Braeutigame
den Weg, und es gefiel ihm nicht, dass der Angeber auf dieser Maschine durchs Dorf fuhr.
„Großes Geld “, sagte Mischka.
„Hmm. Läuft dafür aber mit rohem Öl. B esser als Benzin oder Diesel. Da brennt nichts, und explodieren kann auch nichts. Billiger ist e s auch und leichter zu bekommen. – Eehhh, Wladimir, mein Freund!“, rief Freier.
Wladi, ein hagerer, blasser Mann von dreißig Jahren, hob die Hand zum Gruß. Er verzog keine Miene.
„Woher kommt die Maschine ?“, rief Freier, um sich im Lärm verständlich zu machen.
„Deutschland“, rief Wladi zurück , ohne aufzuschauen . „Mannheim.“ Er brachte den Ackerschlepper zum Stehen, ließ aber den M otor laufen und starrte auf das Lenkrad.
„So, Mannheim, von Deutschland ist die ga nz gekommen, von so weit her . Und wem gehört die?“
„Dem jungen Giese.“
„In M annheim hat er sie gekauft, sag st du ?“
„Bei Karl Rüb in Anschakrak hat er sie gekauft. Die Bestellung gemacht. Aber gekommen ist die Lanz Bulldog aus Mannheim. Da wird sie gemacht. Rüb verkauft sie nur.“
Hätte Em il Giese ja mal einen Ton sagen können, dachte Freier und musste über seinen alten Schulkameraden schmunzeln. Hatte ihn wohl ausstechen wollen, der Schuft, ihn überraschen mit seiner teuren Bulldog. So eine Maschine tauchte nicht einfach auf. Die musste bestellt und angezahlt, geliefert und durch den Zoll gebracht werden, und jeder w usste, wie sich die rumänischen Grenzler anstellten , wenn es sich um Ware aus Deutschland und Österreich handelte. Jeder hielt die Hand auf, um daran ein paar Lei zu verdienen. In Betrieb nahm sich ein Ackerschlepper auch nicht von selbst, da brauchte es Werkzeug, das richtige Schmieröl, Ersatzteile, Treibstoff. Das dauerte viele Wochen, selbst wenn eine neue Maschine nur aus Odessa kam, und dieser Ackerschlepper, der schwere, teure Lanz, das Beste vom Besten, war ganz aus Deutschland gebracht worden. Den musste Giese schon im Vorjahr gekauft haben, damit er jetzt hier fuhr, wenn nicht noch früher – und kein Ton vom feinen Herrn Primar. Der Fuchs, dachte Freier. Überrumpeln hatte er ihn wollen, das war nicht zu übersehen, und es war dem Schlitzohr auch noch gelungen. Giese würde er sich zur Brust nehmen, heute Abend noch. Die Maschine würde er sich bei der Gelegenheit auch näher ansehen.
„Was sagt er?“, fragte Freier. Wladi nuschelte Mischka etwas zu, so undeutlich, das s Freier es nicht verstand. Ukrainisch er Dialekt , dachte Freier, es ärgerte ihn. Wladi wusste genau, dass er nur russisch, rumänisch und deutsch sprach , sie kannten sich seit Jahren, was musste er da ukrainisch palavern? – Arzt... – was war da los? Mischka hatte schon recht, ein ungehobelter Kerl war dieser Wladi, mit schlechter Kinderstube. Aber was sollte man von so einem erwarten, keine Eltern und verdiente sein Geld von früh bis spät mit Schlachten und Schächten ? Konnte nicht jeder so gut ausfallen wie sein Mischka. Männer wie Wladi wachten eines Morgens in der Hölle auf.
„Na was hat er gewollt?“, fragte Freier noch einmal, ungeduldig. Wladi saß auf der Bulldog, sah ihn an, wandte seine Augen nicht ab. „Ist was mit der neuen Maschine nicht in Ordnung? Gleich wieder kaputt gegangen? “
„Die Frau ist tot “, sagte Mischka.
„G estorben ist eine? Wem seine?“
„Eure, Vadda.“
„ Marga?“ Er nahm seine Pfeife aus dem Mund.
Mischka sah geradeaus auf die Straße und nickte. Freier sah erst ihn an, dann Wladi, der keine Regung zeigte.
„Wlad i sagt e s. Vorgestern schon. Vorgestern ist sie gestorben. Im Kindsbett, sagt er.“
Freier hielt seine Pfeife fest umklammert in der Hand und starrte Wladi an.
„Stimmt das, Wladimir?“, fragte er auf Russisch.
Wladi nickte.
Daniel Freier wischte sich mit der Hand über die Stirn.
„Nu… Meine Marga soll nich t mehr sein?“
„Und ihr habt ein neues Kind, Vadda“, sagte Mischka.
„Sag …“
„Einen Jungen.“
„Sechs Kinder hab e ich nu n...? “
Mischka nickte und rieb sich mit der Hand über die Bartstoppeln.
„Und keine Frau mehr dazu? War es denn schon Zeit?“
Er wusste nicht, wie lange sie auf dem Breiten Weg standen – die unruhigen Pferde wenige Schritte neben dem lauten Motor des Ackerschleppers, die Sonne, die kreischenden Rauchschwalben über ihnen, Wladi und Mischka, die weiter ukrainisch sprachen, ach, sollten die reden, was sie wollten. Freier dachte an die Abfahrt, als er seine Frau zum letzten Mal gesehen hatte, vor vier
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