Braeutigame
als er die Bauchhöhle mit einem Messer öffnete, bl ieben auf den Rippen hängen und fielen schließlich, noch warm, in den Schnee. Wladi versetzte Rosie einen Tritt, die am tropfenden Kopf der Sau schnüffelte und leckte.
„Heh, Wladi!“, polterte Mischka, der das schmutzige Wasser aus dem Brühtrog ab goss und den Tritt bemerkt hatt e. Er rief Wladi russische Schimpfworte zu, die niemand verstand. Wladi sah ihn an, ließ den Stummel seiner Zigarette in den Schnee fallen und trat mit dem Stiefel absatz drauf.
„L ass mal “, sagte Freier zu Mischka . „ Streitet nicht. Wladi, schütte die Där me in eine Wanne und mach sie nachher sauber, am Nachmittag, dass wir die für die Würste haben… Die Mädchen drehen alles durch den Wolf und machen morgen die Wurst. Meine Alma und Minna und die Kulmer Hedwig.“
Wladi nickte. Er nahm die Axt, holte mit beiden Armen aus und schlug den Schädel des Tieres krachend en tzwei. E r drehte sich noch einmal zu Mischka um , sagte aber nichts. Mit den Fingern pul te Wladi Rosamunds Augen aus d en Höhlen und warf die weißen, blutigen Kugeln in einen Melkeimer aus Blech.
„Die sind meine “, sagte er zu Freier, der hinter ihm stand und rauchte. Wladi hängte den Eimer an einem Haken unters Schardach, damit Rosie und die Katzen ihn nicht erreichen konnten.
Freier zuckte mit den Schultern. Was ein komischer Kauz, dachte er – aber das dachte er in jedem Jahr. Sollte er die Augen haben… Was konnte man sonst mit denen tun? Wie besudelt Wladi da stand mit seiner blutigen Weste… und im Gesicht sah er aus, als würde er sich den Bartwuchs mit dem Küchenmesser rasieren. Seine Haut war weiß – die Hände, die Arme, die Wangen, selbst im Sommer bekam der keine Farbe, obwohl er aus dem Süden s ein sollte, vom Don, wo sonst alle dunkel ausgefallen waren. Und obwohl er dünn war und hager im Gesicht, konnte er essen wie z wei dicke Männer zusammen – mehr als Gustav Schilling schaffte er, das kannte er vom Vorjahr. Irma Schilling sagte, dass Wladi einen Bandwurm im Leib haben müsste. E s ginge nicht mit rechten Dingen zu , soviel wie er aß und dabei dürr blieb wie ein Binsenstängel.
Eine Gehirn hälfte löste sich aus dem offenen Schädel und fiel in einem blutigen Klumpen in den Schnee. Der gelbe Sehnerv, zwei Fingerglieder lang, zeigte nach oben.
In einer Dachkammer in einem der Häuser am Bahnhof sollte Wladi wohnen, dachte Freier, ganz für sich, nur er allein, eine Frau hatte er nicht, die ihm den Haushalt machte, und seine Marga, als sie noch lebt e, hatte ihm erzählt, dass er Karten spielte und noch andere Sünden im Register haben sollte, mit Schnaps und Frauenzimmern. Alle paar Monate verschwand er, im Sommer, wenn nicht geschlachtet wurde, aber es viel zu tun gab – in die Stadt würde er fahren, hieß es. Er wusste nicht, ob es stimmte, die Leute redeten viel.
Wladi schnitt mit einem Messer das Fleisch am Hals ringsher um bis zu den Wirbeln ein. Er hockte sich hin und hackte mit dem Beil vorsichtig die K no chen durch.
Eine s musste man ihm lassen, dachte Freier: Schla chten konnte er, auch wenn er wortkarg war u nd derb . Das verstand er besser als alle anderen. Er erledigte das Töten stumm. Aber wenn man ihn bei der Arbeit beobachtete, sah man gleich, dass er wusste, wie es ging, egal, ob es ein Schwein war, das vor ihm hing, oder ein Rinderleib. Wie er den schweren Ochsen die Haut vom Rücken zog – es war schön anzusehen, so sauber ging es vonstatten, und die roten , nackten Muskeln glänz ten. Wladi war ein Könner. Das Geld, das er nahm, war er wert, und er sollte am Abend, wenn alles getan war, ruhig eine Gans mitnehmen oder einen halben Schinken. Musste jeder sehen, wo er abblieb mit den Gaben, die er hatte. Der eine war ein Musikus, der andere ein Mann der Tat.
„Kann ich helfen, Herr Freier?“, fragte Heinrich Kraft. Freier drehte sich zu ihm um.
„Ach, Tag auch, Heinrich. Mit dir hat nun keiner bei uns gerechnet… – aber schön, dass du gekommen bist.“
„Ich helf e gern. Sonst gibt e s gerade nicht viel zu tun bei uns . Mit dem Schlitten den Weg rauf und wieder runter, wegen der Tiere. Aber sonst…“
„Und dein Vater – was macht d er heute?“
„Nicht viel. Schlachten tun wir auch, aber wohl erst in der Woche vor Weihnachte n und auch nur sechs Gänse dieses Jahr. Schweine haben wir nicht. Haben wir nie gehabt.“
„Mag er nicht, der Vater ?“
„Nein. Mein Vater hat e s mit Karakuls und Ziegen. Wir haben
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