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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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schon so gewesen. Sie spricht weiterhin mit mir und ihr Ton wird von Tag zu Tag ruppiger.
    Natürlich ist mir klar, dass diese Gespräche in meiner Einbildung stattfinden. Oder halten Sie mich für verrückt? Weil sie seitdem im übertragenen Sinne in meinem Kopf lebt, weiß sie jetzt Dinge, die sie vor ihrem Ableben nicht wissen konnte.
    Sprüche wie: »Na, gehst dich wieder auspeitschen lassen?«, oder: »Ich weiß, dass du beim Wichsen an die kleine Latexhure denkst!«, häuften sich und stellten meine Geduld auf eine harte Probe. Ich habe wirklich alles versucht: Ihr den Mund zugeklebt, mir Ohropax in die Gehörgänge gesteckt oder eine Plane über sie geworfen. Nichts half.

    *

    Vor Kurzem kam ich dahinter, dass ich sie nur hören kann, wenn ich sie sehe. Das war die Lösung. Wenn ich Mutter ins Schlafzimmer verfrachten und künftig im Wohnzimmer auf der Couch schlafen würde, hätte ich Ruhe. Ich vermauerte das Schlafzimmerfenster, damit sie mich nicht stören konnte, wenn ich auf der Terrasse saß oder im Garten beschäftigt war.
    Sie aus dem Sessel zu heben, bereitete mir keine Mühe. Als ich sie durch die Tür bugsieren wollte, motzte sie los: »Wo bringst du mich hin, Dummkopf? Glaubst du, dass du mich so los wirst? Ich werde ewig bei dir sein!«
    Das lenkte mich einen Moment ab und aus Versehen donnerte ihr Schädel gegen den Türrahmen. Es knirschte. Am Hals zeigte sich ein Riss, der Kopf neigte sich bedenklich nach unten und brach ab. Mit einem dumpfen Geräusch schlug er auf dem Holzboden auf. Bevor ich mich entschuldigen konnte, quoll ein schwarzer Schwall aus ihrem Halsstumpf. Käfer! Tausende, Hunderttausende von Käfern.

    *

    Ich ekle mich vor Käfern, müssen Sie wissen. Sie ergossen sich über meinen Arm, meine Hüfte und Oberschenkel. Diejenigen, die auf den Boden gefallen waren, steuerten sofort auf meine Beine zu und versuchten an mir hochzuklettern. Mit einem Aufschrei ließ ich Mutter fallen, stürzte ins Schlafzimmer und knallte die Tür zu. Ich streifte die Insekten von meinem Körper und trampelte sie tot. Jeder Tritt auf die knirschenden, platzenden Leiber jagte mir Schauer des Entsetzens durch die Eingeweide. So gut ich konnte, dichtete ich den Spalt unter der Tür mit dem Bettvorleger ab und stopfte ein Papiertaschentuch ins Schlüsselloch.
    Ich kann sie draußen hören. Das Rascheln und Krabbeln ihrer Beinchen und Kiefer, mit denen sie am Holz kratzen, das scharrende Wispern, das entsteht, wenn ihre Körper aneinander schaben, ist allgegenwärtig und lässt nicht nach. Auch nachts nicht. Ich weiß genau, dass sie es auf mich abgesehen haben. Mutter hat sie geschickt, um mir den Penis abzufressen.
    Jetzt sitze ich seit drei Tagen hier eingeschlossen. Sehen Sie: Das ist mein Problem.

Leichenfresser

    „Gott ist ein Komödiant, der vor einem Publikum spielt, das zu ängstlich zum Lachen ist.“

    (Voltaire)

    »Verdammte Arschlöcher! Euch sollte man …«
    Mit diesen Worten knallte Stefan die Klappe seines Laptops zu. Die Intensität seines Wutausbruchs überraschte ihn. Vorsichtig öffnete er das Display und ließ den Rechner hochfahren. Alles funktionierte noch. Der Browser lud die zuletzt geöffneten Fenster neu und da waren sie wieder, die Bilder, die ihn so aufgeregt hatten. Die lange Reihe getöteter Grindwale. Die Bucht, deren Wasser blutrot leuchtete, wie dem Gemälde eines surrealen Künstlers entsprungen. Die Männer, die mit ihren Grindwal-Messern die Halsschlagader und das Rückgrat der Tiere durchtrennten, sie an Land zerrten und dort viereckige Öffnungen in die Leiber schnitten, aus denen die Innereien quollen. Auf Youtube gab es ein Video, das zeigte, wie die Mörder mit dem Ruf »Grindaboð!« ins Wasser stürmten und ihre martialischen Haken schwangen. Diese rammten sie den mit Booten in Richtung Land getriebenen Walen in die Blaslöcher und schleppten sie damit ans Ufer. Grauenvoll!
    Er war Veganer geworden, weil er nicht mitverantwortlich sein wollte, dass Tiere eingepfercht, gequält und getötet wurden. Es machte ihn traurig und wütend, dass der Großteil der Menschheit nicht verstand, dass es Mitgeschöpfe mit Würde, Empfindungen und dem Recht auf Leben waren, wie der Homo sapiens .
    Wut, Unverständnis, Trauer und Hilflosigkeit kumulierten täglich ein bisschen mehr zu einem Gefühl der Verzweiflung, das nach Abhilfe schrie.
    Wie sollte er etwas ändern? Konnte er etwas ändern? Reichte es nicht, dass er sich vegan ernährte und kleidete, dass er

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