Braeutigame
hatten. Das rege Treiben war ke in gutes Zeichen, dachte er. War er spät dran mit seinem eigenen Korn? Es war gut, dass er nach Leipzig zurückkam, um nach dem Rechten zu sehen. Frei er sah Mischka an. Ihre Blicke trafen sich. B eide dachten dasselbe.
„ H öchste Zeit wird es“, sagte Freier und schob seine Pfeife vom rechten in den linken Mundwinkel . „Ich kann es nicht ändern, dass wir für jedes Stücklein Land beim Notarius erscheinen müssen.“
Er nahm sich vor, mit Emil Giese zu sprechen. Es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, wenn sie für den Kauf eines kleinen Feldes, das zufällig zu Kulm zählte, eine solche Reis e auf sich nehmen mussten – selbst im August, wenn e s für jeden Mann im Dorf zu tun gab. Die Beamten verstanden nichts von Landwirtschaft, dachte er. Ihr Primar sollte diese Dinge regeln und schriftlich nach Kischinjew weiterleiten dürfen – es würde ihr Leben erleichtern, und niemand hätte einen Schaden davon. Giese musste mit den Rumänen reden. Er würde es ihm sagen, sobald er zurück war.
Gegen zehn am nächsten Morgen erreichten sie die Römerschanze, einen mit Gras und Dornensträuchern bewachsenen Erdwall, der von Ost nach West lief, quer über Felder und Hügel. Hinter dem Wall begann der Budschak, die trockene Steppe. Hier stieß die Landstraße auf die Eisenbahn und verli ef auf den letzten drei Meilen nach Bessarabeska und Leipz ig neben den Gleisen. Ein Zug überholte sie langsam und machte die Pferde unruhig. Auf den flachen Hängern standen Schafe – keine Karakuls, sondern Rhönschafe mit dunklen Köpfen und weißem Flies, junge Tiere, sah Freier, einjährige , sicher teuer . Sie konnten ihr Blöken noch hören, als der Zu g bereits in der Steppe verschwunden war und sie nur noch den blauen, sich auflösenden Rauch der Lokomotive im Himmel sahen.
„Da wären wir“, sagte Freier, als sie a m Nach mittag den runden Wasserturm von Bessarabeska erreichten , auf dessen Dach zwei Jungs törche in ein em Horst saß en.
Mischka, der neben ihm einen Biber schnitzte, brummte gedankenverloren.
„Haben wir es geschafft. So gut wie. “
„Eine lange Reise.“
Am Spitzberg zwischen Bahnhof und Oberdorf kam ihnen Gotthilf Sommerfeld auf seiner Harbi entgegen . Freier kannte ihn flüchtig , man grüßte sich, wenn man sich traf, und redete übers Wetter. Sommerfeld hatte den Wagen hoch mit Heu bel aden und fuhr langsam . Er nickte ihnen flüchtig mit dem Kinn zu. Freier nahm seine Pfeife aus dem Mund.
„Tag , Sommerfeld“, rief er und zügelte die Wallache. „Ist n un höchste Zeit für die Felder geworden, was?“
Sommerfeld sagte nichts und machte auch keine Anstalten anzuhalt en.
„Hat es die Tage hier Regen gehabt, Sommerfeld?“, rief Freier etwas lauter. „Hee, Sommerfeld!!“
Keine Antwort.
„Komischer Kauz“, sagte Freier zu Mischka. „Wie blöd guckt der und kriegt da s Maul nicht auf. Starr t stur geradeaus. A ls ob der irr geworden wär e .“
Mischka zuckte mit den Schultern. „Er hört vielleicht nicht mehr gut .“
„D er wird mich doch wohl gehört haben. Starren kann er ja noch wie ein Esel. Der ist keine vierzig. Wie ein W asserfall redet der sonst, wenn ihm seine Frau nicht in die Quere kommt.“
„ Hmm. Man weiß nie.“
„Komischer Kauz“, wiederholte Freier, mehr zu sich selbst als zu Mischka , und kaute an seiner Pfeife. „Der soll mir noch mal kommen. Grüßt einfach nicht… Wo sind wir denn hier…? – Heiii-ooo!“, rief er. Die Wallache trippelten. Der linke, das schwächere Tier, wusste nicht, mit welchem Huf er zuerst Tritt fassen sollte. Dann fing er sich, und beide zogen an .
„Nun schau dir das an“, sagte Freier, als sie den Breiten Weg im Oberdorf erreichten. „Da vorn... Wo hat er das...“
Zwischen den Akazien kam ihnen Wladi , ein Russe , auf einem Ackerschlepper entgegen. Aus dem Rohr quoll Rauch, die hohen, hellgrünen Metallräder knirschten auf dem sandigen Weg. Die Wallache ließen ihre Ohren spielen und schnaubten unruhig .
„Ich werd nicht mehr“, sagte Freier und schnalzte den Tieren zur Beruhig ung mit der Zunge zu. „Ruhig , ihr… – Das muss der Lanz Bulldog sein, weißt, Mischka? Der m it Glühkopf im Motor. Zweigang. Verstehst du mich?“
Mischka starrte auf den Ackerschlepper und nickte stumm. Er mochte Wladi nicht besonders , den er für einen rohen, missgünstigen Ke rl hielt. Neidete jedem das b isschen, was er hatte, den Russen wie den Deutschen. Er traute Wladi nicht über
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