Brandfährte (German Edition)
Doppelhauses klingelte. Eine Frau mit hochgesteckten Haaren öffnete ihm strahlend und ließ ihn hinein. Verwundert beobachtete er, dass Steenhoff eine halbe Stunde später wieder herauskam und anfing, im Vorgarten zu arbeiten. Gegen Mittag verschwand er wieder im Haus, setzte seine Arbeit aber wenig später fort.
Er hatte seinen Wagen inzwischen in der Straße geparkt, weit genug von Steenhoff entfernt, sodass dieser nicht auf ihn aufmerksam wurde, und nah genug, um mit dem Teleobjektiv Fotos zu machen. Dennoch fürchtete er ständig, in der Straße aufzufallen. Zwischenzeitlich wurde seine Sorge so groß, dass er seine Aktion abbrach. Da er seit Stunden nichts mehr gegessen hatte, fuhr er zu einem Schnellimbiss und schlang einen Hamburger hinunter. Er musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Er durfte nichts überstürzen.
Nach zwei Stunden bog er erneut in die Wohnstraße ein. Der Vorgarten war leer. Er stöhnte vor unterdrückter Wut. Doch dann sah er Steenhoff. FS kniete auf dem Boden und schien einen Weg zu pflastern. Er wirkte verbissen und angestrengt und hatte keinen Blick für seine Umgebung. Selbst als ihn eine ältere Nachbarin, die aus der anderen Haushälfte kam, ansprach, hielt er nur kurz inne und arbeitete anschließend umso schneller weiter.
Er fühlte sich jetzt sicherer. Falls ihn einer der Anwohner anspräche, wusste er, was er antworten würde. Er hatte gesehen, dass es eine Heilpraktikerin am Anfang der Straße gab. «Termine nach Vereinbarung» stand auf dem Schild an der Hauswand. Er würde einfach behaupten, dass er auf seine schwer erkrankte Frau warten müsse, die bei der Heilpraktikerin in Behandlung sei. Niemand würde näher fragen. Doch selbst wenn, würde er einfach behaupten, es handele sich um ein «Frauenleiden», und dabei eine bekümmerte Miene aufsetzen.
Am späten Nachmittag schien FS endlich fertig zu sein. Er richtete sich auf und rieb sich mit beiden Händen die Lendenwirbel. Die attraktive Frau hatte sich dicht neben ihn gestellt. Durch seinen Sucher sah er, wie sie den Polizeibeamten bei der Hand nahm und ihn zu einem Tisch zog, auf dem eine Sektflasche stand. Dann prosteten sich die beiden zu. Er sah, wie die Frau den Mann kokett anlächelte und sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht schob. Als sie FS umarmte und küsste, drückte er auf den Auslöser.
Er war verblüfft, nicht weil der Mann eine Geliebte hatte, sondern weil er selbst erst jetzt begriff, warum sich FS stundenlang in seiner Freizeit in einem fremden Garten abmühte. Steenhoff war dreist oder fühlte sich einfach sicher, weil seine Frau weit weg in ihrem Haus im Moor saß und ihn hier niemand kannte.
Auf der anderen Seite hielt er ständig sein Gesicht in die Kameras und appellierte an Zeugen, die Informationen zu Maike Ahlers abgeben könnten, sich bei der Polizei zu melden. Wie konnte er dann so unvorsichtig sein und sich mit der Frau in der Öffentlichkeit zeigen? Aber das war sein Problem.
Endlich wusste er, wie er Steenhoff in die Knie zwingen würde. Er grinste boshaft, als er darüber nachdachte, wie leicht es ihm FS gemacht hatte.
Als Steenhoff davonfuhr, blieb er eine Weile im Auto sitzen und stieg dann aus. Die hübsche Gärtnerin harkte den weißen Kies, den sie um den neugepflanzten Magnolienbaum gestreut hatte, und beachtete ihn nicht.
21
Petersen hatte nicht aufgepasst. Die übereinandergestapelten Akten auf ihrem rechten Arm gerieten ins Rutschen. Polternd fielen sie auf den Boden. Aber Petersen schenkte dem Chaos zu ihren Füßen keine Beachtung, sondern starrte Steenhoff fassungslos an, der mit verschränkten Armen wie versteinert auf seinem Stuhl saß.
«Das glaube ich nicht. Das ist doch ein schlechter Witz!», stieß sie schließlich mühsam hervor. Aufgewühlt ging sie um ihren Schreibtisch auf Steenhoff zu. Der schaute unverwandt aus dem Fenster, als würde sich auf dem Parkplatz des Präsidiums etwas Wichtiges abspielen, was er nicht verpassen durfte.
«Wir müssen uns dagegen wehren. Das geht so nicht. Lass uns den Personalrat einschalten oder den Präsidenten persönlich. Das ist doch lächerlich, was die da veranstalten.»
Wütend setzte sie sich an ihren Computer und gab den Namen des Personalratsvorsitzenden ins Intranet ein. Steenhoff unterbrach ihre Suche. Seine Stimme klang gepresst, aber er schien sich jedes Wort genau überlegt zu haben.
«Es hat keinen Sinn, Navideh. Ich hätte an ihrer Stelle vermutlich auch nicht anders gehandelt. Die Beweislage spricht
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