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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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natürlich«, sagte Straner. »Aber Ihr müsst zugeben, dass sie eine wunderschöne Frau ist.«
    Sein Gegenüber wischte sich mit der fleischigen Pranke den Schweiß von der Stirn. Über die primitive Gegensprechanlage des Büros ließ er sich mit dem Vorzimmer verbinden, wo, wie Straner wusste, der Mann wartete, der ihn hergebracht hatte. Er hatte jetzt eine auffallend helle Stimme. Hatte er sich in eine junge Frau verwandelt? Straner verstand kaum jeden dritten Satz. Offenbar hatte man seine Daten ausgelesen und seine Identität überprüft, die nun bestätigt wurde. Man hatte auch herausgefunden, dass Straners Schiff auf einem Landeplatz gemeldet war, der zum Palast gehörte, und dass der Inhaber dieses Schiffes Diplomatenstatus hatte.
    In der Miene des Kommandanten fand eine Erosion statt, wie wenn ein Küstenfelsen unter dem Ansturm einer Sturmflut ins Wanken kommt und dann ins Meer stürzt. Die Sache war eine Nummer zu groß für ihn. Aber das besagte auch, dass er sie loswerden konnte!
    »Bringt mich zum Minister«, sagte Straner. »Ihr werdet sehen, das ganze Missverständnis lässt sich im Handumdrehen aus der Welt schaffen.«
      
    Mit einer Kraftfeldkoppel an den Wasserpfeifenputzer gefesselt, fand er sich im Fond eines Polizei-Scooters wieder. Es war ein Modell, das auf Rangkor gefertigt worden war. Aber vermutlich war die Fabrik, die es ausgeworfen hatte, längst dem Rückbauprogramm unterzogen worden, und wo einst dieses Fahrzeug von vollautonomen Robotern hergestellt worden war, rauschte jetzt wieder nordischer Tannenwald.
    Die Klimatisierung war defekt. In der Nachmittagshitze glich das Innere einem Siedewasserreaktor der ersten Generation. Straner verlor sich in Grübeleien darüber, warum auf Rangkor, in dessen mildem Klima man dergleichen gar nicht brauchte, alle Airconditions funktionierten, während unter den mörderischen Bedingungen Zhids offenbar keine einzige Klima-Anlage existierte, die noch etwas taugte.
    Eine Wendung des schlecht gepufferten Fahrzeugs warf ihn gegen seinen Bewacher. Kannte er den Mann nicht? Er war ihm schon einmal gegenübergesessen, vor dem fatalen Aufenthalt im Teehaus. Plötzlich wusste er! Er musste die Beine des Mannes sehen. Seine Knie! Bestimmt waren sie knotig. Straner nestelte nach den Hosen des Polizisten. Aber der umfasste seinen Arm mit unbegreiflicher Kraft und stieß ihn von sich.
    Dann rief er sich zur Ordnung und legte sich eine Strategie für das anstehende Gespräch zurecht. Er musste die Flucht nach vorne antreten. Alles andere hatte keinen Sinn mehr. Dem Kommandanten hatte er etwas vorspielen können, aber der Minister würde den Widerspruch zwischen seinem Auftreten und seinem Status sofort durchschauen. Es half nichts, sich weiter in Widersprüche zu verstricken. Am besten, er legte alle Karten offen auf den Tisch. Vielleicht konnte man überhaupt alles so am bequemsten lösen.
    Soweit er wusste, hatte der Handelsminister auch in der größten Eiszeit zwischen den beiden Völkern über geheime Kanäle Kontakt zu Senator Brighton gehalten. Warum sollte er sich nicht ganz offiziell als Diplomat ausgeben, der vom Senat gesandt worden war, um diese Kontakte auf eine höhere Ebene zu heben? Ihm war bewusst, dass er sich damit sehr weit aus dem Fenster lehnte. Aber blieb ihm etwas anderes übrig?
    Auch mit den Magnetfeldern des Scooters stimmte etwas nicht. Das Fahrzeug sackte immer wieder durch. Einmal berührte es Grund, wodurch es sich beinahe überschlagen hätte. Garben von Funken und losen Blechteilen sprühten ab, als seien sie unter feindlichen Beschuss geraten. Straner ließ sich nichts anmerken. Der Mann, an den er durch eine unsichtbare Kette aus künstlicher Gravitation geschmiedet war, stieß ununterbrochen Flüche aus, mit denen man ein Wörterbuch des hiesigen Argots hätte füllen können.
    Als sie stotternd und spuckend auf die Plaza hinauskamen, die dem Platz der Revolution vorgelagert war, musste Straner erkennen, dass man ihn nicht zum Handels-, sondern zum Innenministerium brachte, das einen eigenen großen Flügel des Palastkomplexes einnahm. Er zuckte innerlich die Schultern. Was machte das schon für einen Unterschied? Diese Ganoven waren doch alle gleich! Mafiabosse, die sich gegenseitig nicht in die Quere kamen.
    Es fiel ihm immer schwerer, sich zu konzentrieren. Musste er sich nun nicht eine neue Vorgehensweise überlegen? Aber sein Kopf war leer wie eine Höhle im Gebirge, die nur vom monotonen Heulen und Stöhnen des

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