BRAINFUCK
mein Vergeltungswerk damit, dafür zu sorgen, dass sie nie wieder Sex haben wird.
***
Mein Kopf fühlte sich an wie ein Amboss, auf den ein riesiger Hammer einschlägt. Oh Gott, ich hatte doch nicht getrunken gestern! Mein Traum drängte sich ins Bewusstsein. Bei den Details überkam mich ein Schaudern. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und schlüpfte in die Hausschuhe. Das spärliche Morgenlicht, das durch die Schlitze der Jalousie drang, reichte, um mich zurechtzufinden. Ich schlurfte ins Bad und knipste das Licht an. Aus dem Spiegel starrte mir ein mit getrocknetem Blut verschmiertes, verschwollenes Gesicht entgegen.
Sommergewitter
Jens saß im Schatten der schmalen, vermüllten Gasse in einem Hauseingang und wartete. Heute war einer dieser Tage, an denen es der Luft zu heiß war, um zu flirren. Kein Windhauch regte sich. Er blickte mit Unbehagen dorthin, wo sich die Gasse zur Hauptstraße öffnete. Dort knallte die Sonne auf die Häuser und Menschen herunter, als wäre das Wort ›unbarmherzig‹ für sie erfunden worden.
Ein Schmetterling flog an ihm vorbei. Jens sah ihm nach und bewunderte das Farbenspiel auf den Flügeln. Das Insekt flatterte auf die Zone gleißender Helligkeit zu und Jens erwartete, dass es bei Erreichen des Sonnenlichts mit einem Zischen verdampfen würde. Er wurde enttäuscht. Der Flattermann flog ungehindert weiter, als würde ihm die Hitze nichts anhaben können. Schmetterling müsste man sein , dachte er.
Ein Blick auf die Armbanduhr sagte ihm, dass er noch zehn Minuten zu warten hatte. Falls – ja falls – der Dealer pünktlich erscheinen würde.
Eine dumme Entscheidung, den Stoff auf der Straße zu kaufen. Doch wie konnte er die Chance, Daniela herumzukriegen, sausen lassen, als sie ihm verriet, dass sie für eine Tasse Kaffee alles tun würde? Seit Jahren war er scharf auf sie und hatte im Laufe der Zeit einige Körbe einstecken müssen. Alles! Sie hatte »Alles« gesagt! Und einen Teil von diesem »Alles« hatte sie gestern eingelöst, als sie sich hinreißen ließ, seiner Einladung zu folgen.
Seit vor vier Jahren die ›Ökologische Nationale Alternative‹ vom Großteil der unzufriedenen Bürger gewählt und an die Macht gekommen war, war nichts mehr wie zuvor. Als eine ihrer ersten Gesetzesänderungen stellten sie Drogenkonsum und -besitz unter hohe Strafen. Die nächste Maßnahme war das komplette Verbot von Alkohol. Bei der Verabschiedung der Prohibitionsverordnung kam es zu Massenprotesten, die mit militärischer Gewalt niedergeschlagen wurden. Hunderte Menschen landeten in Gefängnissen und Umerziehungslagern. Eine Unzahl von hauptamtlichen und nebenberuflichen “Informanten“ sorgte dafür, dass es genügend zum Umerziehen gab. Sechs Monate später erklärte man Koffein und Nikotin für illegal. Niemand demonstrierte mehr, der Widerstand verlagerte sich in den Untergrund.
Es hatte nicht lange gedauert und Jens konnte entsprechende Kontakte knüpfen. Nichts Großartiges, keine Großdealer, aber es reichte aus, um gelegentlich eine Flasche Wodka, ein paar Zigaretten oder ein Päckchen seines geliebten brasilianischen Kaffees zu ergattern. Alkohol zu trinken war relativ ungefährlich, weil man nur zu Hause bleiben musste, bis die Fahne verschwunden war. Bei Tabak oder Kaffee sah das anders aus. Speziell ausgebildete Teams mit auf Gerüche trainierten Suchhunden patrouillierten durch die Wohngebiete. Wer erwischt wurde, konnte vor einem Schnellgericht mit bis zu zehn Jahren Haft oder zu Lager auf unbestimmte Zeit verurteilt werden.
Jens wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Hand zitterte. Nicht nur die Angst wegen seines illegalen Tuns, sondern auch die Vorfreude auf Danielas schlanken, wohlgeformten Körper und ihre warmen, weichen Lippen begründeten seine Nervosität. Der zusammengeknüllte Fünfzig-Euro-Schein in seiner Faust war inzwischen von seinem Schweiß durchtränkt. Er strich ihn glatt und legte ihn neben sich. Sekunden später war die Banknote getrocknet. Er faltete sie sorgfältig und steckte sie in die Tasche seiner Jeans.
Ein dumpfes Grollen aus weiter Ferne kündigte das heraufziehende Gewitter an, auf das die Stadt seit Tagen sehnsüchtig wartete. Jens war froh, seinen Keller ausgebaut zu haben. Nicht nur, weil er dadurch im Sommer ein kühles Plätzchen hatte, sondern auch, weil es dort sicherer war, unerlaubten Genüssen zu frönen. Der Raum neben dem Heizungskeller war hermetisch abgeschlossen und rund um die Uhr reinigten mit
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