Braig & Neundorf 11: Schwaben-Engel
dafür getan zu haben, diesen Schritt vorzubereiten. Lisa Haag aber wollte nicht mehr, auf keinen Fall.«
»Na ja, das mag sein. Aber dass er sie erschießt und dann auch noch Caroline Klenk vom Turm stürzt? Du gehst doch davon aus, dass es sich auch bei ihr um denselben Täter handelt?«
»Die fremden Faserspuren an der Turmbrüstung und an ihrer Kleidung, die dadurch zustande kamen, dass der Mörder sie mit Gewalt vom Turm stieß, haben Rössle und Rauleder auch in Meisners BMW entdeckt. Auf dem Fahrersitz.«
»Du hältst es für möglich, Zeller stößt – aus welchem Grund auch immer, vielleicht weil sie ihn als Mörder Lisa Haags verdächtigt – Caroline Klenk vom Turm und lässt Meisners Auto dann in der Nähe seines Elternhauses stehen?«
»Vielleicht hatte er keine Zeit mehr, es wegzufahren und rechnete außerdem damit, dass wir ihn genau aus diesem Grund nicht verdächtigen. Kein Täter ist so dumm, das Tatfahrzeug vor der eigenen Haustür zu parken.«
»Dann muss es sich bei ihm aber um einen eiskalten Killer handeln. Hältst du ihn wirklich für so abgebrüht?«
Braig hatte nicht lange nachdenken müssen, um Neundorfs Frage zu verneinen. Dennis Zeller, ein eiskalter Killer? Nein, so sehr er nach einer positiven Antwort suchte, das hatte er in dem jungen Mann nicht gesehen. Nicht einmal in Ansätzen. Frustriert hatte er den Kopf geschüttelt.
»Warum gehst du nicht von der Tatsache aus, die mir viel naheliegender scheint?«, hatte Neundorf nachgebohrt.
»Welche Tatsache soll das sein?«
»Dass wir Meisners Auto in der Nähe von Zellers Wohnung fanden, war Absicht. Da wollte jemand den Verdacht bewusst auf Zeller lenken.«
»Und wer, bitte?«
»Derjenige, der außer Meisner auch Lisa Haag und Caroline Klenk ermordete.«
»Jetzt musst du mir nur noch verraten, wer das war.«
Neundorf hatte von ihrem Kaffee getrunken, sich den Mund abgewischt, dann ihren Kollegen fixiert. »Manuel Riederich.«
»Der?«
»Ich habe mir den ganzen Tag überlegt, wieso der Kerl nichts davon gemerkt haben soll, dass ihm seine Frau vor lauter Wut über seine ständigen Seitensprünge nachspioniert hat und kurz vor der Explosion steht. Ehepartner bemerken das nicht, wenn der andere ihn regelrecht überwacht? Sie nehmen nicht wahr, dass der andere so verzweifelt ist, dass er sich in den Wahn hineinsteigert, den anderen über den Haufen zu fahren? Das gibt es doch nicht! Sich so voneinander zu entfremden, das ist ein monatelanger Prozess, das geht doch nicht von heute auf morgen! Nein, Riederich wusste genau, wie es um seine Frau steht, wie sehr es sie schmerzt, was er ihr mit all seinen Affären mit immer neuen Engeln antut. Er wusste es genau und trieb es auf die Spitze, lief Hand in Hand mit seiner Geliebten in die Buchhandlung in Backnang und anschließend über die Straße, um seiner Frau endlich Gelegenheit zu geben, loszuschlagen. Warum wurde nur Herr Haigis, aber weder er noch seine Begleiterin, verletzt? Weil er vorbereitet war und genau um die Gefahr wusste, die ihm drohte. Deshalb gelang es beiden, gerade noch rechtzeitig auf den Gehweg zu springen. Nur sein Helfer, der in letzter Sekunde eingriff, wurde zum Opfer – er hatte es unvorbereitet getan, war nicht gewarnt, wie die eigentlichen Ziele des Anschlags.« Neundorf hatte ihren Wortfluss einen Moment unterbrochen, um Braig Zeit zu geben, ihre Argumente nachzuvollziehen. Sie merkte, wie es in ihm arbeitete, fuhr langsam fort. »Und dann werden nicht etwa die Kollegen der Verkehrspolizei mit der Untersuchung der Sache beauftragt, sondern wir. Das LKA. Ist das normal? Menschenskind, wenn wir jeden Unfall untersuchen müssten, der sich hier im Ländle ereignet, wie viele Leute brauchten wir dann?«
»Und weshalb haben sie uns gerufen?«, fragte Braig.
»Ich habe lange darüber nachgedacht. Jetzt ist mir der Grund klar. Nicht die Kollegen veranlassten das von sich aus – wie hätten sie auch so schnell darauf kommen sollen, extra das LKA zu verständigen? Es war ein Unfall, vielleicht ein Attentat, deshalb ruft man doch nicht gleich nach uns! Nein, Riederich rieb den Beamten seine Bedeutung als Wirtschaftsbonze, als einer der unantastbaren Herrgötter dieses Landes dermaßen eindringlich unter die Nase, bis die begriffen, dass da keine Normalsterblichen ran dürfen, sondern eine Spezialbehandlung notwendig ist. Dann verlangten sie endlich nach uns.«
»Hast du mit den betroffenen Kollegen gesprochen?«
»Noch nicht, aber du weißt doch selbst, wie
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