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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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Hase. Ich blättere in der Jubiläumsschrift. Auf einer der letzten Seiten sind die Förderer der Gesellschaft aufgelistet: Unter anderen das Badische Tagblatt, die Volksbank, ein Hotel sowie eine stattliche Anzahl von Privatpersonen. Professor Norbert Hunckel, Uli und Jutta Schnellmann, Doktor Jens-Friedrich und Elisabeth Bornhaus, Elisabeth Gerlach und andere.
    Hinterher knarren die Stufen. Nichts da, von leisen Pfoten. Mümmelmann tritt auf, schwer atmend und triefnass. Die lange Gartentreppe hält fit. Er entschuldigt seine 20-minütige Verspätung und erspart mir somit, ihm meine eigene zu beichten.
    »Guten Tag, Herr Feller. Warten Sie schon lange?«, fragt er, wohl aus Verlegenheit.
    Ich kann ihn beruhigen. »Kein Problem, Herr Hase. Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen. Frau Zauner war so freundlich, mir in der Zwischenzeit das Museum zu öffnen.«
    »Sehr gut. Setzen wir uns ins Büro«, sagt er und hoppelt voraus. »Die Stühle im Museum sollten verschont werden.«
    »Selbstverständlich.«
    »Wie geht es Herrn Auf der Maur?«, erkundigt er sich.
    »Gut. Er lässt Sie grüßen«, behaupte ich. »Leider ist es ihm momentan nicht möglich, selbst herzureisen. Er ist mit Abschlussprüfungen an der Musikschule beschäftigt. Ich soll in seinem Namen ein paar Dinge klären. Es hat sich nämlich Sonderbares ereignet, über das ich mich gerne mit ihnen unterhalten würde.«
    »Sie haben bereits in Ihrem Mail so was angetönt und mich neugierig gemacht. Worum handelt es sich?«
    »Nun. Ihre Brahmsgesellschaft ist meines Wissens bereits im Besitz von diversen Autografen«, beginne ich.
    »Stimmt. Wir bewahren beispielsweise das sogenannte Frankfurter Vorspielbüchlein von Clara Schumann auf. Allerdings nicht hier im Museum. Zu riskant. Das Büchlein liegt in einem Banktresor. Es enthält handschriftliche Bemerkungen zu ihren Musikschülern und belegt ihre Unterrichtspraxis. Weiter sind wir stolz darauf, das Manuskript des Streichquintetts Nr. 1 in F-Dur Opus 88 von Johannes Brahms unser eigen zu nennen.«
    »Die Gesellschaft scheint bei Kasse zu sein«, stelle ich fest.
    Herr Hase lacht. »Das täuscht gewaltig. Das Streichquartett beispielsweise haben wir geschenkt bekommen. Von Frau Elisabeth Furtwängler, der Witwe des großen Dirigenten.«
    »Aha. Vergibt die Gesellschaft nicht alljährlich ein Stipendium?«
    »Seit 1989 kennen wir die Vergabe eines Förderpreises für die herausragende Interpretation eines Werks von Brahms. Zudem stellen wir Musikern, Komponisten und Musikwissenschaftlern das Studio im Erdgeschoss des Hauses als Arbeits- und Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. Das wird sehr geschätzt. Unser Studio gilt als das best besuchteste Hotel Baden-Badens«, fügt Hase an und lacht, dass seine Löffel wackeln. »Wenn Sie sich für das Stipendienwesen interessieren, Herr Feller, dann kann ich Ihnen verraten, dass eigentlich nur die Brahmsgesellschaft Schleswig-Holstein einen wirklich namhaften Beitrag leistet. Sie vergibt alljährlich den mit 10.000 Euro dotierten Brahmspreis an Künstler wie Leonard Bernstein, Dietrich Fischer-Dieskau oder Simone Young.«
    »Also an all diejenigen, die es am nötigsten haben«, spotte ich. Noch eine Brahmsgesellschaft mehr? Wie kommt es, dass ich bisher nichts von ihr gehört habe? Spielt auch sie im Wettrennen um die Thuner Manuskripte eine Rolle?
    »Wo befindet sie sich genau?«
    »In Heide. Sie hütet dort ebenfalls ein sogenanntes Brahmshaus. Ein Witz. Das einzige authentische Brahmshaus ist das unsere. Das Geburtshaus in Hamburg wurde während des letzten Weltkriegs zerstört. Sein Wohn- und Sterbehaus in Wien wurde abgerissen. Die Brahmswohnungen in der Schweiz und in Ischl existieren ebenfalls nicht mehr.«
    Die altertümliche Türglocke schellt erneut. Die Geschäftsführerin öffnet dem ungebetenen Besuch. Nur bruchweise verfolge ich ihr Gespräch, während Langohr weiter mümmelt.
    »Nein, tut mir leid. Heute geschlossen«, wehrt Frau Zauner ab. »Kommen Sie morgen wieder …«
    Eine weibliche Stimme mit Schweizer Akzent fleht: »Es war so umständlich bis hierher. Diese verflixte Allee zieht sich unglaublich. Bitte lassen Sie mich doch einen kleinen Augenblick hinein.«
    Frau Zauner bleibt hart. »Das geht leider nicht. Kommen Sie morgen«, wiederholt sie ungehalten.
    Die Schweizerin resigniert: »Ja also. Können Sie mir wenigstens sagen, welcher Bus zur Stadtmitte führt?«
    Das interessierte mich auch. Leider entgeht mir die entsprechende

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