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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Ann-Katrin Räuber erklärt, verschmitzt lächelnd auf ihren Bauch deutend.
    Bruder, mei Bruder, letscht Nacht do han i träumt,
    a Wese kam zu mir, s’ hat’s gut mit mir gmoint …
    Biggi Binder, die Leadsängerin der Band, hatte Braigs Lieblingssong wieder einmal mit besonders einfühlsamer Stimme vorgetragen, ihn den Stress und die Mühsal seines Berufes vergessen lassen.
    Nur einen Tag später dann das beeindruckende Orgelkonzert seines Kollegen Dr. Kai Dolde in der voll besetzten Backnanger Stiftskirche, das der promovierte Kriminaltechniker dem 200. Geburtstag des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy gewidmet hatte. In der Begleitung seiner Kollegin Katrin Neundorf und deren Partner Thomas Weiss waren Braig und Ann-Katrin Räuber in das von vielfältigen Klangfärben getragene Werk des Romantikers abgetaucht. Doldes musikalische Virtuosität hatte sich in besonderem Maß bei seiner abschließenden Triosonate in C-Dur von Johann Sebastian Bach gezeigt, ein, wie er selbst betont hatte, hochkomplexes Stück, das er auf seiner heiß geliebten Stiftskirchen-Orgel mit viel Ehrgeiz zum Besten gegeben hatte. Zu Braigs und seiner Partnerin großer Zufriedenheit war auch ihr Besuch beim Gynäkologen am folgenden Morgen ohne negative Überraschungen ausgefallen.
     
    Er starrte auf den breiten Rücken des Mannes vor sich, überlegte, ob es sich wohl um einen eilig herbeigerufenen oder zufällig im Haus anwesenden Arzt handele, der jetzt noch auf die Ankunft des Gerichtsmediziners wartete, räusperte sich daher laut. »Guten Morgen«, versuchte er seine Anwesenheit deutlich zu machen, »ich komme vom Landeskriminalamt. Darf ich wissen …«
    Er trat einen Schritt zurück, weil sich die beleibte Gestalt vor ihm etwas ungelenk zur Seite drehte, wich der blaugrauen Wolke, die der Mann von sich stieß, mit einer schnellen Kopfbewegung aus.
    »Landeskriminalamt, da schau her. Auch schon ausgeschlafen, auf Steuerzahlerkosten, wia?«, erklärte sein Gegenüber mit kräftigem Bass, die qualmende Zigarette von den Lippen nehmend. »Hams dort alle so a lahmarschiges Timing?« Er zeigte ins Innere der Kabine, maulte in einem leicht bayrisch gefärbten Akzent etwas von »unerquicklicher Dislokation«, gab eine weitere blaugraue Rauchwolke von sich, reichte dem Kommissar die Hand.
    Braig schob den Kopf zurück, um dem Nikotinnebel auszuweichen, spürte den laschen Händedruck des Mannes. Es fühlte sich eher wie die versehentliche Berührung eines glitschigen, auf einem Marktstand zum Verkauf angebotenen Fisches an. Er sah die feucht glänzenden, üppig gegelten Haare seines Gegenüber, begriff im gleichen Moment, wen er vor sich hatte. Söderhofer, der neue Staatsanwalt! Er hatte ihn erst ein- oder zweimal von Weitem gesehen, noch nie direkt mit ihm zu tun gehabt, um so ausführlicher jedoch von ihm gehört. Wahre Horrorstorys, die über den Mann im Umlauf waren. Kochs, des Oberstaatsanwalts eifrigster Speichellecker, sein ungeniertester Zuträger, von unglaublichem Ehrgeiz getrieben, Tag und Nacht im Einsatz, jede von ihm betreute Untersuchung akribisch verfolgend. Was davon wahr war, wirklich persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen entsprang, konnte Braig allerdings nicht beurteilen. Mehrfach schon waren ähnlich skeptische Gerüchte im Umfeld neuer Staatsanwälte aufgetaucht, die jeweilige Person als einzigartigen Albtraum disqualifizierend, hatten sich dann aber nach wenigen Wochen gemeinsamer Ermittlungen schnell als weitgehend unberechtigte pauschale Verdächtigungen entpuppt.
    Er dachte an den Dienstantritt von Thekla Kliss vor etwas mehr als einem Jahr zurück, einer jungen Staatsanwältin, mit der er inzwischen schon einige Male zu tun gehabt hatte. Noch bevor er zum ersten Mal mit ihr in Kontakt gekommen war, hatte ihn die Gerüchteküche aufs Ausführlichste mit angeblichen Informationen über sie versorgt gehabt. Von der Unfähigkeit in Person über Alibifrau der staatsanwaltlichen Männermafia bis zur Schlampe, die sich durch die richtigen Betten hochgeschlafen hat, waren unzählige Varianten übelster Nachrede über sie im Umlauf gewesen. Braig hatte im Umgang mit der Juristin von Anfang an versucht, möglichst sachlich zu bleiben, hatte die Kontakte mit ihr nie als unangenehm empfunden. Mochte die Staatsanwältin ihre Tücken haben – wer hatte die nicht? – besser als mit Koch, dem personifizierten Ekel zusammenarbeiten zu müssen, war es allemal.
    Wird schon nicht so schlimm werden mit Söderhofer, hoffte

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