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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dass ich welche habe.«
    »Sie könnten mir bei der Identifizierung weiterhelfen«, sagte ich dann, obwohl ich ein anderes Motiv hatte.
    Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie die lebende Kellie Shephard ausgesehen hatte.
    »Und wenn Sie mir sonst noch irgendetwas über sie erzählen könnten, wäre mir das eine große Hilfe«, fuhr ich fort. »Hat sie zum Beispiel Familie in der Gegend?«
    »Nein, nein«, sagte Mrs. Harvey und starrte das zerstörte Haus ihrer Nachbarin an. »Sie war überall und nirgends zu Hause. Ihr Vater war beim Militär, wissen Sie, und ich glaube, er und ihre Mom leben jetzt irgendwo in North Carolina. Kellie war 'ne Frau von Welt, weil sie so viel rumgekommen ist. Ich hab ihr immer wieder gesagt, ich wünschte, ich wäre auch so stark und schlau wie sie. Die hat sich nichts bieten lassen. Einmal war auf meiner Terrasse eine Schlange. Ich hab sie gerufen und war völlig hysterisch. Da ist sie rübergekommen, hat die Schlange in den Garten gescheucht und mit einer Schaufel getötet. Ich nehm mal an, sie musste so werden, weil die Männer sie einfach nicht in Ruhe ließen. Ich hab ihr immer gesagt, sie hätte das Zeug zum Filmstar, und dann hat sie geantwortet: Aber Sandra, ich kann doch nicht spielen. Und dann hab ich gesagt: Aber die meisten andern doch auch nicht!«.
    »Sie hat sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen«, sagte ich.
    »Darauf können Sie Gift nehmen. Deshalb hat sie sich auch die Alarmanlage einbauen lassen. Und dass sie sich nicht die Butter vom Brot hat nehmen lassen, das trifft Kellie am besten. Wenn Sie mitkommen wollen - ich sehe mal, was ich wegen der Fotos tun kann.«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte ich. »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Wir kürzten den Weg durch eine Hecke ab, und ich folgte ihr die Stufen rauf in ihre große, helle Küche. E s war offensichtlich, dass Mrs. Harvey gerne kochte; davon zeugten die wohlgefüllte Speisekammer und die reiche Auswahl an Küchengeräten. Von Deckenhaken hingen Töpfe und Pfannen herab, und auf dem Herd kochte etwas vor sich hin, das verführerisch nach Rindfleisch und Zwiebeln duftete, ein Boeuf Stroganoff vielleicht oder ein Ragout.
    »Wenn Sie sich solange da drüben ans Fenster setzen wollen - ich laufe mal eben hoch auf den Boden und sehe nach, was ich habe«, sagte sie.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl am Küchentisch und schaute aus dem Fenster zu Kellie Shephards Haus hinüber. Ich konnte die Leute hinter zerbrochenen Fenstern hin- und hergehen sehen, und irgendjemand hatte Lampen aufgestellt, weil die Sonne tief stand und sich bereits rot gefärbt hatte. Ich fragte mich, wie oft ihre Nachbarin sie wohl kommen und gehen sehen hatte. Fest stand, Mrs. Harvey hatte das Leben dieser Frau, die exotisch genug war, um ein Filmstar zu sein, mit Neugier verfolgt, und ich fragte mich, ob sich irgendwer bei Kellie Shephard hätte ins Haus stehlen können, ohne dass ihrer Nachbarin ein fremdes Auto oder ein fremdes Gesicht aufgefallen wäre. Doch ich musste vorsichtig sein mit meinen Fragen, weil nicht öffentlich bekannt war, dass Kellie Shephard ermordet worden war.
    »Also, das ist ja unglaublich«, rief Mrs. Harvey mir zu, als sie in die Küche zurückkehrte. »Ich hab ja was viel Besseres für Sie. Da war nämlich letzte Woche ein Fernsehteam im Krankenhaus und hat einen Dokumentarfilm über die Unfallklinik gedreht. Sie haben ihn in den Abendnachrichten gebracht, und weil Kellie darin vorkam, habe ich ihn aufgenommen. Warum bin ich bloß nicht früher drauf gekommen - aber in meinem Kopf geht im Moment einiges durcheinander. Das verstehen Si e sicher.«
    Sie hielt eine Videokassette in der Hand. Ich begleitete sie ins Wohnzimmer, wo sie die Kassette in den Recorder schob. Ich saß in einem blauen Schaukelstuhl inmitten eines blauen Ozeans von einem Teppichboden, während sie den Film zurückspulte und die Wiedergabetaste drückte. Die ersten Einstellungen zeigten einen Hubschrauber, der mit einem Notfall hereingeschwebt kam. Erst da ging mir auf, dass Kellie eigentlich eine ausgebildete Unfallsanitäterin war und keine einfache Stationsschwester. Der Film zeigte, wie Kellie in einem Overall gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Teams, das gerade alarmiert worden war, einen Flur hinunterhastete.
    »Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie«, sagte sie auf dem Videoband, während sie und ihr Team Leuten auszuweichen versuchten, die ihnen im Weg standen.
    Mit ihren blitzenden Zähnen war sie ein spektakuläres

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