Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
ihn. Er greift zu einem harten Gegenstand, schlägt zu, ohne jede Überlegung. Hast du nicht selbst erzählt, der Typ sei völlig verunsichert in seinen Stuhl versunken bei deiner Vernehmung kurz nach dem Geschehen?«
    »Ohne jedes Selbstbewusstsein«, hatte sich Braig erinnert, »verschüchtert, sogar verängstigt kam er mir vor.«
    »Das bringt dich nicht zum Nachdenken? Ein Mensch dieser Machtfülle, verängstigt wie ein bei einem Vergehen ertappter Pubertierender?« Sie hatte geschwiegen, ihm Zeit gegeben, zu überlegen, hatte dann ein weiteres Argument ins Spiel gebracht. »Und hat dir Frau Kirsch, die Managerin der Liederhalle, nicht erzählt, sie hatte den Eindruck, er wollte sich auf dem schnellsten Weg davonmachen und sei nur durch sie aufgehalten worden? Weil sie beinahe mit ihm zusammengestoßen und darüber erschrocken sei, wie bleich er war?«
    »Das ist richtig«, hatte Braig zugegeben. »Aber das ist kein Beleg dafür, dass er Schmiedle wirklich getötet hat. Auch wenn er den Mann, wie er behauptet, nur tot auffand, erscheint mir sein Verhalten nachvollziehbar. Er musste schließlich damit rechnen, dass wir auf seinen Drohbrief stoßen würden. Und wenn dann ausgerechnet er den Toten entdeckt, in dieser abgelegenen Toilette … Auch wenn er nichts mit dem Mord zu tun hat, es würde nur Unannehmlichkeiten bringen.«
    »Dann glaubst du tatsächlich, es war purer Zufall: Schmiedle und er zur gleichen Zeit auf dieser abgelegenen Toilette? Fast 2000 Leute im Haus, aber nur diese beiden Männer genau zum selben Zeitpunkt dort oben in der vierten Ebene? Der eine bedroht den anderen Tage zuvor, und dann treffen sie sich völlig zufällig an einem Ort, wo man in Ruhe … Wie hat dieser Dr. Enssle es dir erklärt? Er verabscheue viel besuchte Toiletten?«
    »So in etwa, ja«, hatte Braig erklärt. »Mehrere Kabinen nebeneinander und fast alle besetzt. Keine besonders angenehme Situation, oder?«
    »Ja ja ja, aber weshalb dann gleich in die vierte Ebene, wieso nicht in die zweite oder dritte?« Sie hatte den Kopf geschüttelt, auf das Schreiben und die Fotos gedeutet. »Du kannst es drehen und wenden, wie du es willst, wir müssen uns den Mann vornehmen. Mit ihm reden, wenn dir diese Formulierung besser gefällt. Er ist uns zumindest eine Erklärung für diese Fotos schuldig. Und wenn du glaubst, dieser bescheuerte Söderhofer verweigere uns seine Zustimmung zu diesem Treffen, dann informierst du ihn eben erst anschließend. Wichtig ist, zu sehen, wie dieser Enssle reagiert, wenn wir ihm sein Schreiben und seine Fotos präsentieren. Eines müssen wir dem Kerl klar machen: Wenn wir seinen Drohbrief gemeinsam mit den Fotos an die Presse geben, ist er erledigt, gleich, ob wir ihn als Mörder überführen oder nicht. Einen solchen Skandal können sich selbst diese Herrgötter nicht leisten.«
    »Du meinst, wir sollen ihn damit erpressen?«
    »Warum nicht? Oder glaubst du, der Herr ist sich zu fein für solche Methoden?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
     
    Dr. Ulrich Enssle zu sprechen, war erst am Donnerstagmorgen um 9.30 Uhr möglich.
    »Es tut mir leid, aber ich war gestern auf Geschäftsreise. Bis spät in der Nacht. In Paris. Ich kam mit dem letzten TGV.«
    Er hatte Braig und Riedinger in seinem großzügig dimensionierten Büro mitten in der Stuttgarter Innenstadt empfangen, sie nach ihren Wünschen, ein Getränk betreffend, fragen lassen und sie gebeten, sich in seiner Sitzecke, einem separaten, durch ein Spalier von Zimmerpflanzen vom übrigen Büro abgetrennten Bereich mit mehreren bequemen Stühlen und einem quadratischen Tisch niederzulassen. Braig nahm erstaunt seine aufgeräumte Stimmung wahr, verfolgte die heitere gelassene Aktivität des Mannes mit großer Verwunderung. Dr. Enssle schien nicht mehr wiederzuerkennen. Aus der verunsicherten, jedes Selbstbewusstsein vermissen lassenden Gestalt, die er vor zwei Tagen in der Liederhalle nach den genauen Umständen des Leichenfundes befragt hatte, war ein völlig anderer Mensch geworden. Freundlich, lässig, als hätte die ganze Woche nur sonnige Momente gebracht, nahm er selbst in einem der Stühle Platz.
    »Ja, die Sache mit Schmiedle«, eröffnete Dr. Enssle das Gespräch, bevor noch einer der beiden Kommissare zu Wort kommen konnte, »ich habe mich heute Morgen schon ausführlich mit Herrn Staatsanwalt Söderhofer darüber unterhalten.« Er lächelte seinen Besuchern freundlich zu, nahm stillschweigend die Veränderung wahr, die deren Gesichter

Weitere Kostenlose Bücher