Bran
Nachtwindes besucht wurde. Waren das die Nachwirkungen des Rauschgiftes, das man ihm verabreicht hatte? Oder litt er unter den Auswirkungen des Klimas. Irgendetwas war an dieser Welt, das ihn benommen machte, ihn benebelte wie ein schwerer Wein. Seit er gelandet war, fühlte er sich wie in den Morgenstunden nach einem langen Gelage, wenn die Wahrnehmung wattig und warm war und die Gedanken schwer und pelzig gingen. Wenn er sich zu besinnen versuchte, war es, wie wenn man mit dicken Handschuhen an einem filigranen Gegenstand herumtastete. Man bekam ihn einfach nicht richtig zu fassen.
Das Ministerium war klimatisiert! Am Eingang übergab der Wasserpfeifenputzer ihn an einen Wachmann, mit dem er kein Wort wechselte. Man wusste bereits Bescheid. Sämtliche Daten und Informationen waren überspielt worden, während sie sich mit dem altersschwachen Scooter durch den Nachmittagsverkehr gequält hatten.
Durch drei hintereinandergeschaltete Sicherheitsschleusen, die zugleich die Funktion von Klimabarrieren hatten, gelangten sie ins Innere des Gebäudes , das eines der bestgeschützten Objekte des Planeten war. Sie betraten eine riesige Halle, die auf den ersten Blick menschenleer zu sein schien. Bei näherem Hinsehen erkannte man zwei Reihen von Schaltern, die sich entlang der Seitenwände hinzogen und von massiven Kraftfeldern geschützt wurden. Weit im Hintergrund standen einige Wachmänner herum. Die Eingangshalle war einhundert Meter hoch. Gepanzerte Elevatoren schwebten frei an den Innenwänden auf und ab.
Die Luft war kühl!
Im selben Moment wurde Straner bewusst, wie heruntergekommen er schon wieder war. Er fühlte das Bedürfnis, sich auf den kalten Bodenfliesen zu wälzen.
Eine Angestellte kam auf sie zu, wechselte einige halblaute Sätze mit dem Wachmann und nahm ihn dann in ihre Obhut. Sie war Serafidin, das sah man auf den ersten Blick. Jung, schlank und von der regungslosen Schönheit einer Puppe aus Panesh-Porzellan. Sie war nach der neuesten Mode gekleidet. An ihrem Handgelenk flimmerte ein Tattoo, das aufwendiger und moderner war als dasjenige Straners.
»Kommen Sie!«
Alles an ihr war korrekt. Ihre Haut war wie kirgolische Seide, und ihr Lachen würde klingen wie ein Frühlingslied in den Bergen von Kazazunt. Falls sie je lachte. Ihr schwarzes Haar war straff zusammengefasst. Sie war dezent geschminkt. Die Henna-Tätowierung, die ihre Stammeszugehörigkeit verriet, beschränkte sich auf eine kleine Arabeske in der Verlängerung der Nasenwurzel. Die Schritte ihrer fingerlangen Absätze hallten trocken in dem riesigen Hohlraum, der sich über ihnen öffnete.
Straner fühlte sich wohl. Dass in diesem Gebäude gefoltert und gemordet wurde, ging ihn nichts an. Sein Status machte ihn immun gegen derartige Empfindlichkeiten. Noch fühlte er sich sicher.
»Ich bin Cejla«, sagte die Beamtin, während sie sich in Bewegung setzten. Sie durchquerten die Halle entlang der Diagonale und bestiegen eine der freischwebenden Elevatorgondeln. »Wie ich sehe, haben Sie eine Schwäche für die Erzeugnisse unseres Volkes.«
»Ach das.« Straner war der Blick unangenehm, den sie über seine verschwitzte und knitterige Kleidung gleiten ließ.
»Wir werden Ihnen Ersatz dafür beschaffen.« Sie lächelte steril und berührte eine Taste. Die Gondel hob sich mit unmerklicher Beschleunigung fünfundzwanzig Stockwerke in die Höhe. »Sie wünschen den Minister zu sprechen?«
Straner räusperte sich.
Es kam ihm vor, als gehorche ihm die Zunge nicht so, wie er es gewohnt war. »In Anbetracht der Missverständnisse und Verwicklungen, die ich leider hervorgerufen habe, hielte ich es für das Beste, alles mit dem Herrn Minister direkt zu klären.«
»Also: ja.« Cejla legte den Kopf schief. »Ich will sehen, was ich für Sie tun kann.«
Straner nickte.
»Heute wird es allerdings nicht mehr möglich sein. Seine Exzellenz, der Minister, ist zum Abendessen bei unserem Herrscher Mordal Khan dem Großen.«
»Gott möge ihn ewig schirmen«, murmelte Straner.
»Wie?«
Er schüttelte den Kopf.
Aus der Kabine tretend, gingen sie einen langen Gang hinunter, der in einen ausgedehnten Seitenflügel führte. Dort brachte ein zweiter Elevator sie nochmals dreißig Stockwerke nach oben. Sie landeten in einem fensterlosen, mit edlen Teppichen und Wandbehängen ausgeschmückten Trakt. Cejla führte ihn zu einer schweren Holztür, die an der Innenseite gepolstert war.
Er ging an ihr vorbei.
»Morgen oder übermorgen wird der
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