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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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handelt. Ziemlich brutale Typen, die sofort zuschlagen oder auch schießen, sobald sich ihnen jemand in den Weg stellt. Uns geht es nicht um das Geld, das sie erbeuten oder jedenfalls nicht in erster Linie. Uns geht es um den Schock und die Angst ihrer Opfer. Achtundzwanzig Überfälle, das sind achtundzwanzig Opfer. Achtundzwanzig Menschen, die manchmal wochen- oder sogar monatelang nicht mehr ruhig schlafen können, sich nicht mehr aus dem Haus trauen geschweige denn ihren Arbeitsplatz aufzusuchen wagen. Die haben Angst, sobald sie morgens aufwachen, können nicht mehr richtig essen, haben jede Lebensfreude verloren. Deswegen waren wir so froh, Sie zu finden, weil wir auf den Filmen der Überwachungskameras festgestellt haben, dass Sie den Laden erst unmittelbar vor dem Überfall verließen. Jede Beobachtung, die Sie in diesem Moment gemacht haben, jede Person, die Ihnen dabei auffiel, ist für uns wichtig, sehr wichtig sogar. Damit wir die Überfallserie beenden können, verstehen Sie?« Sie ließ ihr Gegenüber nicht aus den Augen, musterte sie mit eindringlichem Blick. »Uns geht es nicht um das Geld, das die Täter erbeuten, lassen Sie mich das noch einmal wiederholen, es geht um die Opfer, die oft bleibende psychische Schäden erleiden. Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen, bitte.«
    Über 28.000 Euro hatten die Täter beim neuesten Überfall in die Hände bekommen, hatte sie gestern am Nachmittag von einem Beauftragten des Konzerns, der den Tankstellenshop betrieb, erfahren, weit mehr als bei den vorherigen Verbrechen. Wegen einer Reifenpanne hatte der Kurier der mit der Bargeldverwahrung beauftragten Sicherheitsfirma am Montag die übers Wochenende erzielten Einnahmen nicht abholen können, er hätte deshalb am Dienstagmorgen vorfahren sollen. Weil es sich um die ersten Tage des Monats handelte – die meisten Leute hatten ihre Löhne ausgezahlt bekommen – waren zudem sehr hohe Umsätze erzielt worden, häufiger als in den späteren Tagen des Monats war deshalb auch bar und nicht mit Karte bezahlt worden. Eine satte Beute also, weit mehr als die Täter bisher erzielen konnten.
    »Ich kann Ihnen nicht helfen«, erklärte Nathalie Binninger, »wirklich nicht.«
    Was war mit der Frau? Wirklich nur die Furcht vor der Bloßstellung als Opfer des eigenen Ehemannes? Oder lagen die Gründe tiefer, als Neundorf vermutete, gab es weiterreichende Ursachen, die ihr im Moment nicht ersichtlich waren?
    Hatte sie etwa, schoss es ihr in den Sinn, hatte Nathalie Binninger die Täter vielleicht gesehen und war von ihnen bedroht worden? Bedroht, den Mund zu halten oder mit den schlimmsten Konsequenzen rechnen zu müssen?
    Sie schnappte nach Luft, als sie die Folgen dieser Überlegung erkannte, erhob sich abrupt von dem Sofa. »Sie haben die Männer gesehen, als Sie den Laden verließen, richtig?«, sagte sie, das Gesicht ihres Gegenüber im Visier. »Aber die haben gedroht, Sie umzubringen, wenn Sie uns gegenüber auch nur ein Wort verlieren. So ist es, ja?«
    Nathalie Binninger reagierte anders, als sie es erwartet hatte. Sie hielt ihren Blick nicht länger auf die Fotos gerichtet, schaute ihr stattdessen geradewegs in die Augen. Ihr Körper straffte sich, sie trat hinter dem Sessel vor, stellte sich aufrecht daneben. »Ich fürchte, ich muss Sie bitter enttäuschen, aber mich hat niemand bedroht. Da kamen keine Männer, da kam überhaupt niemand. Jedenfalls in der Zeit, in der ich in meinem Auto direkt vor dem Eingang des Ladens saß. Ich weiß nicht, wie lange das war. Ob fünf oder zehn oder zwölf Minuten. Aber es waren mehrere Minuten. Mindestens fünf, wahrscheinlich eher mehr. Ich kam aus dem Tankstellenshop, ging langsam zu meinem Auto, blieb eine Weile davor stehen, öffnete dann die Tür, setzte mich. Und dann hockte ich noch fünf oder zehn oder was weiß ich wie viele Minuten da und rührte mich nicht von der Stelle. Und in all der Zeit kam niemand, nicht eine Seele, das weiß ich genau, sonst wäre ich doch losgefahren und hätte Platz gemacht. Das ist alles, mehr kann ich nicht sagen, aber es entspricht der Wahrheit. Irgendetwas von dem, was Sie erzählen, stimmt nicht. Tut mir leid.« Sie starrte Neundorf in die Augen, blickte nicht für den Bruchteil einer Sekunde zur Seite.

22. Kapitel
    Braig hatte sofort begriffen, welche Brisanz die Entdeckung Stefanie Riedingers beinhaltete. Den gesamten Nachmittag des Tages hatte er, unterstützt von den Kollegen der Abteilung Wirtschaftkriminalität damit verbracht,

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