Du m achst wieder alles dreckig, wo ich gerade aufgewischt habe.“
    Jakob kam aus der Diele in die Küche, eine angebissene Mohrrübe in der Hand. „Ist Arthur jetzt da?“, fragte er, als Alma sich die Wollsocken auszog und ihre nackten, roten Füße rieb .
    Prudöhl sah Jakob an und schüttelte den Kopf. Er lächelte bemüht. Hände und Knöchel des Doktors waren mit angetrockneten Bluttropfen besprenkelt. In den Achseln, am Kragen und auf dem Rücken hatte er sein weißes Hemd durchgeschwitzt. An einigen Stellen hatten sich Blutspritzer mit seinem Schweiß vermischt und waren in feinen, dunklen Linien durch den S toff gewandert.
    Marga Freier stöhnte tief – dann, nach kurzem Luftholen, unregelmäßig, höhe r. Alma dachte, dass sie sicher noch auf der Straße zu hören war. Halb Leipzig würde mitkriegen, dass Arthur kam.
    Prudöhl trockne te sich die Hände an einem Tuch ab und g ing ins Schlafzimmer. Marga Freier zog unter dem Laken die Beine an und schrie.
    Jakob begann zu weinen und lief zu Oma Mathilde , die die Bohnen beiseite legte und ihn auf d en Schoß nahm.
    „Na komm her du“, sagte sie in ihrem Si ngsang und begann ihn zu schaukeln. „Wir st doch nicht... –“
    „Frau Schilling?“, rief Prudöhl aus dem Schlafzimmer.
    „Doktor?“
    „Könn t en Sie mi r neues Wasser bringen? Und frische Tücher, wenn Sie noch wel che finden können... bitte. “
    Als Irma Schilling die gefalteten Tücher in einer Schüss el in die Stube trug, gellte der nächste Schrei der Mutter durchs Haus. Nach einem Moment des Schreckens begann Jakob wieder zu heulen. Auch Minna bekam feuchte Augen und sah unsicher zu Oma Mathilde , die unbeeindr uckt vom Geschehen um sie herum g eradeaus starrte und Jakobs Schultern klopfte .
    „Herr im Himmel“, stöhnte Frau Schilling und bekreuzigte sich, „bewahre uns.“ Sie zischte den Kindern zu. „Ruhig! Ruhig jetzt , ihr!“
    „Alma, bitte... “ Dr. Prudöhl stand in der Tür, zeigte mit dem Kopf auf Jakob und zog die Tür hinter sich und Frau Schilling zu.
    Min n a hielt sich die Hände vor die Ohren.
    Die Tür öffnete sich wieder: Frau Schilling.
    „Alma, Kind, steh nicht rum, mach dich nützlich“, sagte sie. „Geh, bring die Mischpoke hier raus, in den Hof , zu den Pferden, was weiß ich wohin. Ich kann euch hier nicht brauchen und der Doktor auch nicht.“
    „Gleich, Frau Schilling.“ Alma legte ihr Kop ftuch auf den Küchentisch und wusch sich die Hände.
    „Alma?“, fragte Jakob mit nass en Augen.
    „Was?“
    „Warum schreit Mama so?“
    „Weil du heut e ein Brüderchen kriegst – ein  Kind kriegen wir . Das weißt du doch.“
    „Stirbt die Mutter ?“, fragte er.
    „Red nicht so. Die Mutter stirbt nicht. So ist es, wenn Kinder kommen. Da schreien die Frauen. Es tut ihnen weh.“
    Jako b senkte den Kopf. „Alma?“
    „Was denn?“
    „War um ist das so, dass es ihnen weh tut und sie schreien?“
    „Weil das so ist.“
    „Warum?“
    „Oh, Jakob, gib jetzt Ruh e , du machst mich verrückt mit deinen Fragen. Lass mich in Frieden.“
    „Ich will g

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