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Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel

Titel: Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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und weil bei allen für die Sicherheit des Landes zuständigen Behörden allein schon bei der Erwähnung des Namens Neckarwestheim sämtliche Alarmglocken läuteten, mussten zur Überwachung des Verdächtigen ständig zwei hochrangige Kriminalbeamte zur Verfügung stehen – schon, um im Notfall sofort eingreifen zu können.
    Also düste Herb seit vier Tagen jeweils in Begleitung eines Kollegen mit ständig wechselnden Zivilfahrzeugen, möglichst älteren Modellen, um ja nicht aufzufallen, jeden Morgen kurz vor sieben Uhr nach Reutlingen, um dort die Kollegen vom Nachtdienst abzulösen und die Überwachung des Mannes bis abends gegen 18 Uhr in die Hand zu nehmen. Dass er seinen kleinen, gerade zwei Jahre jungen Sohn Marius und seine Frau Julia seit Dienstag kaum mehr zu Gesicht bekommen hatte – wen juckte das schon? Hauptsache, der Tagesablauf des angeblichen Terroristen wurde akribisch genau dokumentiert, seine Kontaktleute fotografisch festgehalten und die Verfassungsschützer Tag für Tag pünktlich von allen Vorgängen in Kenntnis gesetzt.
    Damit der Kerl auf keinen Fall entwischte, hatte Herb Tag für Tag eine hochkarätige Kollegin oder einen ebensolchen Kollegen zur Seite: Am Mittwoch Kriminalhauptkommissar Jan Ohmstedt, am Tag darauf Kriminalkommissarin Stephanie Riedinger, am Freitag Kriminalhauptkommissar Michael Felsentretter, heute wieder Ohmstedt – es gab ja sonst keinerlei Verbrechen im Land zu verfolgen. Jeden Tag auf einen anderen Begleiter zurückgreifen, hatten die Verfassungsschützer gebeten, damit die Überwachung nicht ins Auge fällt.
    »Und du glaubst wirklich, er hat Felsentretter gestern nicht bemerkt?«, hatte Ohmstedt ihn am frühen Morgen bei ihrer gemeinsamen Tour nach Reutlingen gefragt. »Ein zwei Meter großer, vier Zentner schwerer Orang-Utan von früh bis spät hinter dir her – und dir fällt es nicht auf?«
    »Wir haben uns abgewechselt«, hatte Herb erklärt, »mal er im Auto und ich draußen und umgekehrt. Wie wir es auch praktizieren. Außerdem – so genau mussten wir gar nicht hinschauen, der lief fast genau dieselben Wege wie bei uns am Mittwoch.«
    »Fast genau dieselben Wege?«
    »Ja, bis auf eine Tour. Ich habe die Adressen genau notiert, sie stimmen komplett überein. Was weiß ich, mit wem er sich da ständig trifft. Am Donnerstag übrigens auch. Dieselben Häuser, dieselben Wege. Erst kurz nach 12 Uhr gab es ein anderes Programm. Eine Fahrt mit dem Bus auf die Alb, zwei Freunde dabei, so kam es uns jedenfalls vor. Und sie hatten eine Videokamera und filmten.«
    »Eine Videokamera? Du hast es den Schlapphüten gemeldet?«
    »Klar. Wir sollen genau überprüfen, was die filmen. Fabriken, Energieanlagen, Verkehrswege, militärische Einrichtungen und so. Aber vorerst noch keinen Zugriff auf die Kamera.«
    »Was gibt es auf der Alb für Fabriken oder Militäranlagen?«
    »Keine Ahnung. Für uns sah das eher nach der üblichen Touristentour aus. Die fuhren bis Lichtenstein, liefen zum Schloss, filmten es von unten, mitten aus dem Wald heraus, dann frontal vor dem Eingang – wie Amerikaner oder Japaner, die beinahe ausflippen, wenn sie es sehen. Stephi stapfte hinter ihnen her, behielt sie die ganze Zeit im Auge. Da war nichts von irgendwelchen Fabriken oder Energieanlagen zu sehen, überhaupt nichts.«
    »Vielleicht war es ein Ablenkungsmanöver. Der Kerl ist sich längst bewusst, dass er überwacht wird und wollte euch nur an der Nase herumführen. Einen auf Tourist machen, weil er hofft, dass wir ihn deshalb für harmlos halten und die Überwachung einstellen oder wenigstens nicht mehr so akribisch beibehalten.«
    »Mag sein. Jedenfalls ging das am Donnerstag den ganzen Mittag so weiter. Zwei Stunden später stiegen sie wieder in einen Bus und fuhren nach Marbach, zum Pferdegestüt. Dort latschte ich hinter ihnen her, Stephi blieb im Wagen. Das war eine richtige Berg- und Waldwanderung. Die filmten Pferde, die Stallungen, überhaupt das ganze Tal, da gab es wunderschöne Ausblicke, zum Beispiel auf Schloss Grafeneck. Einmal waren sie wirklich kurz vorm Ausflippen, als ein Zug unten vorbeifuhr, eine Museumsbahn aus alten, türkis-weiß gestrichenen Schienenbussen. Ulmer Spatz – ich konnte es deutlich lesen. Die hielten minutenlang drauf, filmten ihn vom einen Ende des Tals bis zum anderen, bis nur noch sein weit entferntes Brummen zu hören war. Und dann, am Abend, fuhren sie wieder zurück nach Reutlingen. Das war’s. Ein Ausflug ins Grüne.«
    »Dann hattet ihr

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