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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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»Eigentlich nichts Wichtiges.«
    »Dann interessiert es mich umso mehr.«
    »Es ist etwas unangenehm.«
    »Alles, was ihr vorbringt, um es mir auszureden, spannt mich auf die Folter.«
    »Also gut.« Er sah sie im Stil einer Beichte an. »Bei meinen Recherchen konnte mir nicht verborgen bleiben, dass auch über dich verschiedene   Geschichten im Umlauf sind.«
    »Zum Beispiel?«
    »Es gibt zahllose Beinamen, mit denen dich das Volk belegt. Nicht alle sind vorteilhaft.«
    »Nenne mir einige.«
    »Das wäre nicht sehr galant.«
    »Dann halt den Mund!«
    Mit einem Ruck war sie aufgestanden. Als sie um den Tisch herumkam, gebot es der Anstand, dass er sich ebenfalls erhob.
    »Kann ich das sehen?« Sie deutete auf sein Handgelenk.
    »Das ist nur der Raster.«
    »Du hast gehört, was ich gesagt habe.«
    Straner aktivierte das Tattoo und ließ das Schema sichtbar werden, das er in stundenlanger Kleinarbeit mit Cejla erstellt hatte. Ein dreidimensionaler Stadtplan von Zhid City mit Angaben zu Sprachen, Stammeszugehörigkeiten, Religionen, wirtschaftlichen Klassen. Hier und da waren einzelne Begriffe eingetragen. Synonyme für Senator Richards oder Zusammenhänge, in denen sein Name gefallen war.
    Kundali wischte mit der Hand durch das Hologramm, das mit einem Summen erlosch.
    »Willst du ein Register der Dummheit unseres Volkes erstellen?«
    Sie stand unmittelbar vor ihm. Noch nie war er ihr so nahe gewesen. Einen Kopf größer als Cejla, aber von ähnlich strenger Schönheit, zumindest in dieser Aufmachung.
    »So redest du von deinem Volk, Infantin?«
    »Streiche Dummheit, ersetze es durch Aberglauben.«
    »Ich will nur Licht in dieses Dunkel bringen.«
    »Auch das Licht hat nicht immer recht!« Ihr Haar duftete nach kostbaren Essenzen, die aus den Blüten der seltensten Wüstenblumen gewonnen waren. Ihre Haltung dampfte Selbstbewusstsein und Empörung aus wie der Körper einer Athletin warmen, frischen Schweiß.
    »Siehst du am Tag nicht besser als bei Nacht?« Er musste den Reflex unterdrücken, den Arm um sie zu legen.
    »Die Liebenden treffen sich nachts.« Ihr Atem war in seinem Gesicht, wohlschmeckend wie ein Sommerregen.
    »Um was zu tun?«
    »Sie schließen sogar die Augen dabei.« Sie schwang auf dem Absatz herum und strebte dem Ausgang zu. Sein Leib brannte vor Verlangen wie das Fleisch eines Mannes, der monatelang zur Enthaltsamkeit gezwungen worden war.
    In der Tür wandte sie sich noch einmal um.
    »Nur weiter so, Fremder.« Ihre Stimme war mit einem Gran Ironie gewürzt wie ein süßes Getränk mit einem köstlichen Schuss Säure. Aber ihre Züge wussten nichts davon. Wenn Cejla nicht zwei Schritte hinter ihm gestanden wäre, hätte er sich über sie gestürzt, und wenn es sein Leben gekostet hätte. So genierte er sich auf seltsame Weise vor der kleinen, beherrschten Serafidin.
    Kundali war gegangen.
    Im Übrigen hatte sie geflunkert. Sie hatte noch keinen Mann gehabt. Das hatte er riechen können.
        
     

Kapitel 5. Senator Brighton
     
    Sie gehen vom Tempel der Höchsten Vernunft zur Großen Halle der Vollkommenen Vernunft. Das Gras ist grün, mit einem Stich von Gelb. Das Licht ist mild. Es ist die Phase der Tag-und-Nacht-Gleiche. Der lange, lange Nachsommer in den nördlichen Breiten Rangkors, oft zwei, drei Monate, in denen der Himmel klar ist, der Wind noch warm, die Morgen schon frisch. Die Sonne scheint gleichmäßig von früh bis spät. Sie ist, denkt Straner, wie ein gesetzter alter Mann, der sein Werk vollbracht hat und still auf sein Leben zurückblickt.
    Auf Zhid stieg die Sonne morgens mit raschem Zorn auf. Sie war laut und brüllend, brutal und berstend wie ein junger Kerl, der nicht weiß, wohin mit seiner Kraft. Alles dort war roh wie frisch geschlachtetes Fleisch und lärmend wie eine Horde unverheirateter Männer.
    Hier auf Rangkor ist alles abgeklärt. Die Hormone haben sich gesetzt. Das Licht ist gedämpft. Das Klima ist, als habe man leichte Vorhänge vorgezogen, um den Nachmittag ungestört dem Nachdenken oder dem Träumen widmen zu können, verloren in einem wortlosen Sinnen und Dämmern, aus dem man am Abend erwachen würde, ohne angeben zu können, wo man eigentlich die ganze Zeit gewesen ist.
    »Du bist lange fort gewesen.« Der Senator hält sich nicht mit Floskeln auf.
    »Es ist kompliziert. Die Uhren gehen dort anders.« Straner fällt ein Wort ein, dass er auf Zhid gehört hat: Auf Rangkor lügt man, wenn man höflich ist!
    »Zeit ist das kostbarste Gut. Wir haben nur

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