Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Spielplan verschwand. Diese Regelung hatte sich offensichtlich bewährt. Das bezeugte auch die außerordentliche Popularität, deren sich das Stück erfreute, in dem Jane zu sehen war: James Alberys Komödie Pink Dominoes.
    Jane hatte sich ein Tuch um die Schultern gelegt und saß in Roberts Kutsche. Die Abende waren noch frisch, obwohl es bereits Mitte Juni war. Jane war sehr müde von ihrem Auftritt, und Robert war wie stets sehr verständnisvoll und saß schweigend neben ihr. Sie drückte ihm spontan die Hand, und er erwiderte den Druck. Jane hatte keine Ahnung, wie sie ohne Robert zurechtgekommen wäre.
    Natürlich hätte sie irgendwie überlebt – auch ohne ihn. Aber wie hätte sie das Leben ohne ihn nur ertragen sollen, nachdem sie damals den Earl von Dragmore verlassen hatte?
    Das lag jetzt fast zwei Jahre zurück. Robert war zu der Zeit noch am Lyceum Theatre tätig gewesen, deshalb hatte Jane ihn sofort gefunden. Ihre Welt war damals zwar bereits erschüttert, aber noch intakt gewesen. Denn zu dem Zeitpunkt hatte sie noch fest daran geglaubt, dass der Earl sie zurückholen würde. Nicht etwa aus Liebe, nein: aus Pflichtbewusstsein. Tief in ihrem Herzen hatte sie damals noch gehofft, dass er sie nicht einfach so würde gehen lassen, dass er begreifen würde, wie sehr er sie liebte und dass er ohne sie nicht leben konnte.
    Und dann war ihre Welt wie ein Kristallgefäß in tausend Scherben gebrochen. Denn er war nicht gekommen.
    Robert hatte diese Scherben wieder eingesammelt: Stück für Stück. Jane blieb bei ihm – mit gebrochenem Herzen, am Boden zerstört. Er überredete sie, ihn ins Theater zu begleiten, und nach einigen Monaten schwerer Depressionen war in Jane schließlich die alte Liebe zur Bühne wiedererwacht. Irgendwann konnte sie sogar wieder lächeln, und die Tränenausbrüche waren seltener geworden.
    Ach, wenn sie ihn doch nur hassen könnte! Doch sie wusste nur zu gut: Völlig ausgeschlossen.
    Jane lebte in einem kleinen Stadthaus in der Gloucester Street. Anfangs hatte sie bei Robert gewohnt, doch schon bald war den beiden dieses Arrangement etwas heikel erschienen. Das stuckverzierte kleine dreistöckige Häuschen aus gelben Backsteinen lag in einem bescheidenen, aber sehr angenehmen Viertel, dessen Straßen von Ulmen gesäumt wurden. Hinter dem Haus bei den Stallungen und dem Kutscherhaus gab es sogar einen kleinen Hof mit Margeriten und Wicken und einer Schaukel. Jane hatte die Schaukel von einem Bühnenarbeiter in einem hellen Rosaton anmalen lassen.
    »Robert, ich bin heute Abend sehr müde«, sagte Jane in der Hoffnung, dass er nicht mehr hereinkommen würde.
    »Verstehe. Ich schaue morgen früh mal vorbei.« Er sah sie an.
    Zum Abschied drückte er ihr einen etwas zu langen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht.« Sie bedankte sich mit jenem bezaubernden Lächeln, für das sie inzwischen berühmt war. Dann stieg sie aus der Kutsche und ging mit eiligen Schritten durch das schmiedeeiserne Tor zum Haus hinauf.
    Dort wurde sie bereits von Molly erwartet. »Guten Abend, Mylady, noch mehr Blumen?« Auf dem Gesicht des Mädchens erschien ein keckes Grinsen. »Wie war der Abend?«
    Jane sah sie lächelnd an. »Gut. Hier, kannst du die mal bitte nehmen?«
    Molly lachte und nahm das riesige Rosenbouquet mit beiden Armen entgegen. »Im Backofen gibt es noch warmes Roastbeef, Mylady.«
    »Vielleicht später«, sagte Jane und sah Molly nach, die mit den Blumen durch eine Tür entschwand. Sie lächelte. An dem weit zurückliegenden Abend, als sie damals Nicholas verlassen hatte, war sie spontan auf die Idee gekommen, Molly zu fragen, ob sie nicht mit ihr kommen wolle. Molly hatte sofort eingewilligt. Schließlich war das Mädchen bis dahin noch nie weiter als Lessing gekommen. Die Vorstellung, in London zu leben, war für sie deshalb außerordentlich reizvoll gewesen.
    Jane ging rasch nach oben, streifte ihre hochhackigen Schuhe ab und öffnete leise eine Zimmertür. Der Rau in hinter der Tür lag in weichem Dämmerlicht. In dem Zimmer stand ein kleines Bett, dessen Kopfbrett rosa, blau und weiß angemalt war. Blaue und gelbe Clowns mit rosa Bändern schmückten die Tapete. Am Boden lagen ein paar Puppen, und von der Mitte des Zimmers her grinste Jane ein neues schwarz-weißes Schaukelpferd entgegen. Sie trat leise an das Gitterbett und betrachtete ihre Tochter Nicole.
    Jane stand lächelnd neben dem Bett, zutiefst gerührt über den Anblick ihres kleinen Mädchens. Dieses Kind bedeutete ihr

Weitere Kostenlose Bücher