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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sein?«
    Braig sah, wie der Mann zu ihm her schaute, ihm dann direkt in die Augen blickte, musste zugeben, dass die Argumentation nachvollziehbar war. Eine Toilette aufzusuchen, in der viele Menschen bereits zugange waren, nein, das war kein besonders angenehmes Erlebnis. Dem auszuweichen, indem man ein höheres Stockwerk aufsuchte, ja, das schien logisch. »Gut«, sagte er deshalb, »ich verstehe, weshalb Sie die Toilette in Ebene vier aufsuchten. Wie kamen Sie hoch? Per Fahrstuhl?«
    »Nein, ich benutzte die Treppe. Zu Aufzügen, na, sagen wir mal, wenn es nicht sein muss … Ich habe jedenfalls kein allzu großes Vertrauen in sie.«
    »Über die Treppe also. Und Sie sahen niemand die Ebene vier verlassen oder dort laufen?«
    »Nein, damit kann ich nicht dienen. Das hätte ich Ihnen sofort mitgeteilt.«
    »Kein Mensch, nirgends?«
    »Nein, wirklich. Das heißt … später, als ich aus der Toilette herausrannte, als ich den Toten gefunden hatte, da kam die Dame die Treppe hoch, die vom Management der Liederhalle, eine Frau Kirsch. Sie war die Erste, der ich von meinem Fund erzählte.«
    »Darüber bin ich informiert, danke. Frau Kirsch sah Sie völlig irritiert aus der Toilette kommen und weglaufen, ja. Sie hat uns informiert. Was mich aber noch interessiert, ist die genaue Beschreibung dessen, wie Sie den Toten in der Kabine vorfanden.«
    »Wie ich ihn vorfand?«
    »Genau.«
    »Na, er lag über der Schüssel und … Ich stand davor und da lag er eben …«
    »Und dann?«
    »Und dann? Was soll ich sagen? Ich weiß es selbst nicht mehr genau. Ich denke, ich rannte sofort aus dem Raum und holte Hilfe.«
    »Sie haben nichts angerührt?«
    »An …« Enssle verstummte mitten im Wort, unfähig, den ungeheuerlich anmutenden Gedanken Braigs auszusprechen. »Sie fragen, ob ich den Toten … Um Gottes Willen, wie kommen Sie auf die Idee? Glauben Sie, ich habe nichts Besseres zu tun als …«Er schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Ich glaube überhaupt nichts«, erwiderte Braig. »Ich will nur wissen, ob Sie den Mann genau in der Lage vorfanden wie wir später auch: Über der Kloschüssel liegend?«
    »Ja, natürlich. Ich wollte in die Kabine und da …«
    »Da …?«
    »… lag der Mann. Oder hing, wie soll ich es ausdrücken? Mein Gott, ich schaute gar nicht lange hin, das war so grauenvoll … Wie eine schlaffe Puppe. Sein Leib quer über der Schüssel, der Kopf samt Haaren und Armen links davon hinunterhängend und die Beine … Grauenvoll. Ich kann nicht mehr sagen. Einfach grauenvoll. Ich habe das Bild die ganze Zeit vor Augen, kann seither an überhaupt nichts anderes mehr denken. Mein Gott, wer hat das getan?«

4. Kapitel
    Zehn Minuten nach Sechs, der erste Dämmer des jungen Tages war gerade dabei, die Nacht zu verdrängen, hatte Kriminalhauptkommissarin Neundorf als federführende Ermittlerin die Aktion beendet. Jetzt noch länger zu warten, das wusste sie aus Erfahrung, hatte keinen Sinn. Gegen sechs Uhr in der Frühe setzte der Berufsverkehr in voller Stärke ein, machte Geschehnisse wie dieses, das sie für die vergangene Nacht wieder erwartet hatten, fast unmöglich, erschwerte zumindest die Bedingungen für einen erfolgreichen Ausgang in wohl kaum akzeptablem Maß.
    Frustriert und nicht gerade in bester Laune hatte sie das Protokoll mit der Liste aller die Nacht über eingesetzten, in Wartestellung verharrenden Beamten und der genauen Lokalität der betreuten Objekte unterschrieben, hatte die Übersicht noch einmal überprüft und sich in die Überlegung vertieft, welche Konsequenzen die gerade beendete Aktion erforderte. Noch einmal dasselbe aufwändige Programm? Erneut so viele zur Überwachung eingeteilte Beamte? Nur mit Mühe war es ihr gelungen, sich zu konzen­trieren und sich noch einmal alles durch den Kopf gehen zu lassen.
    Seit mehr als sechs Monaten schon währte jetzt die Serie nächtlicher Überfälle auf Tankstellen im Herzen des Ländles, ausgeführt nach immer demselben Muster, von mehreren Überwachungskameras inzwischen bis ins Detail dokumentiert. Alle paar Nächte, meist im Abstand von sechs bis zehn Tagen, einmal auch unmittelbar hintereinander, tauchten irgendwann zwischen Mitternacht und vier Uhr in der Frühe zwei vermummte, mit dunklen Jacken, Jeans und dünnen, mit Sehschlitzen versehenen Wollmützen bekleidete Männer im Verkaufsraum einer Tankstelle auf, zwangen den anwesenden Verkäufer mit vorgehaltener Pistole, die Kasse zu öffnen und räumten diese dann innerhalb weniger

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