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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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spendiert.
    Die Stewardess hat Tob ias und Anna Malzeug und Tüten mit Gummibär ch en gegeben. Tobias fragt Minna, wo das höchste Gebäude der Welt steht.
    „Hamburg“, sagt sie mit geschlossenen Augen .
    „New York“, sagt Georg. „Bei uns in Amerika.“
    „Nee“, sagt Tobias. „Kuala Lumpur.“
    „Hört sich an wie ein Tier“, sagt Minna. „Ein Beuteltier.“
    „Mir ist schlecht“, sagt Tobias nach kurzem Nachdenken.
    „Es riecht irgendwoher nach Eingelegtem“, sagt Kali. „Saure Gurken, Senfgurken oder so was.“
    „Das kommt von hinten“, sagt Lilli. „Die Leute haben sich etwas mitgebracht. Proviant.“ Sie strickt zwei ineinander steckende Strümpfe gleichzeitig und unterhält sich einige Minuten mit ihrem schlichten Neffen Egbert, ohne zu merken , dass er Stöpsel in den Ohren hat. Egbert ist Polizist, Mitte dreißig, unverheiratet, Fitness-Fan. Er trägt im Flugzeug Badeschlappen: blau und grau, mit der argentinischen Flagge auf dem Spann, Streifen und Sonne.
    Lilli hat ihn gefragt, wo er gelernt hat.
    Egbert reagiert nicht und wippt, die Augen auf dem Monitor, mit dem Kopf.
    „Der Junge ist krank“, sagt Lilli leise zu Kali.
    „Der hört Musik, Mutti.“
    „Wo?“
    „Im Ohr. E r h at Stöpsel im Ohr . Von seinem Discman.“
    „So?“ Lilli ist skeptisch.
    „Ich habe auch so einen, Mutti“, sagt Kali. „Hast du doch schon mal gesehen. E in kleiner silberner Kasten, wo man CDs reintut.“
    Lilli räuspert sich und strickt schneller. Sie sieht zur a nderen Seite. Georg schläft in einem hellen Stoffsacko, den Kopf nach hinten gelehnt, mit offenem Mund.
    „Ungarischer Tanz“, sagt Véronique abwesend.
    „Wie?“, fragt Rosina über den Gang.
    „ Brahms . Ein Ungarischer Tanz von Brahms .“
    „Ah.“
    „Kennen Sie das? Die Musik?“
    Rosina schüttelt den Kopf und beginnt in ihrer Handtasche zu wühlen, wo sie jedoch nichts findet.
    „Fun people“, sagt Meg, Reihe fünf, leise zu ihrem Mann, Ernst.
    „Ach schau mal, Kali“, sagt Lilli. „Nun bringen sie was Schönes zu essen.“
    „Ich habe keinen Hunger“, sagt Kali.
    „Geht es, Mutter?“ Theo, Reihe zwei, beugt sich vor und spricht leise.
    „Es muss.“
    „Willst du eine Tablette?“
    „Ich habe schon eine genommen.“
    „Ich hoffe, du hast dir nicht zu viel zugemutet mit dieser Geschichte.“
    Rosina sieht ihn dankbar an, schweigt. Natürlich hat sie, denkt sie.
    „Lass, Theo. Es geht irgendwie.“
    „Sonst musst du es sagen.“
    „Ich habe die Reise schon einmal gemacht, in die entgegengesetzte Richtung. Nicht im komfortablen Flu gzeug. Mit Lastwagen, Schiff und Bahn .“
    „Ich weiß, Mutter. Es waren andere Zeiten.“
    „Ganz anders. Ja.“
    „Mund halten!“, ruft Minna hinten, genervt von Kali und diesen Söhnen aus Amerika. Petrus kläfft einmal in seiner Tasche wie zur Bestätigung .
    Zwei Herren in Schlips und Anzug , Reihe acht, gleich vor Economy, sehen sich an. Das wäre ziemlich gut, denkt einer. Der andere grinst schief und kratzt sich an der Schläfe. Komischer Flug; unverständlich, was vor sich geht. Aber sie mögen nicht fragen. Wen auch?
     
    Sie sind sechzehn und haben insgesamt einundzwanzig Gepäckstücke, den Dackel und einen blauen Klapprollstuhl für Minna. Rosina hat alles gezählt. Sie fühlt sich zuständig, ebenso wie Willi Krause und Theo.
    In Odessa müssen sie drei Stunden am Flughafen wa rten, bis sie alles haben – jedenfalls fast alles, denn eine Reisetasche bleibt verschwunden. Es ist Rosinas, und sie verliert für einen Moment die Fassung, als sie mit Lilli und Kali zusammensteht. „ Ich habe immer gewusst, dass nichts Gutes daraus wird“, zisch t sie, innerlich kochend, wütend. „So eine Spinnerei, hierhin zu fahren. Alles Diebe. “
    „Wir geb en Ihnen von unseren Sachen ab“, sagt Lilli, um sie zu beruhigen. Kali nickt. „ Wahrscheinlich finden sie die Tasche wieder. Und was noch fehlt, kaufen wir.“
    „Hier?“
    „Na ja, natürlich hier. Anzuziehen und Läden werden sie wohl haben. Mit dem Nötigsten.“
    „Nörgeln“, sagt Georg. „Immer nur nörgeln.“
    Rosina ist beleidigt.
    „Egbert“, sagt Georg. „Nimm mal deine Tante. Der Hund jault. Der muss vor die Tür.“ Er zeigt von hinten auf Minna, die im Rollstuhl mit einer Dose Hustenbonbons kämpft.
    „Schieben, Menschenskinder nochmal!“, sagt Georg.
    „Warten Sie“, sagt Rosina und läuft herbei. „Ich nehme sie.“
    „Nein, nicht Sie, Rosina“, sagt Georg. „Lassen Sie den jungen Mann

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