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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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gelernt?“
    „Puh, Sie können Fragen stellen… Nicht dass ich wüsste. Ein Land ist das aber nicht?“
    „Bessarabien? Nein. Das liegt zwischen Dnjestr und Pruth.“
    Ingrid Petersen sieht zu Ines hinüber, die auf ihr en Bildschirm starrt und mit d er Faust vor dem M und hüstelt.
    „Zwischen was ?“
    „Zwischen Dnjestr und Pruth.“
    Ein leises Kichern.
    „Und... was ist das?“
    „Zwei Flüsse sind das – was sage ich, Kindchen: Ströme sind das! Sie haben in Geografie aber doch Lücken, Frau Petersen. Da hätten Sie bei der Erdkunde etwas besser aufpassen müssen, wo Sie doch sogar in ei nem Reisebüro arbeiten. Na, sei e s drum, Sie sind ja eine Frau und auch noch jung.“
    Aus den Augenwinkeln sieht Frau Petersen Ines mit gesenktem Kopf in die Teeküche hasten.
    „Ist alles in Ordnung, Ines?“, ruft sie ihr hinterher.
    „Mmmh“, macht Ines. „... verschluckt...“ Trockenes Husten.
    „Und wo fließen diese Flüsse?“, fragt Frau Petersen. „Diese gewaltigen Ströme?“
    „Hier bei uns natü rlich, in Europa. Im Südosten. N icht eigentlich Balkan, aber doch auch nicht so weit weg davon. Die fließen beide ins Schwarze Meer.“
    „Und da möchten Sie hin?“
    „Bitte. Ja.“
    „Ans Schwarze Meer?“
    „Nein, nein, das nun nicht, überhaupt ni cht. Ich erkläre Ihnen das genau: Es gibt einen Ort, ein Dorf würde man bei uns sagen, da wohnen nicht viele Mensch en, auch wenn die Hauptstraße zwei oder drei Kilometer lang ist. Scherpnowoje oder Serpnewoje oder so ähnlich sagen sie jetzt wohl dazu. Zu meiner Zeit hieß die Siedlung noch Leipzig – so wie Le ipzig in der Zone, in Sachsen. D as werden Sie ja kennen . Oder auch nicht?“
    „Doch. Doch, natürlich...“
    „ Heute heißt es aber anders, eben dieses Serpnewoje, so sprechen die Leute das jetzt aus, sagt mein Sohn Theo. Da sind nun die Russen und Ukrainer . Neue Sichel heißt das auf deutsch. Mit den schönen Namen haben sie es nicht.“
    „Und in welchem Land liegt das ?“
    „In der Ukraine, achtzig oder hundert Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt, aber ganz nah an der Grenze nach Moldau. Die Gleise von unserem alten Bahnhof, Bessarabeska, liegen sogar genau auf der Grenze, sagt Theo. Da haben sie damals – unter Chruschtschow war das – einfach mit Lineal und Bleistift einen Strich durchgezogen auf der Landkarte. Mitten durch unseren Bahnhof, durch die Gleise und das Gebäude und alles. Und nun liegt das eine Ende des Dorfs – das lange Ende, wenn Sie so wollen – in der Ukraine , und das andere liegt in Moldau.“
    „Mmh. Und ausgerechnet da wollen Sie hin .. .“
    „Jawohl, liebe Frau Petersen. Genau da will ich hin.“
    Ingrid Pete rsen spielt mit dem Eher ing an ihrer Hand und denkt kurz nach. „Sind Sie zufällig aus den neuen Bundesländern?“, fragt sie.
    „Sie meinen aus dem Osten – aus Ostdeutschland? Nein. Warum?“
    „Von denen fahren jetzt viele ans Schwarze Meer. Nach Bulgarien vor allem, aber einige auch nach Rumänien. D ie Hotels sind dort sehr billig . Preiswert. Sagten Sie nicht, dass Sie aus Leipzig sind?“
    „Aber ja. Natürlich bin ich aus Leipzig.“
    „Aber nicht aus Leipzig in Sachsen?“
    „Nein, nein, das habe ich Ihnen doch erklärt. Aus Leipzig in Bessarabien stamme ich. Das ist mein Heimatdorf. War es. Aber selbst wenn man seine Heimat verlässt – die Heimat verlässt einen nie. “
    „ Da ist etwas Wahres dran. Und Sie wollen, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, in die Ukraine reisen?“
    „So ist das.“
    „Darf man fragen, was Sie da vorhaben? Urlaub wollen Sie in dem Teil der Welt doch sicher nicht machen?“
    „N ein, so richtig heimelig wird es dort heute nicht sein. Das Paradies haben sie da nicht erfunden. Das war jahrzehntelang von den Kommunisten besetzt.“
    „Sie verreisen dann… wie sagt man…? Gewissermaßen verreisen Sie geschäftlich?“
    „Sagen wir es einmal so: Ich habe dort zu tun. Etwas zu erledigen. In meinem Alter macht man keine Geschäfte mehr, und wenn doch, dann stimmt etwas nicht mit einem .“
    „In die Ukraine gibt es aber nur Linienflüge. D as ist touristisch nicht richtig erschlossen.“
    „Ah so, es gibt also Flüge dahin? Gut. S ehr gut . Es ist ja alles modern geworden inzwischen – ich hatte fast Angst, dass das nicht ginge, weil Theo noch nie von Flugverbindungen von Hamburg in die Ukraine gehört hatte, und Theo und seine Frau reisen viel beruflich, die würden so etwas eigentlich wissen.“
    „Aber… Sie wissen, was

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