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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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Ihrer Kompetenz als Detektiv. Sonst hätte ich Sie wohl kaum engagiert. Jetzt möchte ich Sie aber bitten, unumwunden den Täter zu nennen, falls Sie uns tatsächlich kundtun können, wer die Noten entwendet hat.«
      »Ich komme gleich darauf, Herr Auf der Maur. Lassen Sie mich zuvor noch unserer Violonistin antworten. Liebe Frau Josi, auch Sie dürfen im erlauchten Kreis der Verdächtigen keinesfalls fehlen. Bleiben Sie bitte noch einen Augenblick da. Wie Sie alle wissen, verehrte Anwesende, hat Frau Josi ihre neue Stelle im Ensemble Vive pro Musica einzig und allein dem Ableben Bernhard Bachmanns zu verdanken. Sie ist reingerutscht wie die Punktierung im dritten Satz. Als Ersatz.«
    Jasmin Josi schnappt nach Luft, als wolle sie reklamieren. Wohlweislich hält sie sich zurück. Ich wende mich an die Violaspielerin.
    »Verehrte Frau Dumoulin. Oder soll ich Sie lieber mit Frau Spies ansprechen? Es würde mich nicht wundern, wenn Ihr lediger Name auf direktem Weg zu Hermine Spies führen würde. Die Altistin wurde damals um die Ehre geprellt, als Muse der Thuner-Sonate gefeiert zu werden. Aber nicht ihr wurde das Werk schließlich gewidmet, sondern dem Dirigenten Hans von Bülow. Zugegeben: Brahms dachte damals pragmatisch und handelte herzlos. Aber berechtigt Sie das, heute Forderungen zu stellen?«
      Bevor ich weiterspreche, interveniert überraschend Eleonore Günther. Pflegt man dafür Freunde, dass sie einem bei der erstbesten Gelegenheit in den Rücken fallen? Wie kommt sie bloß dazu?
    »Hanspeter. So kann ich das nicht stehen lassen. Frau Dumoulin hat bezüglich der Sonate zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Begehren geäußert. Und was die Ehre von Hermine Spies angeht, so ist ihr mit der wunderschönen Bronzefigur am Brahmsquai meiner Meinung nach mehr als nur Genüge getan. Wer steht denn dort? Der nackte Brahms oder die nackte Altistin?«
    Keine valable Alternative, finde ich.
    »Was Frau Josi betrifft, möchte ich festhalten, dass sie nicht einfach nur reingerutscht ist. Ich verfolge ihre künstlerische Entwicklung seit Jahren. Schon länger habe ich beschlossen, sie für Coda zu gewinnen. Hanspeter, ich finde es ja großartig, dass du uns gleich den Täter servieren wirst. Ist es aber notwendig, zuvor alle andern in die Pfanne zu hauen?«
    Ihr Wort wiegt schwer.
    Dennoch korrigiere ich sie. »Täterin. Es handelt sich um eine Täterin.«
    Es befinden sich noch fünf Frauen im Raum. Sie wirken entsetzt. Eleonore Günther, Jasmin Josi, Elisabeth Bornhaus, Jesica Dumoulin, Marianne von Fischer und Marie-Josette Lüthi blicken unsicher um sich. Die Männer dagegen entspannen sich jetzt sichtbar.
    »Vielleicht ist dem einen oder andern aufgefallen, dass sich jemand vorübergehend entfernt hat«, fahre ich fort. »Ich muss annehmen, dass diese Person dummerweise mein Telefongespräch mit Hauptmann Geissbühler mitbekommen hat. Vorsichtshalber hat sie darauf die erstbeste Gelegenheit ergriffen, von hier zu verduften, um die Notenblätter verschwinden zu lassen.«
    »Von wem sprechen Sie, Herr Feller?«, fragt Frau Josi ungeduldig.
    »Nennen Sie endlich den Namen«, fordert auch Frau Dumoulin, die sich inzwischen wieder gefasst hat.
    Der Aufforderung komme ich nach: »Ich spreche von Frau Bornhaus.«
    Allgemeines Tuscheln.
    »Hören Sie mit diesem Blödsinn auf, Herr Feller«, entrüstet sich Doktor Bornhaus. Schützend stellt er sich vor seine Gattin.
    Die macht sich hinter seinem Rücken lautstark bemerkbar: »Was erlauben Sie sich eigentlich, Herr Feller? Sie dilettantischer Kleinstadtschnüffler! Das wird Folgen haben. Ich lasse mich von Ihnen nicht schlecht machen.«
    »Nehmen Sie den Mund nicht zu voll, meine verehrte Musikfreundin. Wozu tragen Sie die ganze Zeit diese große Umhängetasche mit sich herum? Sind solch monströse Behältnisse Mode? Keineswegs. Das beachtliche Fassungsvermögen Ihrer Tasche kommt einem ganz besonderen Inhalt zugute. Zeigen Sie uns allen doch einmal, was Sie darin herumschleppen.«
    »Ich wüsste nicht, wen das was anginge!«, mault die Angesprochene. Sie gibt sich nicht geschlagen.
    Bin ich im Irrtum? Habe ich zu viel gewagt? Es gibt kein Zurück. Ich verfolge meine Taktik und vollende die Anklage. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie die Polizei ebenso höflich darum bitten wird. Jeden Augenblick erwarte ich das Eintreffen von Hauptmann Geissbühler.«
    Das zeigt Wirkung. Frau Bornhaus öffnet den Reißverschluss der Tasche. Ganz langsam. Ihr Mann schaut ihr dabei

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