Brandherd
Abendessen vorzubereiten, und da habe ich sie in ihre Einfahrt einbiegen und genau dort parken sehen, wo ihr Auto jetzt steht«, berichtete die Frau aufgeregt. »Sie ist reingegangen, und ungefähr eine halbe Stunde später ist sie wieder rausgekommen und hat angefangen, Unkraut zu rupfen. Sie hat gern im Garten gearbeitet, den Rasen selbst gemäht und so weiter.«
McGovern blickte mir entgegen, als ich näher kam.
»Das ist Mrs. Harvey«, sagte sie zu mir. »Sie wohnt nebenan.«
»Hallo«, sagte ich zu Mrs. Harvey, aus deren Augen Erregung leuchtete, die an Furcht grenzte.
»Dr. Scarpetta ist Gerichtsmedizinerin«, erklärte McGovern.
»Oh«, sagte Mrs. Harvey.
»Haben Sie Kellie dann später am Abend noch einmal gesehen?«
Die Frau schüttelte den Kopf.
»Sie ist reingegangen«, sagte sie, »nehme ich an, und das war's dann. Ich weiß, dass ihre Arbeit sehr anstrengend war und sie gewöhnlich nicht spät ins Bet t ging.«
»Und war sie mit jemandem zusammen?«
»Ach, da gab's genug«, sagte Mrs. Harvey. »Hier und da ein Arzt, verschiedene Leute vom Krankenhaus. Ich erinnere mich, dass sie letztes Jahr was mit einem Mann hatte, der Patient von ihr gewesen war. Hat aber nie sehr lang gehalten. Sie war zu schön, das ist das Problem. Die Männer wollten alle das eine, aber sie hatte andere Vorstellungen. Das weiß ich, weil sie immer mal wieder 'ne Bemerkung fallen ließ.«
»Aber in letzter Zeit gab es niemanden?«, fragte McGovern. Mrs. Harvey musste nachdenken.
»Nur ihre Freundinnen«, antwortete sie dann. »Sie hatte ein paar Freundinnen, die sie von der Arbeit kannte, und die kamen manchmal vorbei, oder sie sind gemeinsam irgendwohin gegangen. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass vorgestern Abend jemand da gewesen wäre. Ich meine, das heißt nicht, dass ich das unbedingt wüsste.
Es könnte ja auch jemand gekommen sein, ohne dass ich was mitbekommen habe.«
»Ist die Katze gefunden worden?«
McGovern antwortete nicht.
»Diese verdammte Katze«, sagte Mrs. Harvey. »Pumpkin. Ich sag nur eins: verwöhnt, verwöhnt, verwöhnt.«
Sie lächelte, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Sie war ihr Kind«, sagte Mrs. Harvey. »Eine reine Wohnungskatze?«
»Ach, absolut. Kellie hat ihren Kater niemals rausgelassen, sie hat ihn gehalten wie eine Treibhaustomate.«
»Sein Katzenklo wurde hinter dem Haus gefunden«, erklärte McGovern ihr. »Hat Kellie das manchmal geleert und die ganze Nacht draußen gelassen? Oder hatte sie die Angewohnheit, es abends auszuleeren? Also nach Einbruch der Dunkelheit rauszugehen, das heißt, die Hintertür aufzuschließen und die Alarmanlage abzuschalten?«
Mrs. Harvey schien verwirrt, und ich hatte den Verdacht, dass sie keine Ahnung hatte, dass ihre Nachbarin ermordet worden war.
»Na ja«, sagte sie, »ich erinnere mich zwar, dass ich gesehen habe, wie sie das Katzenklo ausgeleert hat, aber immer in einen Müllbeutel, den sie dann in die Tonne geschmissen hat. Sie hätte also keinen Grund gehabt, das abends zu tun. Ich vermute, sie hat es geleert und zum Lüften draußen gelassen, verstehen Sie? Oder vielleicht hatte sie auch keine Zeit mehr, es mit dem Schlauch abzuspritzen, und wollte das am nächsten Morgen machen. Aber wie auch immer, der Kater konnte auch di e normale Toilette benutzen. Es hätte ihm also nicht viel ausgemacht, wenn er eine Nacht ohne sein Klo hätte auskommen müssen.«
Ihr Blick folgte einem Polizeiauto, das langsam vorbeifuhr.
»Bisher hat noch niemand gesagt, wie es zu dem Feuer gekommen ist«, fuhr Mrs. Harvey fort. »Weiß man das schon?«
»Wir arbeiten daran«, sagte McGovern.
»Ihr Tod war doch nicht ... na ja, es ging doch schnell, oder?«
Sie blinzelte in die untergehende Sonne und biss sich auf die Unterlippe. »Ich möchte mir nicht vorstellen müssen, dass sie gelitten hat.«
»Die meisten Menschen, die bei einem Brand umkommen, müssen nicht leiden«, antwortete ich und wich ihrer Frage mit beruhigenden Worten aus. »Normalerweise sorgt das Kohlenmonoxid dafür, dass sie bewusstlos werden.«
»Ach, Gott sei Dank«, sagte sie.
»Ich bin im Haus«, sagte McGovern zu mir.
»Mrs. Harvey«, sagte ich, »haben Sie Kellie gut gekannt?«
»Wir waren seit fünf Jahren Nachbarinnen. Wir haben nicht viel miteinander unternommen, aber selbstverständlich kannte ich sie.«
»Ich frage mich nämlich, ob Sie vielleicht irgendwelche neueren Aufnahmen von ihr haben oder jemand kennen, der welche haben könnte?«
»Kann sein,
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