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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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verkehrt.
    »Flüchtig.«
    Kundalis Nasenflügel produzierten ein abstraktes Grunzen.
    »Du bist mit einer derartigen Zielstrebigkeit dort hinauf, als hättest du dort gelebt!«
    Eine Qual war in ihm und wand sich in ihrer Ausweglosigkeit wie eine Kobra im Korb des Schlangenbeschwörers.
    »Die arme Kiú.« Seine Hände wischten in der Nacht herum, als versuchten sie vergeblich, den Staub von ihrem Grab zu fegen.
    »Du kennst ihren Namen.«
    »Lass jetzt.«
    »Natürlich kennst du ihn!«
    »Das war in einem früheren Leben.«
    »Das sagen die Männer immer, wenn sie von einer Affäre ablenken wollen.« Wieder sprach sie von Dingen, von denen sie keine Ahnung hatte. Vielleicht aus den Erzählungen ihrer Freundinnen, mit denen sie sich zum Speedball traf oder in Thamal shoppen ging. Nebenfrauen und Töchter von Vettern Darbor Khans des Großen, Gott möge ihn ewig schirmen. Plötzlich blieb sie stehen und fasste ihn am Arm.
    »Du hattest was mit ihr.« Er spürte, wie ihr Blick stechend wurde, obwohl das flirrende Holo ihn verbarg. »Ist sie – eine Hure?«
    »Sie ist tot«, sagte er mit sakramentaler Endgültigkeit.
    Sie gingen weiter. Alle Menschen fluteten aus der City in die Schlafstädte der Vororte. Nur sie gingen den umgekehrten Weg. Es war eine Flucht. Nur fort von dort, wo Kinder im Schmutz der Elendsviertel geboren wurden und starben, wo die Leprösen wie Tiere eingefangen und in Reservate gesperrt wurden, wo ganz normale Leute in Elevatoren zerstückelt wurden, weil es nicht möglich war, die Energieversorgung zu gewährleisten.
    Heim in die Geborgenheit des Palastes mit seinen kühlen, klimatisierten, nach Zerstäubern duftenden Räumen, der dezenten Aufmerksamkeit seiner Lakaien und Bots, dem fraglosen Reichtum seiner Mahlzeiten, dem diskreten Luxus seiner Schlaf- und Badezimmer.
    »Warum sind wir dorthin gegangen?« Sie ließ einfach nicht locker. Wie eine Qecha-Fliege, die man hundertmal vertreiben kann und die zum hundertundersten Mal herbeigesummt kommt.
    »Ich wollte sie noch einmal sehen.«
    »Wusstest du denn, dass sie sterben würde?« In Kundalis Stimme lag der Wagemut auf der Lauer, ihm das wirklich zuzutrauen, wie eine Grabspinne in ihrem Bau, bereit, herauszuschnellen und sich auf eine Beute zu stürzen, wenn sich nur ein Härchen irgendwo bewegen sollte.
    »Natürlich nicht.« Vielleicht hatte er ein ganz klein wenig zu schnell und zu empört geantwortet.
    »Entschuldige.«
    »Das ist eine alte Sache.« Straner sprach gepresst, als versuche er, eine Last zu heben, die viel zu schwer für ihn war. »Ich wollte nur noch einmal sehen, ob es ihr gut geht.«
    Kundali schwieg.
    »Geht es ihr gut?«, fragte sie nach einer Weile. Ihre Stimme war zart wie ein Bergkrokus im Frühling.
    »Die Toten sind zu beneiden.« Straner rief einen zweisitzigen Scooterbot und half ihr beim Einsteigen.
      
    Bevor sie hineingingen, zeigte er ihr, wie sie das Holo so modifizieren konnte, dass es ihre Gesichtszüge verbarg, aber nicht erkennen ließ, dass sie verborgen wurden.
    »Eine Tarnung funktioniert nur, wenn sie nicht als solche kenntlich ist.« Die Hände an ihren Schläfen regelte er ihre Implantate über die Interfaces seiner Handgelenkstattoos. »Manchmal ist es am besten, sich überhaupt nicht zu tarnen.«
    »Ich kann doch nicht einfach so in der Stadt herumspazieren!«
    Sie stand dicht vor ihm, beinahe ebenso groß wie er. Ihre Augen funkelten empört. Langsam, wie ein Meister, der seine Kunst beherrscht, zog er ihre Lider in die Breite, gab ihren Augenwinkeln einen mandelförmigen Schnitt, modulierte ihre Brauen mit dem unstofflichen Kajal ihrer Applikationen und gestaltete ihre Nase, bis sie einem x-beliebigen Serafidenmädchen glich.
    »Warum nicht?« Straner hob die Achseln.
    Ihr Tattoo bereitete ihm Kopfzerbrechen. Eine hennafarbene Arabeske zierte ihre Stirne in der Verlängerung der Nasenwurzel. Am liebsten hätte er das Holo ausgeschaltet, um zu sehen, ob das auch in Wirklichkeit so war. Im Grunde war ein solches Mal in Zhid ja nichts Besonderes.
    »Du hast Nerven.« Sie verharrten dicht voreinander. Seine Eingeweide hungerten nach dem feuchten Glanz auf ihren Lippen. Dann bot sie ihm den Arm.
    Er führte sie hinein. Während der Fahrt hatte er zwei Plätze der teuersten Kategorie bestellt. Jetzt wurden sie von einem Kellner und zwei Hostessen empfangen, die sie zu ihrer Loge führten.
    Das »Darbor’s Palace« galt als vornehmstes Restaurant in Zhid. Von den Logen in der fünfzigsten Etage aus

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