Braeutigame
Führerschein“, sagt Georg, der vorne neben seinem Sohn sitzt, auf Englisch. „Und die Wagenpapiere.“
Die Polizisten gehen die Dokumente umständlich durch und unterhalten sich leise.
„Nicht gültig“, sagt einer, erst auf Ukrainisch, dann auf Russisch. Er nimmt seine Sonnenbrille nicht ab. „Big problem.“
„Wie – nicht gültig?“, sagt Egbert zu seinem Vater . „Fünfze hn Jahre unfallfrei bin ich gefahren. Was meint er damit – nicht gültig? Ich bin Amerikaner. Amerikaner! “ Er schlägt sich mit der flachen Hand auf die Brust. „Amerikanski! Kapisch?“
Sie lassen sich Egberts Pass geben. „Big problem.“
„Halt mal den Mund“, sagt Georg. Er seufzt und steigt langsam aus dem Wagen. „Bleib hier sitzen“, sagt er zu Eg bert, „Nicht aussteigen, Mund halten . Sag bitte nichts, du großer Amerikaner, du.“
Lilli und Rosina, die hinten sitzen, blicken ihn unsicher an.
„Was ist denn, Herr Freier?“, fragt Rosina. „Gibt es ein Problem?“
„Alles in Ordnung, a lles in Ordnung. Es wird keiner verhaftet. Der normale Lauf der Dinge.“
Georg geht mit den Polizisten einige Schritte vor das Auto. Sie hören ihn schimpfen, auf Russisch, er kann es noch gut. Egbert sieht nervös auf die Rückbank.
„Was sagt er?“, fragt Egbert.
Lilli lacht leise in sich hinein.
„Das möchtest du nicht wissen. Da… – haben Sie gesehen, Rosina?“
„Was?“
„Eben, der Handschlag. Jetzt hat er die Papiere wieder.“
„Zwan zig“, sagt Georg, als er wieder eingestiegen ist und Egbert den Motor startet. „Zwan zig Dollar.“
„Nein!“, sagt Rosina.
„Aber sicher“, sagt Georg. Er kurbelt das Fenster herunter. „Stört Sie der Zug, Frau Lemke?“
„Das Geld gebe ich Ihnen. Das wäre Ihrer Schwester nicht recht.“
Georg winkt ab. „Nu n lassen Sie uns mal zusehen, dass wir vom Fleck kommen.“
„Da vorne sind die anderen“, sagt Lilli. „Sie haben gewartet.“
Rosina wischt sich mit einem Taschentuch Schweiß von Stirn und Schläfen.
Egbert spielt Don’t Slip Away noch einmal von vorne. Er schüttelt den Kopf.
„Es kann nicht mehr weit sein“, sagt Kali.
Alma reicht ihr von hinten einen Zettel. „Hier, nimm das. Ich habe dir den Namen in Kyrillisch aufgeschrieben. Serp-ne-wo-je. O ben das Wort ist Kulm. Das is t das Nachbardorf. Beim Bessarabien-Verein haben sie mir gesag t, das heißt heute Podgornoje. Pod oder Pad, irgendsowas . Das liegt auf dem Hügel. Von da sieht man Leipzig schon. “
„Irge ndwo wird hoffentlich ein Wegweiser sein.“
„ Bestimmt. Minna und ich halten die Augen auf, und Georg und Lilli in den anderen Wagen sicher auch.“
„In die Richtung muss es sein“, sagt Willi Krause. „ Unten im Tal. Ihr Dorf, Frau Lampe.“
„Da ist eine Halle “, sagt Alma. „Aus Beton.“
„Sieht von weitem wie ein Hühnerstall aus. So flach und keine richtigen Fenster.“
„Was?“
„Hühner. Eine Hühnerfarm. Die langen, flachen Gebäude da hinten , ohne Fenster. Das sieht aus wie Hühnerhäuser. Für Eier. “
„Wo sind wir jetzt genau?“, fragt Alma
„Wir… müssten von Sü den oder Südwesten kommen. Diese Hügelchen hier, sind das nicht die, von denen du erzählt hast? Die bei Euch am Dorf waren?“
Alma sieht aus dem Fenster. „Es könnte schon sein“, sagt sie schließlich. „Da stehen Bäume. Es ist schwer zu sagen. Siehst du die Kirche schon, Kali?“
„Nein . Fahren sie mal weiter, Herr Krause. Das vorne sieht aus wie das Ortszentrum. Wo der Pferdewagen hinfährt. E infach hinterher. Runter vom Berg. “
„Das ist nicht der Weg “, sagt Alma. „Bestimmt nicht.“
Krause sieht sie im Rückspiegel an.
„Wir haben uns verfahren, Kali. Krause, halten Sie an. Wir sind falsch. “
„Seh r wohl, Frau Alma – a ber wenn Sie gestatten: Wir kommen jetzt gleich nach Leipzig. Ein paar hundert Meter. “
„Unsinn, Herr Krause, das ist nicht Leipzig. Ich habe in dem Dorf mehr als zwanzig Jahre gewohnt, ich kenne es. Ich habe die Bilder noch im Kopf.“
Krause hält auf dem Seitenstreifen.
„Die anderen halten auch“, sagt Minna. „Hinter uns. Wer hupt denn da so?“
„Theo“, sagt Kali. „Weil wir gleich in Leipzig sind.“
„Lass uns mal gemeinsam auf die Karte sehen“, sagt Alma.
„Nein, nein“, sagt Krause. „Es ist schon richtig. Das ist hier dieses Serpnewoje . Das ist Ihr Ort. Gut, eine Schönheit ist es vielleicht nicht... “
„Herr Krause, reden Sie nicht. Nun fahren Sie noch ein Stückchen
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