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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Brandstelle mit Lucy. Was weiß ich.«
    Ich wandte ihm den Rücken zu und starrte auf den Hafen hinaus. Der Atem zitterte in meiner Brust, und meine Hände waren so kalt, dass die Fingernägel sich blau verfärbt hatten. Marino stand auf, und ich wusste, dass er mich beobachtete.
    »Na, kommen Sie schon«, sagte er. »Sehen wir mal nach, was da abgeht.«
    Als wir den Brandort auf der Walnut Street erreichten, hatte das Treiben dort erheblich abgenommen. Die meisten Feuerwehrwagen waren weggefahren, und di e paar Feuerwehrmänner, die noch arbeiteten, rollten gerade erschöpft die Schläuche auf. Dampfiger Rauch trieb aus dem Laden, doch ich konnte keine Flammen sehen, und aus dem Innern hallten Stimmen und Schritte, während starke Taschenlampenstrahlen die Dunkelheit durchschnitten und sich in Glasscherben fingen. Immer noch schwammen alle möglichen Waren und Trümmer an mir vorbei, als ich platschend auf den Eingang zuging, und als ich ihn erreichte, hörte ich McGoverns Stimme. Sie sagte gerade etwas von einem Medical Examiner.
    »Schafft ihn sofort her«, schrie sie. »Und passt auf dort drüben, ja? Wir wissen ja nicht, wo das überall hingeflogen ist, und ich will nicht, dass wir auf irgendwas drauftreten.«
    »Hat irgendwer einen Fotoapparat dabei?«
    »Ja, also ich habe hier eine Armbanduhr, rostfreier Stahl, Herrenuhr. Deckglas zersprungen. Und wir haben ein Paar Handschellen.«
    »Was erzählen Sie da?«
    »Sie haben richtig gehört. Handschellen, Marke Smith & Wesson, das Originalprodukt. Zugeschnappt und abgeschlossen, als hätte sie jemand um die Handgelenke gehabt. Die sind doch tatsächlich doppelt gesichert.«
    »Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen.«
    Ich kämpfte mich ins Innere des Ladens durch. Große Tropfen von kaltem Wasser klatschten mir auf den Helm und rannen mir den Hals hinab. Ich erkannte zwar Lucys Stimme, konnte jedoch nicht verstehen, was sie sagte. Sie klang beinah hysterisch, und auf einmal gab es eine Menge Gespritze und hektische Bewegung.
    »Halt! Halt!«, befahl McGovern. »Lucy! Jemand soll sie hier rausbringen!«
    »Nein!«, schrie Lucy.
    »Nun kommen Sie schon«, sagte McGovern. »Ich habe Ihren Arm. Nun mal schön ruhig, okay?«
    »Nein!«, schrie Lucy. »NEIN! NEIN! NEIN!«
    Dann folgten ein lautes Aufklatschen und ein überraschter Aufschrei.
    »Mein Gott. Alles in Ordnung mit Ihnen?«, sagte McGovern. Ich stand etwa in der Mitte des Ladens, als ich sah, wie McGovern Lucy beim Aufstehen half. Meine Nichte war hysterisch, und ihre Hand blutete, doch das schien sie nicht weiter zu kümmern. Mein Herz krampfte sich zusammen, und mein Blut schien kalt zu werden wie das Wasser, durch das ich auf sie zuwatete.
    »Zeig mal her«, sagte ich, als ich behutsam Lucys Hand nahm und meine Taschenlampe darauf richtete. Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Wann hast du die letzte Tetanusspritze bekommen?« fragte ich.
    »Tante Kay«, wimmerte sie. »Tante Kay.«
    Lucy schlang die Arme um meinen Hals, und wir wären ums Haar beide gestürzt. Sie weinte so heftig, dass sie nicht sprechen konnte, und ihre Arme zogen sich wie ein Schraubstock zusammen.
    »Was ist denn passiert?«, wollte ich von McGovern wissen.
    »Sie beide müssen hier raus«, sagte sie. »Sagen Sie mir, was passiert ist!«
    Ich würde mich nicht vom Fleck rühren, ehe sie mir nicht sagte, was los war. Wieder zögerte sie.
    »Wir haben menschliche Überreste gefunden. Ein Opfer des Brandes. Kay, bitte.«
    Sie nahm meinen Arm, und ich riss ihn weg. »Wir müssen hier raus«, sagte sie.
    Ich entfernte mich von ihr, den Blick auf die dunkle Ecke gerichtet, wo Ermittlungsbeamte miteinander sprachen und spritzend umherwateten, dem tastenden Lichtstrahl ihrer Lampen folgend.
    »Hier sind noch mehr Knochen«, sagte jemand. »Quatsch, vergiss es. Ist nur verbranntes Holz.«
    »Na, das Stück hier ist mit Sicherheit keins.«
    »Mist. Wo bleibt bloß der Medical Examiner, verflucht e Scheiße?«
    »Ich übernehme das jetzt mal«, sagte ich zu McGovern, als wäre dies mein Tatort. »Bringen Sie Lucy raus und wickeln Sie ihr ein sauberes Handtuch um die Hand. Ich kümmere mich dann gleich um sie. Lucy«, sagte ich zu meiner Nichte. »Gleich geht's dir wieder besser.«
    Ich löste ihre Arme von meinem Hals und fing selbst zu zittern an. Irgendwie wusste ich Bescheid.
    »Kay, gehen Sie nicht da rüber«, McGovern hob die Stimme.
    »Nicht!«
    Doch mittlerweile war mir klar, dass es sein musste, und abrupt ließ ich die beiden stehen und

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