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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
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zuwider wären wir mir«, rief Jane aufgebracht, »warum fährst du dann nicht öfter nach London?«
    »Ach, die sind es nicht mal wert, dass man ihnen Hassgefühle entgegenbringt.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Sie standen sich gegenüber und sahen sich wütend an. Schließlich sagte der Earl: »Was du glaubst, kümmert mich ohnehin nicht.«
    »Aber warum nicht?«, fragte Jane verzweifelt. Sie berührte seinen Arm. »Ich kenne dich doch. Du bist ein sehr anständiger und guter Mensch. Was sind das nur für grauenhafte Leute hier!«
    Der Earl zuckte zusammen. Dann schob sich eine Maske vor sein Gesicht, hinter der seine Gefühle vollständig verschwanden.
    »Komm jetzt.« Er wies mit dem Kopf auf das Gedränge in dem Raum nebenan.
    »Bitte, lass uns nach Hause fahren – nach Dragmore.«
    Sie sahen sich an. »Nein«, sagte er schließlich. Er war kurz aus dem Konzept geraten, weil sie Dragmore als Zuhause bezeichnet hatte. »Wir bleiben. Ich bin nämlich auf der Suche nach einem passenden Mann für dich, Jane.«
    Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Ich will aber keinen Mann.«
    »Jede Frau will einen Mann.«
    Jane wollte gerade widersprechen, als sie hinter sich eine Frau sagen hörte: »Skandalös, einfach skandalös!«
    Der Earl machte Anstalten, sie wegzuführen.
    Doch sie blieb wütend stehen.
    Sie drehte sich um. Ein paar Schritte entfernt stand die Herzogin von Lancaster.
    Die Frau würdigte sie keines Blickes und redete weiter auf ein halbes Dutzend Männer und Frauen ein, von denen sie umringt war. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Während der ganzen Vorstellung hat er sie nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen.«
    »Unglaublich.«
    Dann erhob sich zustimmendes Gemurmel.
    »Schließlich ist sie sein Mündel, die Cousine seiner Frau«, sagte die Herzogin maliziös und warf den beiden einen bösen Blick zu. »Wie charakterlos.«
    Der Earl sah die Herzogin an, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sein Gesicht war zur Maske erstarrt, nur seine Wangen hatten sich dunkel verfärbt. Dann stellte sich Jane mit ihrem zerbrechlichen kleinen Körper schützend vor ihn. »Wenn jemand hier charakterlos ist, dann Ihr«, zischte Jane. »Böse und charakterlos! Die ganze Gesellschaft hier!« Sie fasste den Earl bei der Hand. »Komm, lass uns gehen!«
    »Bleibt uns wohl keine andere Wahl«, sagte er. Dann machte er vor der Herzogin eine knappe Verbeugung und sah sie dabei mit einem höhnischen Grinsen an. »Gute Nacht, Mylady. War mir ein aufrichtiges Vergnügen.«
     

Kapitel 22
     
    Der Earl war betrunken.
    Er saß lang auf dem Sofa, die Beine weit von sich gestreckt. Egal.
    Mein Gott, was Jane da angerichtet hatte! Nach diesem Auftritt konnten sie sich in der Gesellschaft nirgends mehr blicken lassen. Und die Suche nach einem Ehemann hatte sich erledigt. Umso besser, dachte er wütend.
    Offenbar war er betrunkener, als er bisher angenommen hatte.
    Jane, ein blauäugiger Engel in silbernem Chiffon. »Ich kenne dich doch«, hatte sie gerufen. »Du bist ein sehr anständiger und guter Mensch.«
    »Anständig und gut?«
    Fast hätte er laut losgebrüllt, doch dann blieb ihm das Lachen im Hals stecken.
    Der Abend stand ihm noch lebhaft vor Augen. All diese vergoldete, parfümierte Eleganz und Pracht. Die bösartigen Bemerkungen seiner Standesgenossen klangen ihm noch in den Ohren: Während der ganzen Vorstellung hat er sie nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen … wie charakterlos … Herr der Finsternis … Er hat seine Frau umgebracht … sogar die Hand des Mädchens soll er gehalten haben … charakterlos …
    Mein Gott! Wie satt er es hatte, immer den Bösen, den Sündenbock zu spielen – ja, bis obenhin satt, verdammt noch mal. Wann hört das endlich auf?, dachte er. Wann?
    »Oh Gott!«, schrie er. »Es wird nie aufhören, niemals weil es wahr ist!«
    Er sprang auf, dachte an Jane, ihre unschuldige Schönheit und sein verdorbenes Verlangen nach ihr. Obwohl er wusste, dass es falsch war, verzehrte er sich nach ihr – diesem jungen, frischen, unschuldigen Mädchen, das ihn auch noch verteidigte. Er nahm die Karaffe und leerte sie auf einen Zug.
    Und als er das Sofa schließlich wieder gefunden hatte, vergrub er das Gesicht in den Händen. Obwohl seine Schultern bebten, weinte er nicht.
     
    Jane konnte nicht schlafen.
    Er war ganz allein unten im Haus.
    Sie stand an der Fensterbank und blickte in die sternklare Nacht hinaus. Sie trug das Haar offen und hatte lediglich ein leichtes Negligee angezogen, das

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