Braeutigame
Mischka auf dem Viehmarkt sahen, waren lebhaft u nd gesund, aber deutlich teu rer als die, die ihr Nachbar Dressner ihnen in Leipzig über Händler in Anschakrak und Romanowka besorgen konnte, so dass Freier sich nach einigem Abwägen und Anfeilschen gegen einen Kauf entschied. Wichtiger war ihm ohnehin das Zaumzeug, das sie bei einem bulgarischen Händler kauften , der es wiederum aus Ungarn hatte und, obwohl der Preis hoch war, nicht einen einzigen Leu mit sich handeln ließ. Das mit Walnussschalen dunkelbraun gegerbte Leder legte sich weich um die Finger und war stark und zugfest.
Sie kauften sechs Scheren für die Schafh erde, ein Kastriermesser, ein Paar Enten und zwei Flämische Riesenkaninchen mit Schlappohren.
Schwieriger waren für Freier die Kindersachen. Marga hatte ihm alles mehrmals erklärt und kurz vor seiner Abfahrt mit zierlicher , korrekter Schrift auf einen Zettel geschrieben. Alma und Georg brauchten Wintermäntel, die in zwei oder drei Jahren die jüngeren, Minna und Jakob, auftragen würden. Bei einer Schneiderin in der Altstadt suchte er zwei einfach geschnittene, graue Kindermäntel aus.
„Nu, Vater “, sagte Mischka, als es ans Bezahlen ging und Freier seinen Geld beutel aus der Jackentasche zog.“
„Was ist? “
„Doch nicht solche... für die Kinder?“
„Wie – nicht solche? Gefallen sie dir nicht?“
„Gehen tut es wohl, aber schön ist es nicht.“
„Nach Schönheit ist es auch noch nie gegangen bei uns im Haus... und was mein s t du soll an den Sachen nicht schön sein?“
„Die Mäntel sind wie Säcke, so ganz ohne Freude und Farbe. Und zu groß auch... “
„Sollen ja auch zwei Winter passen.“ Er sah Mischka an. „Hmm, hmm, wie Säcke, sagst du ?“
„Für junge Leute ist das nichts.“
„Hm . So.“
Freier ließ sich überreden, für Alma stattdessen einen taillierten, dunkelbraunen Mantel mit einem schmalen Persianerkragen zu nehmen und für Georg eine hüftlange Wolljacke, die innen mit Hamsterfell gefüttert war u nd vorne zwei Reihen großer Leder knöpfe besaß. Freier überließ Mischka das Handeln. Sie bekamen vier Paar Kinderfäustlinge und einen Strickschal dazu.
„N u n mach du mal zu und such dir auch Handschuhe aus“, sagte Freier und nickte Mischka zu. „Aber richtige. N icht den bunten Kinderkram. L ederne musst du nehmen, mit Futter. Dickes, gegerbtes Schweinsleder. Das andere taugt alles nichts für einen Mann.“
Mischka lächelte. „Danke, Vater “, sagte er eilig und zeigte auf ein Paar, das unter einer Glasscheibe d es Verkaufstischs lag: die teuersten.
„M ein russisch er Halun ke“, s agte Freier leise und gab ihm den Geldbeutel .
Sie grinsten sich an.
Sie fuhren zu den Kischinjewer Tuchwerken am Bahnh of. In der Werkstatt standen Webma schinen eng nebeneinander und stampften so laut, dass sie sich nicht unterhalten konnten. Noch im zur Straße gelegenen Laden konnten sie die schweren Geräte arbeiten hören .
Für seine Frau suchte Freier zwei Ballen aus, einen einfachen elfenbeinfarbenen, Kattungewebe für Gardinen und Unterwäsche, und einen grün-weiß gestreiften Stoff aus teurem Rigaer Leinen. Marga Freier war eine geschickte Näherin, die ihre Garderobe und die Kleider der Mädchen an den Winterabenden in der Stube selbst anfertigte. Sie würde es nicht zeigen, ahnte Freier , abe r sie würde sich über das Lein zeug doch freuen, selbst wenn sie ihn wieder für seine Verschwendungssucht schelten und tagelang süßsauer den Mund verziehen würde. So war sie, seine Marga, das gute, sparsame Weib , dem die Freude nicht leicht fiel . Es lag ihr nicht, das Glück.
In Gedanken spielte Freier mit einem noch kostbareren Geschenk. Ein Schmuckstück sollte es sein – ein Ring vielleicht, dachte er, eine Kreuzkette oder ein Armband mit Bernsteinen von den Bulgarenstränden. Marga könnte es sonntags t ragen . Nicht zur Stunde natürlich, Gott bewahre, da schickte es sich nicht zu protzen. Aber an den Abenden in der Stube, an denen sie keine Gäste hatten? Freier malte sich die Überraschung in Margas Augen aus und musste lächeln. Er stellte sich vor, wie seine Frau ihre Arme verschränken und ihr Geschenk in Gedanken umrechnen würde, in Suppenhühner, Stiefel, Weinfässer. Sie würde sich, er kannte sie, nicht mehr als nötig freuen. Aber was machte das? Mit der Zeit und harter Arbeit waren sie an der Kälber Drift zu etwas Wohlstand gekommen, es ging ihnen besser denn je, was sollte ein zierliches Teil für einen
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