Brandfährte (German Edition)
hatte er Seite um Seite des Notizbuches mit immer neuen Informationen gefüllt.
« FS », wie er ihn in Gedanken oft nannte, wirkte verschlossen und schien nicht viele Freundschaften zu pflegen. Dazu passte, dass er morgens oft allein durchs Moor joggte und zurückgezogen in einem Zimmer seines Hauses Saxophon spielte. Dieses Detail hatte er aus einem Artikel der Reporterin Andrea Voss.
Seine einzelgängerische Art machte FS zur leichten Beute. Aber er hatte längst beschlossen, ihn nicht einfach zu vernichten. Er wollte ihn treffen, ihn verwunden. Tief drinnen, wo es keine Heilung mehr gab. Angriffspunkte lieferte der Kommissar genug. Sein ausgebautes Bauernhaus, das abseits eines Dorfes an der Grenze zu Bremen lag, war reetgedeckt. Er schüttelte den Kopf angesichts des Leichtsinns. Wie schnell so etwas brannte! Da halfen auch keine Rauchmelder oder die üblichen Feuerlöscher. Und dann die Inneneinrichtung: Holzböden, Holztische, Weichholzschränke. Ein kleiner Kurzschluss in der Nacht oder etwas, das so ähnlich aussah, und innerhalb kürzester Zeit würde es knistern und lodern, und die Flammen würden sich bis ins Obergeschoss fressen.
Oder die Frau des Kommissars! Eine offene und hübsche Mittvierzigerin, die ihm sein Interesse an ihren lächerlichen Yogakursen sofort abgenommen hatte.
Die Frau arbeitete gerade im Garten, als er seinen Leihwagen vor dem Zaun parkte und sie charmant nach der «bekannten Yogalehrerin Ira Steenhoff» fragte. Die Frau hatte gelacht und sofort ihre Arbeit unterbrochen. Nach einem kurzen Plausch lud sie ihn ein, sich die Räume anzuschauen, in denen sie mehrmals in der Woche ihre Kurse abhielt. Sie mussten die Diele des Hauses durchqueren. Die Tür zum Wohnzimmer stand offen, und er hatte wortreich bewundert, wie geschmackvoll das Paar sich eingerichtet hatte.
Die Frau des Kommissars war ohne Argwohn. Sie fiel sofort auf seine Heucheleien herein und bot ihm sogar an, eine «kleine Hausführung» zu machen. Er tat verlegen, wollte sie angeblich nicht unnötig aufhalten und gab sich schließlich dankbar für die «unschätzbaren Anregungen», da er mit seiner Frau demnächst umziehen würde und sich neu einrichten wolle.
«Wissen Sie, Sie haben mit dieser Einrichtung irgendwie genau meinen Geschmack getroffen. So wollte ich irgendwie immer wohnen. Und jetzt nach einer kleinen Erbschaft können wir es uns endlich leisten.»
Sie hatte ihm geglaubt und von den langwierigen Umbauten gesprochen, der vielen Arbeit und der Schwierigkeit, zuverlässige Handwerker zu finden. Schließlich war sie auf ihren Mann zu sprechen gekommen, der aufgrund seines Berufes kaum Zeit für Haus und Hof fand, sodass sie mit einem älteren Nachbarn viel allein gemacht hatte.
Als er nach dem Beruf ihres Mannes fragte, wurde sie das erste Mal etwas einsilbig. «Er ist Beamter», antwortete sie vage. Er nickte, als würde dies alles erklären.
Während sie voranging und eine kleine Treppe zu dem lichtdurchfluteten Yogaraum mit drei großen Schritten nahm, überlegte er einen Moment lang, ob er sie töten sollte. Sie waren allein im Haus, weit und breit keine Nachbarn, keine Zeugen. Den Wagen hatte er unter falschem Namen angemietet. Einer seiner Kollegen, mit dem er nach eigener Einschätzung eine gewisse Ähnlichkeit besaß, war so unvorsichtig gewesen, seine Brieftasche auf dem Schreibtisch liegen zu lassen. Er hatte lediglich den Pass aus dem Schwung von Karten, die in den Fächern steckten, herausgenommen. Wenn er Glück hatte, würde der Mann den Verlust des Passes erst viel später bemerken.
Die Frau des Kommissars drehte ihm gerade den Rücken zu und plauderte wortreich über die richtige Dämmung in dem ausgebauten Dachgeschoss. Er musterte sie von hinten. Ihr Hals war schmal. Leicht zu umfassen. Damit würde FS niemals fertigwerden. Während er vorgab, ihr interessiert zuzuhören, wog er die Vor- und Nachteile ab. Es war riskant. Und zu spontan. Er durfte sich keine Fehler leisten. Aber es war auch eine einmalige Chance. Der Schweiß lief ihm den Rücken hinunter. Obwohl er sich nicht bewegte, hatte er Mühe, normal zu atmen. Sein Puls ging schneller. Entschlossen machte er einen Schritt auf die Frau zu, die ihm, während sie sprach, noch immer den Rücken zudrehte. Ein Geräusch auf der Treppe ließ sie beide herumfahren.
Sekunden später sprang ein junger Golden Retriever freudig an der Frau hoch. Unwillkürlich wich er zurück. Er hasste Hunde. Vor allem so große.
«Das ist
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