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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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hörten die beiden erneut die Stimme des Schreinergesellen. »Lasst uns sehen, dass wir schnell fertig werden, ehe uns einer sieht.«
    Jemand lachte laut. Samuel zuckte zusammen, das war Brunos Lachen, daran gab es keinen Zweifel. »Und? Was soll uns schon passieren?«, höhnte Bruno. »Wir setzen doch nur um, was die Regierung beschlossen hat. Keiner soll bei Juden kaufen.«
    Samuel erinnerte sich an den Vortag. Kurz vor Ladenschluss, als er einer Frau ein Buch einwickelte, gab es auf der Straße einen lauten Krach. »Was machen die denn da?«, fragte die Kundin, als auch schon die Tür aufging und ein Mann in SA-Uniform sie anbrüllte: »Wissen Sie denn nicht, dass Sie nicht bei Juden kaufen dürfen?«
    Die Frau wurde blass und zuckte zusammen. Sie schüttelte den Kopf. Der Mann hielt ihr ein Plakat vor die Nase.
    »Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!«, konnte Samuel lesen. Er erinnerte sich an die Schrift, die bereits bedrohlich aussah.
    »Mist, das klebt nicht!«, riss ihn eine Stimme auf der Straße aus den Gedanken. Er konnte sehen, wie der Kleisterpinsel, mit dem eben noch auf die Schaufensterscheibe des Schmuckladens gestrichen worden war, nach vorn gereicht wurde.
    »Schade, dass niemand zu Hause ist.« Wieder Brunos Stimme. »Ich würde gerne die Gesichter sehen, wenn die merken, dass es ihnen nun endgültig an den Kragen geht.«
    »Komm weiter!«, forderte ihn die Stimme des Schreinergesellen auf und wenig später war es ruhig vor dem Haus.
    »Ich geh runter!«, rief Samuel aufgebracht und ging mit großen Schritten zur Zimmertür. Sein Vater hielt ihn auf. »Lass, davon wird es nicht anders. Und wer weiß, vielleicht wartet nur einer darauf, dass wir uns vor die Tür wagen.« Sie wussten beide, wen der Vater meinte, doch sie sprachen nicht weiter darüber, sondern gingen ins Bett und fanden keinen Schlaf.

14
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    Unfassbar! Heute sind Br a unhemden in den Laden gekommen. Mit einer Hakenkreuzbinde am Arm. Meine Hand zittert so, dass ich fast nicht schreiben kann. Herr Weizmann hatte sich hingelegt und mich gebeten, solange im Laden zu bleiben, bis Samuel wieder zurückkam. Er war nach Münster gefahren, um seine restlichen Sachen zu holen. Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber Samuel will nicht mehr studieren. »Ich muss hierbleiben!«, sagt er immer, wenn ich ihn frage, und Herrn Weizmann habe ich nicht gefragt, der hat Kummer genug.

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    Als die Männer in den Laden kamen, ha b e ich zuerst gedacht, sie wollten Bücher kaufen. Sie haben mich freundlich gegrüßt und sind an den Regalen entlang gelaufen. »Sind das alle Bücher?«, haben sie mich gefragt. Das kam mir komisch vor, weil die Männer so richtiges Hochdeutsch sprachen. Noch mehr als der Doktor. Die meisten sprechen bei uns Platt, sogar der Propst spricht manchmal Platt, obwohl er studiert hat.

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    Mir kam es so vor, als wollten die Männer etwas ganz Bestimmtes finden. Einer von ihnen ist zwis c hendurch nach draußen gegangen und hat sich die Reste von dem roten Zettel an der Fensterscheibe angeguckt. »Wer hat das entfernt?«, hat er dann gefragt. Entfernt, das Wort habe ich zuletzt von der Frau des Doktors gehört. Ich habe so getan, als könnte ich die Männer nicht verstehen und immer wieder gefragt: »Kann ick uh hälpen?« Zuerst hat das auch gut geklappt. Doch dann hat Herr Weizmann gerufen: »Katharina, kannst du mir die Zeitung bringen?« Herr Weizmann spricht oft hochdeutsch. Er ist aber auch nicht hier geboren, sondern hierher gezogen, als er seine Frau geheiratet hat.

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    Die Männer sind in die Richtung gegangen, aus d er Herr Weizmanns Stimme kam. Ich konnte nichts machen, außer hinter ihnen herlaufen. Auf der Treppe kam ich nicht an ihnen vorbei und dann waren sie schon im Wohnzimmer, wo Herr Weizmann auf dem Sofa lag. »Mitkommen!«, haben sie gebrüllt, als ob Herr Weizmann sie nicht hören konnte. Ich habe zwischen ihnen hindurchgesehen. Herr Weizmann wurde bleich. Er hat die Decke weggeschoben und nach Luft geschnappt. Er hat nichts gesagt, ist nur aufgestanden und hat sich vor sie hingestellt.

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    Einer der Männer hat ihn am Arm g e fasst und vor sich her gestoßen. Fast hätte er mich dabei die Treppe hinuntergeworfen. »Am besten schließen Sie ab und gehen nach Hause, Katharina!«, hat Herr Weizmann zu mir gesagt und mich dabei angesehen, als würde er Geheimsprache sprechen. Zuerst habe ich gar nicht verstanden, was er mir sagen wollte. Erst als er weg war, habe ich

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