Bran
Betrieb, auch die vier kleineren, die in die titanischen Stützpfeiler eingelassen waren. Sie fassten zwar jeweils nur zwanzig Menschen, fuhren aber wesentlich schneller. Der Zufall fügte es, dass sie in eine solche Gondel gedrückt wurden, die im nächsten Augenblick schon in die Höhe schoss.
»189. Etage«, rief Straner
»Was machen wir?« Kundali schien am Ende ihrer Kräfte. Gleich würde sie ohnmächtig werden. Hitze und Enge waren kaum zu ertragen. Straner fuhr unmerklich seine Applikationen hoch, um ihnen etwas mehr Platz zu verschaffen.
»Ich will nur etwas überprüfen.«
Auf dem Gang war alles so, wie er es gekannt hatte. War es möglich, dass er einzelne Personen wiedererkannte? Was für astronomische Zufälle mussten im Spiel sein, um einem Menschen hier sein Schicksal zuzuweisen. Aber es war so. Dort hinten stand die keifende Alte, an deren kehlige Interventionen er sich gut erinnerte. Sie hatte die Schlange im Auge, die sich an der primitiven Wasserstelle gebildet hatte, und achtete mit strengem Regiment darauf, dass niemand drängelte oder die Reihenfolge störte.
Straner registrierte, wie sein Herz zu rasen begann.
Kundali hielt sich ein Tuch vor den Mund, als sie den schmalen Gang zwischen den Schlafkojen betraten. Die dritte Box auf der linken Seite. Straner duckte sich hinein. Der Geruch war unerträglich und beseligend zugleich.
Dann standen sie in der beklemmenden Unterkunft, betrachteten das ungemachte Bett sowie die Kästchen und Kartons mit den paar Habseligkeiten.
»Was machen Sie hier?«
Straner war noch nie so froh darüber, ertappt worden zu sein.
»Wer sind Sie? Was suchen Sie in meinen Sachen herum?«
Kiú. In diesem Zhid lebte Kiú!
»Entschuldigung.« Er strahlte sie an. Kannte sie ihn? War er in diesem Zhid auch ihr Gast gewesen?
»Sehr romantisch.« Kundali blickte angewidert über die zerwühlten Laken. Sie hatte einen Ohrring in der Hand, den sie aus einem holzgeschnitzten Kästchen gefischt hatte und nun gedankenlos in den Fingern drehte.
»Geben Sie das her!« Kiú riss ihr das Schmuckstück aus der Hand und verstaute es wieder in seinem Etui. Es war ein geschmackloser Klunker aus Gold und Lapislazuli, und er ruhte in einer reichverzierten, mit rotem Samt ausgeschlagenen Box aus Wurzelholz.
»Was ist das?«, fragte Kundali.
»Das geht Sie nichts an. Ich weiß nicht einmal, wer Sie sind.« Kiú war übermüdet und gestresst. Sie war spät dran. Straner wusste, dass sie um diese Zeit eigentlich schon ihre Schicht in »Leli’s Budike« antreten musste, und sie hatte noch eine lange Fahrt vor sich.
»Man wird ja noch fragen dürfen.« Kundali klang pikiert.
Straner fürchtete, sie könne ihr Inkognito lüften und die Autorität einer Infantin von Zhid auf diese kleine Szene richten wie eine Strahlenkanone auf einen Kolibri. »Entschuldigen Sie«, warf er jetzt ein, um die Situation zu entschärfen. »Wir haben jemanden gesucht, jedoch haben wir uns wohl in der Box geirrt.«
»Ja, es gibt hier sehr viele.« Die Kleine rupfte ein paar Sachen aus ihren Kartons und stopfte sie in eine Tasche. Dann sah sie ihn an. »Kenne ich dich nicht?«
»Kann sein.« Er musterte sie ihm Halbdunkel des muffigen Verschlags. »Ich kenne viele Mädchen.«
Kundali unterdrückte ein verächtliches Lachen.
»Und Sie?« Kiú baute sich vor der Prinzessin auf, deren Züge unter dem flimmernden Holo unkenntlich waren. »Warum verbergen Sie Ihr Gesicht?«
»Es ist nur.« Kundali hatte wieder die kleine Schatulle in der Hand, von der sie magisch angezogen wurde. »Mir war, als hätte ich so etwas schon einmal gesehen.«
»Das ist billiges kirgolisches Kunsthandwerk, wirklich nichts Besonderes.«
Die beiden Frauen standen einander gegenüber. Kundali war zwei Handbreit größer als Kiú. Sie sahen sich an.
Kiú blickte zwischen Straner und Kundali hin und her. Dann hob sie langsam die Hand und berührte damit Kundalis Wange. Ihre Finger tauchten in das Holo ein, das sich knisternd um sie herum wölbte. »Ich würde so gerne dein Gesicht sehen.«
»Wir wollten gerade gehen.« Straner beeilte sich, Kundali auf den Gang hinauszuziehen. Sie schien verwirrt.
Auch Kiú musste erst ein Moment der Starre überwinden. »Ich begleite euch nach unten.« Sie vergewisserte sich, dass ihr Schmuck wieder verstaut war. Dann warf sie ihr Täschchen über die Schulter und folgte ihnen. Auf dem Gang rief ihr die Alte etwas nach, was sie in kehligem Akzent erwiderte.
Die Gondel war voll, aber es war
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