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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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recht bekannt und gern gesehene Gäste, alle fragen nach ihnen, auch Herr Wreston, der sehr freundlich zu mir war. Er stellt Bahnwag gons für den Öltransport her.) Stell Dir einmal vor: 150 Gäste zum Abendessen! Auch die Presse war da, drei oder vier Reporter mit Fotografen. Frau Wreston stellte mich vor und sagte Kammersängerin völlig richtig, auf deutsch, mit guter Aussprache.
    Die Wrestons hatten Italienisches von mir gewollt, aber Du weißt, dass das nicht meine Sache ist & ich konnte es Ihnen mit Hilfe von Herrn Perlman und der Pianistin, einer Engländerin aus Cambridge , ausreden. Ich sang zwei von Canteloubes Auvergne-Liedern, dann kamen zwei der Wesendon c ks (transponiert), auch wenn ich da s meiste von Richard Wagner meid e, dieses Schwere, Nie-den-Schluss-Findende; die Wesendon c k-Stücke sind aber doch ergreifend. (Wagner hat hier in Amerika einen schweren Stand, weil er als Nazi-Musikus gilt. Ob es so stimmt, kann ich nicht sagen.) Und zum Schluss kamen Adele und Didos Todeslied, das ich auf Englisch sang. Ich bin sicher, der Akzent war gräuslich, aber es sagte niemand etwas. Es ist ein schöner Text: When I am laid in earth / May my wrongs create / No trouble in thy breast / Remember me, but ah! Forget my fate. Regina hat es mir übersetzt. Ganz wunderbar. Wenn Erde mich bedeckt, fängt es an.
    Wir sprachen den ganzen Abend über Musik & ich trank ein Glas Wein zu viel. Nun haben wir – auf Anregung von den Wrestons – beschlossen, während unserer Tage hier einmal nach Harlem zu fahren und die berühmten Gospels zu hören. Minna nennt es abfällig Sklavenlieder, aber es gefällt mir ungemein & ist ergreifend . Es gibt ein „Summertime“ (Sommerze it), was hier bekannt ist . Ich habe mir die Noten bestellt & werde es einüben.

 
    19. August 1966, New York
     
    Es ist unglaublich heiß. Wir wechseln mehrmals täglich die KIeider, selbst unsere kleine Kali , die immer leicht angezogen rumläuft, nur mit Rock und Bluse und kurzen Strümpfen . Minna hat sich einen Fächer gekauft und wedelt von früh bis spät & schaut mich dabei vorwurfsvoll an , als würde ich die Hitze machen . –
    Ich habe inzwischen mit einigen Reportern von der Presse zu tun gehabt. Sie sind doch, einer wie der andere, Halunken und Schurken . Nun habe ich es an mir, dass ich vor dem Singen – vor den Auftritten, meine ich – das Orchester oder den Pianisten bitte, einmal das Werk durchzuspielen, wobei ich stumm mitsinge, mit offenem Mund, i n Gedanken. Als Probe sozusag en. Erst beim zweiten Mal singe ich wirklich; es hilft mir. Darauf müssen sich die Journalisten stürzen, als wäre es eine Nachricht, ein Skandal, und sie behandeln mich wie eine alte Frau, die Schrullen hat und die armen Musiker herablassend behandeln würde. Es ärgert mich, mehr, als ich sagen kann. Eine Kle inigkeit, sagt Rosina, ich soll mich nicht aufregen – die einen rufen hosianna ! , die anderen nach dem Kreuz. Aber es lässt mich nicht los. Es ist ungerecht.
    Herr Siedenhans hat mehrere Interviews vereinbart (zwei stehen noch aus), die wir im Hotel gemacht haben, in einem kleinen Zimmer, das für solche Zwecke zur Verfügung steht. Sie fragen die tollsten Sachen & immer sind Fotografen dabei und halten die Kamera in mein Gesicht. Man darf um nichts in der Welt unvorbereitet sein: Alles muss stimmen, die Garderobe, das Gesicht. Siedenhans hat Rosina und mir alles aufgeschrieben, was wir beachten müssen. Es ist aberwitzig, aber wir halten u ns daran. Rosina hat eine Tasche voll mit Kosmetik & und nimmt sie überall hin mit, sogar mehrere rote Lippe nstifte, man macht es nun so .
    Gestern kam eine junge Frau, die für eine Zeitung in Kalifornien arbeitet. Sie war extra meinetwegen mit einem Flugzeug angereist . Es muss ein Vermögen gekostet haben, Kalifornien ist weit weg, an der Pazifikküste . Sie war schön, blond, mit herrlich sinnlich en , geschwungenen Lippen und blauen Augen und einer angenehmen Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein. Vielleicht vier- oder fünfundzwanzig. Ich mochte sie eigentlich sehr. Nur Rosina (die dabei war, allerdings auf der Couch saß und keinen Ton sagte) hatte von Anfang an ihre Zweifel. „Auch ein hübsches Gesicht kann hässliche Sachen sagen“, sagte sie, gl eich als wir fertig waren. Wie r echt sie behalten sollte.
    Diese junge Frau – sie heißt Marjorie E. Kingston, E für Emily – beschrieb mich wie eine Bäuerin. Ich hatte an einer Stelle gesagt, dass ich Kartoffeln mag, ganz am

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