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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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Gesichter ringsum.
    Nachdem in Oberhofen der leere Schuber und im Hotelzimmer die ebenso leere Mappe gefunden wurden, besteht kein Zweifel darüber, dass die Manuskripte verschwunden bleiben.
    Enttäuscht lässt sich Auf der Maur in einen Polstersessel sinken. »Ach du Schande!« Er pendelt sein Haupt hin und her, wie ein Wackeldackel auf der Hutablage eines klapprigen Ford Fiestas. »Was tun wir jetzt?«
      Zu meiner kolossalen Verwunderung hat sich Frau Bornhaus wieder unter die Gäste gemischt, als wäre sie nie weg gewesen. Wie lange ist sie schon da? Wo war sie in der Zwischenzeit? Ab der Konzertpause hat sie gefehlt, das ist gewiss.
    Jedenfalls steht sie jetzt leibhaftig vor dem flackernden Cheminéefeuer. Verlegen nestelt sie in ihrer großen Umhängetasche und redet aufgeregt auf ihren Ehemann ein. Er blickt nervös um sich. Offensichtlich versucht er, sie zu beschwichtigen.
    Ich ziehe Jüre zur Seite und flüstere ihm etwas ins Ohr.
    Er macht ungläubige Augen und fragt nach. »Ist das nicht verfrüht? Bist du dir da sicher? Sollten wir nicht auf die Polizei warten?«
    Seine Einwände lasse ich nicht gelten. »Jüre. Solange wir uns aufeinander verlassen können, haben wir eine Chance. Wir müssen unserer Intuition vertrauen, nicht unseren Institutionen. Jetzt ist Angriff angesagt.« Ich dränge darauf, dass er sich von links dem Ehepaar Bornhaus nähert. Meinerseits pirsche ich mich von rechts an die beiden heran. Entweder haben sie ihre Meinungsverschiedenheit beendet oder uns durchschaut. Sie unterbrechen ihr Gespräch abrupt.
    Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Ich setzte alles auf eine Karte. Laut und deutlich verkünde ich zur Verwunderung der Umstehenden die Lösung des Rätsels um das Verschwinden der Thuner-Sonate an. Das hält sogar Ellen von einem vorzeitigen Aufbruch ab.
    »Verehrte Gäste, liebe Freunde, Herr Auf der Maur. Ich weiß, dass ich Sie an einem denkwürdigen Abend mit Ungewöhnlichem belaste. Ich spüre aber auch, dass uns alle dieselben Gedankengänge plagen. Wer hat Bernhard Bachmann getötet? Wo befinden sich die Brahmsschriften? Auf die zweite Frage kann ich eine Antwort präsentieren. Darum bitte ich Sie in den nächsten Minuten um Ihre volle Aufmerksamkeit. Ebenso sehr möchte ich Sie ersuchen, während dieser Zeit den Raum nicht zu verlassen. Verwehren Sie das Verlassen notfalls auch andern. Ich muss Ihnen nämlich mitteilen, dass sich der Notenräuber unter uns befindet.«
    Es wird gemurmelt. Auf der Maur überlegt laut und deutlich vernehmbar: »Was ist mit Wójcik? Warum wurde er abgeführt? Hat die Polizei den Falschen erwischt?«
    »Sie haben recht, Herr Auf der Maur. Weil der Pole nicht unter uns weilt, entfällt er als Verdächtiger.«
    »Spielen Sie sich nicht als Schmalspur-Poirot auf, Herr Feller«, reklamiert Herr Bornhaus.
    »Sie werden sich wundern, Herr Doktor. Es gibt fast ebenso viele Motive, die Partitur zu stehlen, wie Personen im Raum.«
    Erneut ungläubiges Gemurmel. Nur Jüre nickt mir aufmunternd zu.
    Andreas K. Widmann ergreift das Wort. Gelangweilt meint er: »Eigentlich wollte ich nächstens nach Hause. Ich habe morgen einen anstrengenden Tag vor mir. Wenn ich Sie bitten dürfte, Herr Feller, mit Ihrem Entzauberungstrick, oder was das sonst werden soll, vorwärts zu machen.«
    »Nur Geduld, Herr Widmann. Gerade Sie wissen nur zu gut, dass Geduld Rosen bringt. Brahmsrösi, könnte man auch sagen. Wie sonst müsste ich mir erklären, dass Sie nimmermüde auf den Spuren Ihres Großonkels nach Süden reisen? Waren es nicht die Italienreisen, die Viktor Widmann in seinen erfolgreichsten Büchern beschrieben hat? Sie wissen ganz genau, dass er Brahms in der Absicht begleitet hatte, über die gemeinsamen Reisen zu publizieren. Er zählte auf den Abglanz des Musikgenies. Heute ist davon kaum mehr was übriggeblieben. Darum kämpfen Sie verbissen um seine Rehabilitation. Wie weit würden Sie dabei gehen, Herr Widmann?«
    Noch bevor er darauf reagiert, reklamiert Jasmin Josi: »Was für eine Fantasterei, Herr Feller. Mit so einem Humbug können Sie uns nicht länger festhalten.« Warum legt die sich so für ihren Kollegen ins Zeug?
    Jetzt erst bekräftigt Widmann: »Herr Feller, entweder Sie teilen uns jetzt mit, wen Sie für den Täter oder die Täterin halten und legen Beweise vor, oder Sie strapazieren nicht länger unsere Geduld. Wie gesagt, ich bin auf dem Sprung.«
    »Lieber Herr Feller«, meldet sich Auf der Maur vermittelnd zu Wort. »Ich zweifle nicht an

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