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Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Titel: Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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hatte.
    » Du wirst ganz schön Augen machen in ein paar Wochen. Ich glaube, das war ihre Antwort.« Sie legte den Kopf zurück, starrte ein paar Sekunden an die Decke, schaute dann wieder zu ihrem Besucher. »Nein, das glaube ich nicht nur, ich weiß es, diese Antwort gab sie mir. Du wirst ganz schön Augen machen in ein paar Wochen. Dabei leuchteten ihre Augen, als warte das Paradies auf Erden auf sie.«
    »Das Paradies auf Erden?«, fragte Braig. »Was könnte das sein?«
    »Ich weiß es nicht. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«
    »Vielleicht der Märchenprinz, der sie ins Paradies führt?«
    »Mag sein«, sagte die junge Frau. »Aber spielt das jetzt überhaupt noch eine Rolle?«
    »Wer weiß«, antwortete Braig. »Vielleicht war er es, der sie ermordet hat.«
    Vanessa Kösel riss ihre Augen weit auf, schnappte laut keuchend nach Luft.

10. Kapitel
    Du wirst ganz schön Augen machen in ein paar Wochen. Was hatte sie damit andeuten, welche Veränderung in ihrem Leben auf diese Weise umschreiben wollen? Wirklich ein neuer Mann, eine neue Beziehung? Lisa Haag und Vanessa Kösel hatten zwar in einer Wohnung zusammengelebt, so wie das unter Studenten üblich war, privat jedoch keine Freundschaft gepflegt, wenn er das richtig verstanden hatte. Somit standen die persönlichen Lebensverhältnisse der Ermordeten nicht gerade im Brennpunkt des Interesses ihrer Mitbewohnerin. Weshalb sollte Vanessa Kösel deshalb Augen machen, wenn Lisa Haag sich mit einem neuen Partner vergnügte?
    Braig wusste nur eine Antwort auf diese Frage, fand nur einen Sachverhalt, der dieser Überlegung gerecht wurde: Vanessa Kösel würde deshalb ganz schön Augen machen, weil es sich bei dem neuen Freund Lisa Haags um eine außergewöhnliche Persönlichkeit handelte. Eine Person, die so bekannt war, dass jeder aufsah, wenn er davon hörte. Ein Prominenter. Vielleicht ein Schauspieler oder sonst eine Person aus dem öffentlichen Leben? Darf ich vorstellen: Mein neuer Freund, der englische Thronfolger Prinz William.
    In der Tat, Vanessa Kösel hätte ganz schön Augen gemacht, hätte ihre Mitbewohnerin ihr diese Botschaft zukommen lassen. War das die Erklärung ihrer Aussage, auch die Ursache für ihren Tod? Vielleicht weil der zukünftige Partner einen Rückzieher gemacht hatte, die junge Frau aber nicht freiwillig auf die Liaison hatte verzichten wollen? Beziehungsprobleme als Ausgangspunkt affektgeladener Kurzschlusshandlungen: Dieses Muster war allen Kriminalisten nur allzu gut bekannt. Statt ihren Konflikt friedlich zu lösen, war er in hitzige Streitereien ausgeartet. Ein Wort hatte das andere ergeben, eine Bemerkung die nächste provoziert. Und irgendwann war die – vielleicht nur zufällig, vielleicht aber absichtlich – mitgeführte Waffe ins Spiel gekommen. Abseits jeder Logik, fern aller Vernunft.
    Hatte es sich so abgespielt, war der Tod Lisa Haags so zu erklären? Oder hatte der Mord nicht mit dem zukünftigen, sondern dem bisherigen Partner der jungen Frau zu tun? Etwa weil Dennis Zeller, ihr bisheriger Freund, sich nicht zugunsten dieses prominenten Superstars hatte abhalftern, einfach so aufs Abstellgleis hatte schieben lassen wollen? Weil er vollkommen enttäuscht, mit dem Leben fertig, in einem wirren Mischmasch von Hass und Aggressionen auf den bislang so innig geliebten Menschen war? Vielleicht hatte er seiner Freundin das neue, unverhoffte Glück einfach nicht gegönnt, war es doch auf seine Kosten zustande gekommen. Oder er war einer von jenen Männern, die mit sich selbst, ihrer vermeintlichen Ehre ohnehin nicht ins Reine kamen und sich bei dem kleinsten Anlass in ein Pulverfass, das nur auf den zündenden Funken wartete, verwandelten.
    Braig musste versuchen, mit dem Mann zu sprechen, so schnell wie möglich. Er hatte nach der Unterhaltung mit Vanessa Kösel die Gelegenheit genutzt, sich Lisa Haags Zimmer anzusehen, einen etwa vier auf fünf Meter großen Raum mit zwei Kleiderschränken, einem mit Aktenordnern, Disketten, einem Notebook und etlichen Büchern voll belegten Regal, dazu Bett, Tisch und Stühlen, alles sorgfältig gepflegt und von auffallender Sauberkeit. Kein Staub, keine durcheinander liegenden Papiere, selbst der Boden schien frisch geputzt. Er wunderte sich über die Ordnung, die die gesamte Einrichtung prägte, dachte an die Zeit seines Studiums an der Polizeiakademie in Villingen-Schwenningen zurück, konnte sich nicht erinnern, auch nur ein einziges Zimmer eines Kommilitonen in diesem

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