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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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es gleich soweit ist, musst du den Fächer nehmen und die Glut anfächern. Heiß muss es heute werde n im Ofen. Richtig heiß, Alma, viel Glut. Sonst reicht da s Wasser nachher nicht .“
    „Wisst Ihr, wo der Komm ist, Oma? Hinte n im Kuhstall, oder wo hat Vater ih n hingetan?“
    „Im Eiskeller wird er sein. Mein lieber Herr Jesus, ist das eine Kälte. Da zerspringen uns noch die Flaschen und Weckgläser im Keller. D ie Vögel werden ihre schwere Not haben , wenn das so weitergeht. Bei der Stelter lag gestern schon was tot im Hof. Ein Sperling oder was. Aber da werden noch die fettesten Krähen vergehen zu Neujahr und hart frieren wie Steine, dass man ihnen die Bei ne abknacksen kann wie dünne Grashalme. W ie ich Kind war – achtzehnachtzig muss das ungefähr gewesen sein oder einundachtzig –, da war in so einem Winter der Kogälnik zugefroren und man konnte drüberreiten mit den Pferden übers Eis nach Kulm , ohne die Brücke zu nehmen. Sogar mit dem schweren Schlitten, so dick war das Eis.“ Sie stapfte durch den Schnee in den Hof. „Rosie!“, rief sie, „komm du mal schön mit und lass eine alte Frau nicht allein in dieses Wetter gehen. Ist der Brunnen etwa schon gefroren…? “
    „Dann können wir zur Weihnacht Schlittschuhe anziehen und übers Eis laufen!“, rief Alma ihr hinterher.
    „Wenn euch dann nur nicht die Hände und die Zehen abfrieren“, brummte Oma Mathilde .
    Alma füllte den großen Suppentopf mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Sie zündete eine Lampe an, ging damit durch den Hof zum Eiskeller und zog die beiden Holzluken hoch, auf denen sich eine dünne Eiskruste gebildet hatte. Mit der Lampe in der Hand stieg sie seitwärts, die Füße zur Sicherheit quer gestellt, die Stufen hinunter. Es kam ihr dort unten angenehm warm vor , obwohl es kaum über zwei oder drei Grad sein konnte. Sie fand den Komm im hinteren, dunkelsten Teil des Kellers, wo er an einem rostigen Eisennagel neben dem Kartoffelverschlag hing. Sie nahm den Trog vorsichtig herunt er, ohne auf Knollen und Kerpsen zu treten, zog ihn die Kellertreppe hoch und durch den Schnee im Hof, wo er eine breite Spur hinte rließ.
    Minna stand im Schnee, ein Glas Milch in der Hand, unschlüssig.
    „Komm, Schwester“, sagte Alma, „zieh dir Handschuhe an, und dann komm mit, und wir gehen den Samowar aus der Stube holen. Wenn die Leute kommen, wollen sie bei der Kälte als erstes warmen T ee haben.“
    „Wladi tri nkt keinen Tee“, sagte Minna. „Der ist w ahrscheinlich der einzige Russe, der keinen mag.“
    „Aber die anderen alle. Wladi kriegt einen Schnaps, wenn er w ill, Vater hat sicher nichts dagegen. Sonst lässt sich draußen nicht arbeiten. Und wenn wir d en Samowar hier haben, holen wir Mutters großen Fleischwolf aus der Werkzeugkammer.“
     
    Als sie die kobaltblau lackierte Wurstm aschine auf dem Tisch in der Sommerküche fest ge schraubt hatt en und die Handkurbel einsetzten, kamen die ersten Frauen in den Hof: Elwira Dressner und Walburga Giese mit ihren Töchtern Gretel und Edith. Sie hatten M ützen übergezogen und Schals und Tücher um Hals und Kinn gebunden. Gretel , die ältere, trug Ohrenschützer aus grauem Kaninchenfell.
    „Ist das Ding sperrig !“, sagte Minna gereizt . Sie versuchte, die große Kurbel zu drehen. „Irgendwo… hakt es noch. Siehst du, wo?“
    „Lass mich es mal versuchen…“, sagte Alma. „Hier – die Flügels chraube muss raus . Die musst du aufdrehen, sonst ist dieser… Stift hier im Weg. Dieser Nagel. Versuch es mal... nun geht es, ja. Wir gieße n besser noch Öl aufs Gewinde, sonst werden uns die Arme nachher müde. Im vergangenen Jahr taten mir tagelang die Ellenbogen und Hände weh .“
    „J etzt läuft e s “, sagte Minna . „ Da gehen jetzt auch die Schwarten und die Sehnen und das ganz harte Zeug durch. Knochen könnte st du damit mahlen.“
    „ Morgen, Alma! Morgen, Wilhelminchen !“, rief Frau Giese und klopfte unterm Schardach den Schnee von ihren Schuhen. „Ein guter Tag zum Schlachten, nein? Was meint ihr? Kalt und klar, so wie wir es mögen. Herrlich.“
    „Ein bisschen zu kalt“, sagte Minna.
    „Ach… ein bisschen arbeiten, und du spürst es gleich nicht mehr. M usst dich bloß bewegen. Hier schau, ich habe unsere guten Messer mitgebracht. Man weiß nie, wie viel es wird – beim Schlachten kann man nicht genug Messer im Haus haben, stimmt das nicht? Wo ist euer Vater ? Noch nicht hier?“
    „Doch, Tag, Walburga!“, rief Freier. „Elwira –

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