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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Unterschied machen? Also kaufte er – ohne Mischka, denn das Gefühlvolle ging seinen Knecht nichts an – eine dünne, geflochtene Goldkette mit ei nem länglichen Anhänger aus hellem Ber nstein, in dessen Mitte ein birnenförmig er, rötlicher Fleck hing, als hätte der Stein ein Herz. Der Gedanke an Margas Miene würde ihm auf der langen Rückfahrt die Zeit vertreiben.
    Im Laufe des Nachmittags füllte sich die Ladefläc he ihres Wagens . Neben den Holzkäfigen mit den Enten und den trägen, dösenden Belgier-Karnickeln lag en mehrere Zentnersäcke Sojabohnen , daneben, in Wachspapier, eine Küchenwaage mit Messinggewichten und ein Kupferkessel mit einer Pfeife auf dem Ausguss. Dieses Gerät war so ungeheuer modern, dass Freier es einfach hatte haben müssen, auch wenn sie bereits zwei gute Kessel besaßen . Wenn das Wasser zu kochen begann und Dampf in den Ausguss stieg, pfiff es laut, so dass man immer wusste, wann man abgießen konnte. Der Händler hatte es ihm vorgeführt , ein tolles Stück; Freier hatte vorsichtshalber aber kein übermäßiges Interesse gezeigt, um den Preis nicht in die Höhe z u treiben.
    Mischka lud grobes Salz aus Sulina und ein Pud Tannenhonig auf. Das würde Hellmuth Lobgott, der Bienen völker besaß und den Freiers regelmäßig Gläser mit Selbstgeschleudertem brachte, nicht gerne sehen. Aber der Küsterlehrer, in dessen Honig Marga mehr als einmal tote Bienen, Strohhalme und Sägespäne gefunden hatte, musste es schließlich nicht erfahren. Bei einem Händler mit Pomade im Schnurrbart – einer Schnapsdrossel namens Messesch, die in einem Bootsschuppen am Fl ussufer hauste – kauften sie eine Kiste Wodka. Drei Paar Schlittschuhe, die die Kinder zu Weihnachten bekommen sollten, verstauten sie im Bock neben dem Wasserkanister. Und für sich selbst holte Freier Stiefel aus Pferdeleder mit Futter aus geschorenem Karakul ab, die er bei seinem letzten Besuch in Kischinjew im Vorjahr bestellt hatte. Die größte Ausgabe waren acht helle Zobelfelle, die er bei einem georgischen Rauchwarenhändler mit einem dicken Bündel Rubel bezahlte. Wofür die einmal gut sein würden, wusste er noch nicht – für einen Mantel vielle icht oder eine Schlittendecke. E s war nicht wichtig. Zobel fiel nicht im Wert, wenn der Kürschner ihn sauber geschnitten hatte und er in einer trockenen Ecke der Bühne in einem Sack hing. Zobelpelze waren besser als Gold.
     
    Der Morgen des 13. August, an dem Daniel Freier und Mischka die Rückreise nach Leipzig antraten, war kühl. In der Nacht waren Schauer niedergegangen. Freier, der gekrümmt auf einer Seite der Ladefläche neben den Einkäufen schlief, stand mehrmals auf und spannte die Plane neu, damit das Wasser ablief und nicht Saat und Salz verdarb. Mischka hatte sich in einem alten Mantel unter d en Wagen gelegt und wälzte sich auf dem aufgeweichten Boden unruhig im Schlaf.
    In einer Gaststätte am Kischinjewer Viehmarkt frühstückten sie kur z nach Sonnenaufgang mit Brot, Eiern, Speck und T ee. Anschließend spannten sie die Pferde ein und machten sich auf den Weg. Die Wallache, die sich in der Stadt wenig bewegt hatten, gingen die Reise zügig an und fielen noch auf den gepflasterten Straßen der Stadt von selbst in den Trab. Nach zwei Stunden erreichten sie die Landstraße, die nach Bessarabeska im Süden und von dort weiter nach Galatz am Unt erlauf der Donau führte.
    Freier liebte den Geruch der Pferde und das regelmäßige Singen der Schellen, das ihn an die Schlittenfa hrten seiner Jugend erinnerte. S ie liefen auf der geraden Straße von alleine, er musste nichts tun, verknotete die Zügel am Bockknauf , zündete eine Pfeife an und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Mischka saß aufrecht neben ihm, die Arme verschränkt, die Augen geschlossen, zufrieden.
     
    Es regnete nicht mehr, der Himmel war aufgeklart. Ein fahles, anfangs noch vom Morgendunst getrübtes Blau begann zwischen den Wolken zu leuchten, und mit jeder Stunde, die sie unterwegs waren, wurde es wärmer, so dass sie regelmäßig Halt machten, u m den Pferden eine Pause zu verschaff en und sie an einem Brunnen mit Eimern zu tränken . Der Wind trocknete den Tieren den Schweiß auf den Flanken, auf denen er weiße Krust en hinterließ .
    Sie fuhren durch Felder mit reifem Korn – herrlich anzusehen, dachte Freier, aber sie machten ihn zugleich unruhig. Auf einigen Weizenäckern sahen sie Heuwagen, Maultiere und Gruppen von Arbeitern mit Sensen und Heugabeln, die mit der Ernte begonnen

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