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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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sich das Todesdatum und suchte in den alten Theologiezeitschriften und Kirchenzeitungen nach Bruno Schulze-Möllering. Sie scrollte eine Seite nach der anderen durch.
    Die Stichwortsuche ergab mehrere hundert Ergebnisse, die sie nacheinander aufrief. Immer wieder der Weihbischof bei einer Firmung in Stadt x und dann wieder in Dorf y. Sie fand auch den Nachruf, den Martin ihr gebracht hatte. Sie zwang sich, den Gedanken an Martin beiseitezuschieben und las den Nachruf erneut. Kein Hinweis auf seine Rolle in der Nazi-Zeit, sein Wirken als Weihbischof wurde gepriesen. Für die Kirche begann sein Leben erst nach der Priesterweihe.
    Lustlos scrollte sie weiter. Sie wollte bereits aufgeben, als ihr Blick an einer Notiz aus dem Mai 1988 hängenblieb. Dort wurde erwähnt, dass Bruno Schulze-Möllering womöglich braunen Schmutz an den Füßen hatte. Das war die Zeit, in der genauer hingesehen wurde, welche Rolle jemand im Dritten Reich gespielt hatte. Bis in die 70er-Jahre hinein konnte es sein, dass auch ehemalige Nazis wichtige Positionen bekleideten. Karina vergrößerte den Artikel und suchte nach dem Namen des Journalisten, der ihn geschrieben hatte: Pelle Maibaum.
    Wieder dieser Name, dachte Karina. Sie ließ sich den Artikel ausdrucken, in der Hoffnung, dass Martin mehr wusste.
    Eine angenehme Wärme zog sich durch ihren Körper, als sie an Martin dachte. Hier konnte sie sich ein paar Minuten gönnen, um an den vorigen Abend zu denken. Als sie ihn hinausbegleitete, hatte er sie geküsst. Sanft, als wollte er testen, ob sie auch nicht zerbrach. Wie sollte sie, sie hatte doch schon seit ihrer ersten Begegnung darauf gewartet. Viel mehr war nicht geschehen, auch wenn sie nichts dagegen gehabt hätte. Er hatte sie nur mit seinen zauberhaften Augen angesehen, ihr über die Wange gestrichen und ihr viel Erfolg in Münster gewünscht. Männer waren schwer zu verstehen. Pfarrer gar nicht.

    *
    Samuel drückte sich in die Hausecke, er wollte auf keinen Fall, dass man ihn sah. Es war ohnehin schwer genug, spätabends durch Münster zu gehen, ohne dass er angesprochen wurde. Aber er musste wissen, was sich hier tat, damit er rechtzeitig handeln konnte, und folgte Bruno schon den ganzen Abend.
    Über dem Kino, das Bruno gerade laut mit seinen Freunden verließ, flackerte die Schrift des Films, der dort gezeigt wurde: ›Der blaue Engel‹. Das war klar, dass Bruno sich den Film anschauen musste. Sie hatten gemeinsam im Hinterzimmer der Buchhandlung das Buch gelesen und Bruno hatte nicht mit anzüglichen Bemerkungen gespart.
    »Die würde ich nicht von der Bettkante stoßen«, rief Bruno großspurig. Er lief mitten auf der Straße, als gehörte ihm die Stadt. »Kommt, lasst uns schauen, ob wir Weiber auftreiben!«, forderte er seine Freunde auf, die versuchten, weniger auffällig zu wirken.
    »Lasst uns lieber eine Altbierbowle im Pinkus trinken«, hörte Samuel einen der Männer sagen. Sofort änderte Bruno seine Meinung und ging voran. Samuel hatte den Eindruck, als redete sein früherer Freund unterwegs immer wieder auf seine Begleiter ein. »Unverschämtheit«, verstand er nur und: »Denen werde ich es zeigen.«
    Das hörte sich nicht friedfertig an und Samuel war froh, dass Bruno in Münster war. Weit weg von seinem Vater und der Buchhandlung.
    Samuel hatte Glück. Die Männer wählten einen freien Tisch direkt vor einem Fenster, so konnte er draußen hören, was sie sprachen. Er musste nur aufpassen, dass keiner der wenigen nächtlichen Passanten auf ihn aufmerksam wurde.
    »Es ist unglaublich, dass die diesen Roloff und nicht mich zum Leiter des Ausschusses gewählt haben«, schimpfte Bruno lauthals und knallte sein Glas auf den Tisch. »So ein Weichei. Ich hätte denen schon gezeigt, wie man diese jüdischen, ekelhaften Bücher zu Asche macht.«
    Samuel zuckte bei den Worten zusammen. Ausgerechnet Bruno, der mit ihm im Hinterzimmer mehr verbotene Bücher gelesen hatte als jeder andere, spuckte diese Töne. Unfassbar.
    »Woher hast du das?«, fragte einer von Brunos Begleitern. Samuel versuchte durch den Fensterspalt zu erkennen, worum es ging.
    Bruno hielt ein Blatt Papier in der Hand und las so laut vor, dass die anderen Gäste im Pinkus aufmerksam wurden. »Erstens: Jeder Student säubert seine Bücherei von derartigen, durch eigene Gedankenlosigkeit oder Nichtwissen hineingelangten Schriften.*«
    »Hör auf, Bruno.« Der Student, der direkt neben Schulze-Möllering saß, versuchte ihn zu besänftigen. Doch statt leiser

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