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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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andere Tankstelle.«
    Neundorf lachte laut, fuhr sich mit der Rechten über ihre Haare. »Sie sind gut. Was wollen Sie denn immer mit einer anderen Tankstelle? Ich sagte Ihnen doch, wir haben Videoaufzeichnungen von verschiedenen Kameras. Darauf sind erst Sie zu sehen, wie Sie den Laden betreten, sich umschauen, dann die Creme und die Salbe aus dem Regal nehmen und die Artikel bezahlen. Und dann, Sie haben den Raum gerade verlassen, der Überfall. Nur wenige Sekunden später.«
    Nathalie Binninger schnappte nach Luft, warf ihren Kopf zurück. »Das ist unmöglich.«
    Neundorf verstand nicht, weshalb sich ihr Gegenüber so halsstarrig verhielt. »Was soll unmöglich sein?«
    »Dass die Tankstelle, in der ich die Salbe und die Creme holte, überfallen wurde. Gleich, nachdem ich den Verkaufsraum verlassen hatte.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Sie müssen die Täter doch gesehen haben. Die stürmten den Verkaufsraum wenige Sekunden, nachdem Sie rausgegangen waren. Warum haben Sie sich nicht bei uns gemeldet?«
    Die Antwort lag auf der Hand, sie wusste es selbst. Nathalie Binninger scheute sich, mit diesen Verletzungen im Gesicht ins Licht der Öffentlichkeit zu treten. Sie schämte sich und hatte Angst vor der Reaktion der Leute. Und sie fürchtete sich davor, zur Polizei zu gehen und ihre Beobachtungen zu schildern, weil sie ahnte, dass die Beamten erfahren genug waren, zu begreifen, dass die Verletzungen von ihrem eigenen Mann stammten, einem brutalen Schläger, der für sein Verhalten unbedingt zur Rechenschaft gezogen werden musste. Sie lebte in ständiger Angst vor dem Kerl, weil er ihr drohte, sie sofort wieder zu schlagen, wenn sie zu irgendwem darüber sprechen würde. Weil er es schon oft getan hatte und ohnehin fast regelmäßig alle paar Wochen ausrastete – vielleicht im Suff oder wenn sie nur ein Wort zu viel mit einem anderen Mann gewechselt hatte. Wahrscheinlich steckte er allein dahinter, dass sie ihre Beobachtungen für sich behielt. Weil er ihr verboten hatte, zur Polizei zu gehen, damit die ja ihre Verletzungen nicht entdeckte. Ich sollte aufstehen und den Kerl in Grund und Boden schlagen, überlegte Neundorf. Bis er selbst so entstellt aussieht wie seine Frau. Sie konzentrierte sich wieder auf ihr Gegenüber, sah den ängstlichen Blick Nathalie Binningers. »Wie viele Männer haben Sie gesehen?«, fragte sie.
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich kann es nur wiederholen: Ich habe niemand gesehen. Sie täuschen sich. Wenn es wirklich dieselbe Tankstelle war, muss es später passiert sein, mindestens zehn, zwölf Minuten.«
    Was hat die für eine Angst, in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden und anderen ihre Verletzungen zu offenbaren. Offen zu legen, wie sie von ihrem eigenen Mann behandelt wird. Ich sollte wirklich aufstehen und den Dreckskerl verprügeln. Neundorf zwang sich, ruhig zu bleiben, legte eines der Fotos der Überwachungskameras vor sich auf den Tisch, schob es der Frau zu. »Hier, erkennen Sie sich?«
    Nathalie Binninger warf einen Blick auf das Bild, zuckte mit der Schulter. »Na, und?«
    »Der Zeitpunkt der Aufnahme ist aufgedruckt, unten rechts. Das macht die Kamera automatisch. Sehen Sie – 6.47 Uhr, Sie greifen nach der Creme. Und hier«, sie schob ein weiteres Foto hinterher, »6.51 Uhr und 12 Sekunden – Sie verlassen den Laden. Der Überfall erfolgte um 6.52 Uhr und 8 Sekunden. In diesem Moment zerstörten die Täter die beiden Kameras. 56 Sekunden, nachdem Sie den Verkaufsraum verlassen hatten. Und Sie haben wirklich niemanden gesehen? Im Laden selbst oder draußen, in dem Moment, als Sie ihn verließen?« Sie musterte das Gesicht ihrer Gesprächspartnerin, sah das heftige Kopfschütteln der Frau.
    »Sie können das noch hundertmal wiederholen«, beharrte Nathalie Binninger, »das kann nicht sein. Da war niemand im Laden, außer dem Mann an der Kasse, und es kam auch niemand, als ich ging.« Sie schob sich von einer Seite der Sessellehne zur anderen, betrachtete die beiden Fotos auf dem Tisch. »Verstehen Sie doch endlich, das kann nicht sein.«
    Neundorf spürte Wut in sich, musste sich in Zaum halten, nicht loszuschreien. »Ich weiß nicht, ob Sie die Nachrichten verfolgt haben«, sagte sie, »aber das war nicht der erste Überfall auf eine Tankstelle in letzter Zeit hier in unserer Region, sondern der achtundzwanzigste. Innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr achtundzwanzig Überfälle. Wir haben deutliche Hinweise darauf, dass es sich um dieselben Täter

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