Braeutigame
und allem Drum und Dran. Hier, lies es.“ Er reichte ihr den Zettel.
Alma las die Überschrift: „Befreiung vom rumänischen Joch“ . Sie sah Georg an.
„Warum denn Befreiung ?“, fragte sie. „Befreiung von was?“
„Eben“, sagte Georg.
„Haben das die Deutschen gemacht?“
„Muss ja, wenn denen ihr Hakenk reuz drauf ist. Lies mal weiter bis unten.“
„Von welchem Joch denn?“
„Die meinen die Rumänen.“
Alma sah ihn an. „Wieso den Rumänen? Wir sind auch Rumänen. Wir haben doch unsere Papiere.“
„Aber wir sind auch deutsch“, sagte Georg. „Hast du dir bei Lobgott irgendwann mal eine Zeitung genommen und gelesen?“
Alma schüttelte den Kopf. „Da h abe ich keine Zeit für. Ich habe hier alle Hände voll zu tun, und bei Lobgott singe ich. “
„Solltest du besser mal tun. Es geschieht viel, draußen in der Welt. In Anschakrak die Junge n – und die ganzen Lehrer – die reden von nichts anderem. Das Reich, das Reich, das Reich. Das Deutsche Reich, meinen s ie. Nicht die Rumänen.“
„W as ist mit dem Reich?“
Georg zuckte mit den Schultern und warf sich mit beiden Händen Badewasser ins Gesicht und auf die Haare.
„Die fühlen sich für alles zuständig. Die ganze Welt.“
„Ein Blödsinn“, sagte Alma. „Wer sich das wieder ausgedacht hat…“
„Frag in der Stunde mal Lobgott. Oder Gieses Töchter, Gretel und die andere.“
„Ich geh e heute nicht in die Stunde. Ich hab e hier zu tun.“
„ Mir ist es doch egal, was du weißt und was nicht“, sagte Georg und ließ sich bis zum Kinn ins Wasser sinken.
„Ach, lass mich in Ruhe“, sagte Alma. Sie drehte sich um und sah ihren Vater in der Sommerküche stehen . Daniel Freier schnitt sich eine Scheibe Brot ab , die er in Stücke riss und sich in den Mund steckte.
„Bist du immer noch hier, Fräulein!?“, fragte er bedrohlich , kauend .
„Nein! “ Sie lief mit klatschenden Füßen ins Altenteil.
„Du musst endlich einmal lernen, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden“, rief Freier ihr hinterher. „Ungezogenes Mädchen, du – ich will dich hier bis zum Mittag nicht mehr sehen, hast du mich gehört…!?“
Georg li eß den Zettel auf den Boden gleit en und schloss die Augen.
Alma und Minna schaufelten das Stroh vor dem Hof mit Mistgabeln auf einen Handkarre n und zerharkten die Spur . Hedwig, die ihren freien Tag hatte, hatte sich bereits zu Fuß auf den Weg zu ihrer Familie nach Kulm gemacht und konnte nicht helfen. Es war Alma recht so: Hedwig hatte einen langsamen Kopf und ein schnelles Mundwerk.
„Das waren bestimmt die Jungen vom Pleskow “, sagte Minna fröhlich. „Die sind immer forsch und machen nur solche frechen Sachen.“
Alma warf eine Gabel Stroh auf den Karren, nahm die kurze Deichsel auf und zog ihn einige Schritte weiter. „Mir egal“, sagte sie.
„Egal?“, ri ef Minna. „E s ist doch nicht egal, was die Burschen sagen.“
„Die wollen mich nur ärgern. Die machen sich einen Spaß, und ich darf es ausbaden. Du hättest Vater mal hören sollen hinten. “
„War ja nicht zu überhören. Aber es ist doch auch schön.“
„Ist es nicht. Was soll daran schön sein?“
„Dass sie meine… dass du und Heinrich…“
„Dass wir was?“
„Dass ihr… vielleicht ein schönes Paar abgebt.“
„Und wenn e s so wäre – das geht die Burschen überhaupt nichts an.“
„Sei doch nicht bockig.“
„Du hast nicht mit Vater ins Kontor gehen gemusst.“
„Ach der . Der meint das nie so, wie er e s sagt.“
„Dafür hat er sich ziemlich ernst angehört.“
„Der ist bestimmt stolz. So innendrin. Im Herzen.“
„Du spinnst richtig, Minna.“
„Wirst du sehen. Nach der Stunde hat er es schon wieder vergessen. Müssen wir noch weit machen?“
Alma richtete sich auf und sah den Breiten Weg hinunter. „Bis vorne, wo der Leischner-Hof anfängt. Das müsste reichen.“
„Puh“, rief Minna. „Das ist noch ein Stück.“
„Wir können eh nicht zur Stunde, hat er gesagt. D ürfen wir nicht.“
Hinter sich hörten die beiden Mädchen die Schellen eines Pferdewagens und drehten sich um. Gotthilf Sommerfeld fuhr mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Zwillingen , einem Jungen und einem Mädchen, zum Ring.
„Nu n sag t mal , schöne Damen“, rief er lustig. „Sonntag früh, und ihr schuftet auf der offenen Straße!? Sollen wir den Sabbat nicht heilig halten? “ Er grinste.
„E s geht heute nicht anders“, rief Minna zurück.
„Ja, ja“, sagte
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