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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Ich meine deinen Stief-Papa . Er kann es nicht.“
    „Ich bin nicht mein Vater.“

Kapitel 22 : Give Me Your Tired
     
    3 . August 1966, Hamburg
    Mein lieber Heinrich,
     
    ich habe dieses Notiz-Büchlein gekauft, um Dir von unserer großen Reise zu berichten. Wir brechen übermorgen auf, mit dem Zug nach Cuxhaven, wo auf der TS Hanseatic zwei schöne Kabinen nach New York gebucht sind. Es ist so aufregend – ich möchte die vielen Eindrücke festhalten, für mich und für Dich.
    Vor zwei Woch en gab es noch eine große Sorge gesundheitlicher Art. Ich war beim alten Prudöhl, der inzwischen in Köln in einer kleinen Wohnung lebt. Er geht auf die achtzig & praktiziert längst nicht mehr, aber er nahm sich meiner an. E ine merkwürdige Geschichte, ich hatte kein gutes Gefühl dabei, und ich sollte mich nicht täuschen. Es ging um den Unterleib – die Krankheit ohne Namen. Konrad muss es mir vermacht haben, es geht nicht anders. Gefährlich ist es nicht, sagte Dr. Prudöhl, oder nicht mehr gefährlich. Früher sind die Menschen daran gestorben, viele, es wur de ja immer getuschelt. Aber heute geben sie Penic illin, und es heilt danach von alleine ab , mit etwas Fieber . Aber ich war völlig durcheinander, ein en ganzen Tag lief ich wie ein Huhn herum & wanderte durch die Stadt, ohne mit jemandem zu sprechen. Ich schrie in meinem Inneren. Als ich am Abend wieder in Hamburg war und nach Hause kam, war ich nass. Ich hatte den Regen nicht bemerkt. Rosina trocknete mich ab & ließ mir ein heißes Bad ein, oben neben meinem Sch lafzimmer. Sie war entsetzt, als sie mich sah, und wollte mich abtrocknen wie ein kleines Kind . „Frau Alma“, sagte sie immer nur, „Frau Alma“, in ihrer betulichen, mütterlichen Art , obwohl sie kaum älter ist als Minna und ich.
    Natürlich sagte ich es Konrad, es musste sein, er muss sich ebenfalls untersuchen und behandeln lassen. W enn ich in Übersee bin, soll er es tun. Es war kein schönes Gespräch mit ihm, er ist so eitel und selbstgerecht. Prudöhl war auch unangenehm berührt. Er pulte sich ständig a m Ohr, als wir es besprachen. Was muss er denken von mir?
    Aber nun ist es geklär t. Ich hatte vorher et was Temperatu r gehabt, nichts Schlimmes, und die lästigen Wunden sind verheilt. Das Medikament wirkt, und ich kann oh ne Sorge reisen. Wir haben alles vorbereitet & die größten Koffer gepackt. Wir werden zu viert sein, Rosina, Minna, und Lillis Erika ist auch dabei. Sie ist jetzt vierzehn & ein schweres Kind. Alle nennen sie „Kali“. Es ist ihr Spitzname, ich weiß nicht warum. Sie wird es mir sicher er klären auf der langen Überfahrt. Lilli hat sie nach Hamburg gebracht, sie blieb zwei Tage hier. Meine Schwester sagt nicht viel, alles in Andeutungen, aber ich glaube, ihr Mann trinkt wieder. Früher hat er sie wohl einmal geschlagen. Er ist jährzornig, er dreht durch, wenn ihm irgend eine Kleinigkeit nicht passt. Es ist alles nicht gut. Lilli weiß selbst nicht, was wird, und war froh, das Mädchen für einige Wochen los zu sein. Sie trug eine große Sonnenbrille, wie eine Filmschauspielerin.

 
    6. August 1966, TS Hanseatic
     
    Nun sind wir an Bord, haben schon eine erste Nacht hinter uns gebracht. Man sieht kein Land mehr & die Luft ist herrlich, der Hi mmel blau, ein paar Wolken nur. Das Schiff zieht durch den Ozean, so mächtig. Es hat zwei Schornsteine, oben rot und unten schwarz, und sehr schöne Einrichtungen.
    Krause brachte uns mit dem großen Mercedes nach Cuxhaven, aber es war trotzdem eng im Wagen, und wir mussten einen Gepäckträger auf dem Dach befestigen. Er ist ein lustiger Mann und kümmerte sich reizend um uns Frauen. Graue Schläfen bekommt er, und ihm wachsen dicke Haare aus den Nasenlöchern . Jemand muss es ihm sagen, damit er sie abschneidet, es ist unvorteilhaft . Ein Kinderchor stand im Hafen an der Gangway, mit lustigen Zöpfen links und rechts die Mädchen, die Jungen in kurzen Hosen. „Wenn die bunten Fahnen wehen, geht die Fahrt wohl übers Meer“, sangen sie, wie wir damals beim Blodern, wenn wir von der Ferne und von fremden Ländern träumten.
    Die Kabinen sind elegant . Minna und ich teilen uns eine (mit getrennten Betten), Rosina und unsere Kali die andere (mit einem Ehebett, aber es macht ihnen beiden nichts aus). Pharao haben wir bei Krauses gelassen. Ich habe lange überlegt, ob wir ihn mitnehmen sollten, aber er ist alt geworden und völlig taub und hat manchmal Durchfall , dass es mir besser schien, ihn in Deutschland zu

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