Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
du musst doch durstig sein.« Er sah sie an.
    »Nein, bin ich aber nicht.«
    »Aber ich.« Der Earl nahm ihren Arm. Jane hatte plötzlich Angst. Die beiden bahnten sich ihren Weg durch das Gedränge.
    Vor ihnen öffnete sich eine Gasse. Die übrigen Theatergäste gafften und tuschelten. »Schau mal, schau nur. Das ist er: Dragmore!« – »Der Herr der Finsternis. Und wer ist das Mädchen?« – »Westons Enkelin … Illegitim.« – »Er hat seine Frau auf dem Gewissen.«
    Der Earl ging kerzengerade und erhobenen Hauptes durch die Menge. Sein Gesicht war zu einer ausdruckslosen Maske erstarrt. Jane kämpfte mit den Tränen. Was für grausame Leute. Sie konnte London nicht leiden. Sie konnte diese Leute nicht ausstehen. Sie wollte nur noch eines: nach Hause.
    »Ich habe die beiden heute schon im Park gesehen«, sagte eine laute Stimme. »Er hat sie geküsst. Wirklich. In aller Öffentlichkeit.«
    Jane blieb empört stehen. Dann sah sie, dass es sich bei dem Menschen, der dies von sich gab, um den Reiter handelte, der nachmittags neben ihr angehalten hatte, als sie vom Pferd gefallen war. Der Mann wandte sich rasch ab. Der Earl zog sie weiter. »Lass sie doch reden«, sagte er, aber sein Gesicht hatte sich dunkel verfärbt.
    »Was für schreckliche Leute. Komm, gehen wir nach Hause.«
    »Nein, die Vorstellung ist noch nicht vorbei.« Er blieb vor der Theke mit den Erfrischungen stehen. Der Mann, der in der Schlange direkt vor ihm stand, wandte den Kopf ein wenig nach hinten. Es war Lindley.
    Jane war ganz sicher, dass er seinen alten Freund mitfühlend anschaute.
    Die beiden Männer sahen sich an und nickten dann steif. Lindley trat einen Schritt zur Seite, blieb aber stehen, um Jane die Hand zu küssen. »Hallo, Jane«, sagte er leise.
    Sie ersuchte ihn mit den Augen flehentlich darum, dem Earl nicht mehr böse zu sein. »Hallo.«
    »Jonathan«, sagte eine weinerliche Frauenstimme.
    Auf Lindleys Gesicht erschien der Anflug eines Lächelns, dann drehte er sich um und ging davon. Als Jane sich umwandte, stand der Earl hinter ihr und reichte ihr eine Limonade. Sein Gesicht war immer noch dunkel verfärbt, und er trank einen Brandy.
    »Bitte, lass uns gehen
    »Nein«, sagte er, und sie begaben sich in die Loge zurück.

Kapitel 21
     
    Die Theatervorstellung war längst vorbei. Der Earl von Raversford hielt sich inzwischen im Haus seiner Schwester auf, der Gräfin von Braddock. Die beiden lieferten sich dort im Salon ein kleines Wortgefecht.
    »Hast du denn völlig den Verstand verloren?«, rief die blonde Gräfin.
    »Nein, ganz und gar nicht«, entgegnete Lindley ruhig. »Wo liegt denn das Problem?«
    »Und das in allerletzter Minute. Die Party ist doch schon morgen Abend.«
    »Du bist ein Snob«, sagte er frech.
    Sie stöhnte gequält auf.
    »Lade ihn doch einfach ein«, sagte Lindley. »Du brauchst nichts weiter zu tun, als Shelton eine Einladung zu schicken. Lass ihm einfach ausrichten, dass du gerade erst von seiner Ankunft in London erfahren hast. Er ist doch wirklich erst seit heute hier.«
    »Aber warum ausgerechnet ich?«, rief sie. »Hast du etwa nicht gesehen, was heute Abend los war? Alle haben ihn geschnitten. Jon …«
    »Hast du denn kein Herz?«, fragte Lindley. »Er hat hier nicht einen Freund.«
    »Und du hast zu viel Herz. Wenn man bedenkt, was er dir angetan hat. Ausgerechnet dir – seinem einzigen Freund. Wie kannst du nach alledem auch nur einen Funken Sympathie für ihn empfinden?«
    »Komm, du musst nur den Mut aufbringen, ihn einzuladen.«
    »Aber das wird eine Katastrophe.«
    »Er ist eine starke Persönlichkeit. Er kommt schon zurecht. Und irgendwann hört auch das dumme Gerede auf …«
    Er redete sanft und eindringlich auf sie ein. »Bitte, Mary. Bitte lade Dragmore ein. Du darfst aber auf gar keinen Fall erwähnen, dass ich etwas damit zu tun habe, sonst kommt er nämlich erst gar nicht.«
    Sie gab sich geschlagen. »Na gut, dann lade ich ihn also ein. Trotzdem bist du ein Dummkopf. Ich habe doch gar nicht genügend Einfluss, um ihn in der Londoner Gesellschaft durchzusetzen. Dazu fehlt es mir an der nötigen Macht.«
    »Keine Sorge, das mache ich schon«, sagte Lindley, »ich habe dazu die nötige Macht.« Dann verfinsterte sich seine Miene, und er fing an zu schimpfen: »Aber verdammt noch mal, Shelton, du hättest mir fast die Nase gebrochen.«
     
    Der Earl war sofort im Bilde. Ihm war augenblicklich klar, dass Lindley hinter der Einladung steckte. Wollte der Mann damit etwa Abbitte

Weitere Kostenlose Bücher