Brandherd
erklären wusste, war, dass der Mord in Warrenton und jetzt dieser hier darauf angelegt gewesen waren, diejenigen zu ködern, die Carrie in der Vergangenheit besiegt hatten.
»Aber das in Warrenton ist doch passiert, ehe sie aus Kirby ausgebrochen war«, gab McGovern zu bedenken, während sie in die Chestnut Street einbog.
»Ich weiß«, sagte ich. Vor Angst spürte ich meinen Puls fast nicht mehr. »Ich verstehe das ja auch alles nicht, auße r dass sie irgendwie darin verwickelt ist. Es ist doch kein Zufall, dass sie auf dem Videoclip zu sehen war, Teun. Sie wusste, dass wir nach Kellie Shephards Ermordung alles unter die Lupe nehmen würden, was wir finden konnten. Carrie wusste verdammt genau, dass wir uns das Band ansehen würden.«
Der Brand war in einer schäbigen Geschäftsstraße ausgebrochen, in einem Viertel, das im Westen an die University of Pennsylvania angrenzte. Die Dunkelheit war hereingebrochen, und die zuckenden Blaulichter waren meilenweit zu sehen. Polizeiwagen hatten zwei Blocks der Straße abgesperrt. Es waren mindestens acht Löschwagen und vier Drehleiterfahrzeuge angerückt, und in mehr als siebzig Fuß Höhe beschossen Feuerwehrleute das rauchende Dach mit Wasserkanonen. Die Nacht war vom Gedröhn der Dieselmaschinen erfüllt, der Strahl von Löschwasser trommelte über Holz und ließ Glas zersplittern. Pralle Schläuche schlängelten sich über die Straße, und Wasser stand bis an die Radkappen geparkter Autos, die demnächst weggeschwemmt werden würden.
Fotografen und Fernsehteams streiften auf den Bürgersteigen umher und waren schlagartig alarmiert, als McGovern und ich aus ihrem Wagen stiegen.
»Ist das ATF hier im Einsatz?«, fragte eine Fernsehreporterin.
»Wir wollen uns bloß mal umsehen«, antwortete McGovern, während wir einfach weitergingen.
»Dann besteht also Verdacht auf Brandstiftung, wie bei den anderen Lebensmittelgeschäften?«
Das Mikrofon folgte uns, während wir mit spritzenden Stiefeln auf den Eingang zueilten.
»Die Untersuchung läuft noch«, sagte McGovern. »Und Sie dürfen hier nicht so nah ran, Ma'am.«
Die Reporterin blieb neben der Kühlerhaube eines Löschwagens zurück, während McGovern und ich näher auf den Laden zugingen. Die Flammen hatten auf das Friseurgeschäft im Nachbarhaus übergegriffen, wo Feuerwehrleute mit Äxten und Einreißhaken rechteckige Löcher ins Dach hackten. Beamte in den Flakjacken des ATF befragten potentielle Zeugen, und Ermittlungsbeamte in beschichteten Jacken und Helmen betraten einen Keller und kamen wieder heraus. Ich hörte etwas von Kippschaltern und Zähler und Stromklau. Schwarzer Rauch waberte, und es schien in dem ganzen Raum nur eine Stelle zu geben, die hartnäckig weiterglühte und Feuer spuckte.
»Vielleicht ist sie im Haus«, sagte McGovern mir ins Ohr. Ich folgte ihr weiter hinein. Die Schaufensterscheibe war großflächig herausgebrochen, und Teile des Inventars wurden zum Teil mit dem Strom des kalten Wassers hinausgeschwemmt. Thunfischdosen, geschwärzte Bananen, Damenbinden, Kartoffelchips-Beutel und Flaschen mit Salatdressing schwammen vorbei. Ein Feuerwehrmann barg eine Dose Kaffee und warf sie kopfschüttelnd in sein Feuerwehrauto. Die starken Lichtkegel von Taschenlampen tasteten das rauchige, schwarze Innere des zerstörten Ladens ab, fielen auf verbogene Eisenregale und nackte Drähte, die in wirrem Durcheinander von Stahlträgern hingen.
»Ist Lucy Farinelli hier drin?«, rief McGovern hinein.
»Als ich sie zuletzt gesehen habe, stand sie hinterm Haus und sprach mit dem Inhaber des Ladens«, rief eine Männerstimme zurück.
»Seid vorsichtig da drinnen«, sagte McGovern laut.
»Na ja, wir haben insofern ein echtes Problem, als wir den Saft nicht abdrehen können. Muß eine unterirdisch e Zuleitung sein. Wenn Sie da mal einen Blick drauf werfen könnten?«
»Bin gleich da.«
»Damit beschäftigt sich meine Nichte also«, sagte ich, als McGovern und ich wieder auf die Straße hinauswateten. Verdorbene Lebensmittel und Konserven schwammen vorbei.
»An guten Tagen. Ich glaube, sie hat die Dienstnummer 718. Mal sehen, ob ich sie aufstöbern kann.«
McGovern hielt das Funkgerät an die Lippen und funkte Lucy an.
»Was liegt an?«, kam die Stimme meiner Nichte zurück. »Sind Sie gerade sehr beschäftigt?« »Bin gleich fertig.«
»Können Sie mal zu uns nach vorn kommen?« »Komme sofort.«
Meine Erleichterung war offensichtlich, und McGovern lächelte mir unter zuckenden Lichtern und
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