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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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Einsatzleitung Ellmau, Alois Hirscherl am Apparat. Grüß Gott.«
    Wenn Tiroler versuchen, Hochdeutsch zu sprechen, entsteht meist eine eigenwillige Grammatik, die mich sonst amüsiert. Jetzt ist mir nicht zum Lachen zumute.
    »Hallo, hier spricht Hannes Illing. Ich befinde mich in der Nothütte an der Surlerwand, mein Schneeschuh ist zerbrochen und ich bin verletzt.«
    »Was ham's denn für Verletzungen?«, will er wissen.
    »Meine Leiste ist gezerrt, einige Schürf- und Schnittwunden von scharfen Felsen, also nichts Ernstes, aber ich schaffe es nicht, weiterzugehen.«
    »Ich kann grad niemand zu Ihnen hoch schicken, wenn keine Lebensgefahr besteht, und der Hubschrauber darf nicht starten bei dem Wetter. Wir werden Sie alle sechs Stunden anrufen und schauen, wie es Ihnen geht. Mehr kann ich leider nicht tun. Sind alle Vorräte vollständig und genug Holz und Gas vorhanden?«
    »Gas und Konserven habe ich gesehen«, erwidere ich. »Wo finde ich das Holz?«
    »Unter der Klappe in der Raummitte müsste welches sein.«
    »Einen Moment bitte.« Ich lege den Hörer zur Seite, die Falltür mit dem Metallring lässt sich leicht öffnen. Darunter erscheint ein überraschend großer Stauraum, der mit Holzscheiten gefüllt ist. »Brennholz ist genug da«, teile ich ihm mit.
    Alois Hirscherl klingt zufrieden, als er sich verabschiedet und mit der Versicherung, sich in sechs Stunden zu melden, die Verbindung trennt. Mir wird bewusst, wie kalt es ist. Ich ziehe meinen Rucksack, der inzwischen eine beträchtliche Schneeauflage aufweist, herein und schließe die Tür. Während ich mit meinem Taschenmesser Späne von einem Holzscheit schneide, den Ofen befülle und anzünde, schweifen meine Gedanken zum Grund meiner Tour, dem Ding .
    Das trockene Holz brennt hervorragend. Ich verschließe die Ofentür und wende mich meinem Rucksack zu.

    *

    Wie ein riesiger Zeigefinger ragt das Futteral in den Raum, ein leiser Schauer rieselt über meinen Rücken. Ich schnalle es los und befreie das Metall von seiner Hülle. Mit den Fingerspitzen befühle ich die Oberfläche, halte es ins Licht und mustere es aufmerksam. Es ist völlig glatt, ohne jede erkennbare oder fühlbare Struktur, und federleicht. Ich klappe mein Taschenmesser auf, drücke die Spitze fest dagegen, es bleibt keine Spur zurück. Der Versuch mit der Schneide schlägt ebenfalls fehl. Es löst sich zwar ein feiner Metallspan, aber bei genauerer Betrachtung stelle ich fest, dass der Span von der Messerklinge stammt. Der Gegenstand scheint auf mich zu reagieren, indem er sein Summen verstärkt, die Vibration ist deutlich wahrzunehmen.
    »Was zur Hölle ist das?«, flüstere ich.
    Der Wunsch, eine logische Erklärung zu finden, lässt mich alle Fakten rekapitulieren. Doch ich komme zu keinem befriedigenden Ergebnis. Sollte es etwa ...? Nein! Es gibt keine Außerirdischen! Und wenn es welche gäbe, ließen sie kaum ihre Metallstäbe in der Gegend herumliegen.
    Ich beschließe, mich um meine Verletzungen zu kümmern, stecke den Stab zurück in seine Hülle und deponiere ihn in einer Ecke.

    *

    Das Feuer prasselt und der Raum füllt sich mit wohliger Wärme. Beim Versuch, meinen Pullover auszuziehen, entfährt mir ein schmerzerfülltes Zischen. Der Stoff ist an beiden Ellbogen mit Blut getränkt und mit den aufgeschlagenen Stellen verklebt.
    Ich nehme einen der Töpfe aus dem Regal, um ihn mit Schnee zu füllen. Was irreführend ›Die weiße Pracht‹ genannt wird, quillt mir entgegen, als ich die Tür einen Spalt öffne. Das Zeug muss kniehoch vor der Hütte liegen. Ich kann daran nichts Prächtiges finden.
    Als das Wasser kocht, tränke ich einen Lappen damit und weiche vorsichtig die Blutkrusten auf. Ich ziehe das letzte Stück mit einem Ruck ab, der Schmerz raubt mir den Atem. Mir wird schwarz vor Augen, meine Knie geben nach und ich muss mich an der Wand abstützen. Blut rinnt über meinen Unterarm und mit meiner langsam wiederkehrenden Sehfähigkeit beobachte ich, wie es den Boden mit einem Leopardenmuster aus roten Flecken verziert. Mit Mullbinden aus dem Verbandskasten verbinde ich mich, dann klappe ich die Pritsche auf und lasse mich darauf fallen. Mir ist klar, dass mir dasselbe Spiel an den Knien noch bevorsteht, aber zuerst will ich schlafen. Ich drehe die Gaslampe aus und wickle mich in eine der Decken. Das sanfte Säuseln des Windes wiegt mich in einen traumlosen, bleiernen Schlaf.

    *

    Kälte weckt mich. Es ist nicht nur die im Raum herrschende Kälte, sondern ein

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