Brandherd
Taxi.«
»Ruf Teun an«, sagte ich. »Sag ihr, dass ich die Sache jetzt in die Hand nehme und jede erdenkliche Unterstützung brauche. Sag ihr, wenn alles so läuft, wie ich es mir erhoffe, brauche ich sie und ein Team in Wilmington, North Carolina. Ich weiß nur noch nicht, wann. Vielleicht umgehend. Doch ich brauche freie Hand. Sie soll mir vertrauen.«
Lucy stand auf und ging zum Spülbecken, um sich noch ein Glas Wasser zu holen.
»Das ist doch Wahnsinn.«
»Kannst du nun einen Hubschrauber besorgen oder nicht?«
»Wenn ich die Erlaubnis kriege, ja. Die Grenzpatrouille hat welche. Da kriegen wir sie normalerweise her. Ich kann wahrscheinlich einen aus D.C. herholen.«
»Gut«, sagte ich. »Besorg ihn, so schnell du kannst. Morgen früh fahr ich zum Labor und lasse mir bestätigen, was ich bereits zu wissen glaube. Vielleicht fliegen wir dann nach New York.«
»Warum?«
Ihre Miene war neugierig, aber skeptisch.
»Wir werden auf Ward's Island landen und Kirby einen Besuch abstatten; ich habe vor, mich da mal gründlich umzusehen.«
Marino rief gegen zehn erneut an, und ich versicherte ihm, dass es Lucy den Umständen entsprechend gut gehe und wir uns in meinem Haus mit seiner ausgeklügelten Alarmanlage, der Lichtanlage und den Waffen bestens aufgehoben fühlten. Er sprach undeutlich und mit schwerer Zunge, was mir verriet, dass er getrunken hatte.
Das Fernsehgerät war auf volle Lautstärke gestellt.
»Ich brauche Sie um acht im Labor«, sagte ich.
»Ich weiß, ich weiß.«
»Es ist sehr wichtig, Marino.«
»Das habe ich mir fast schon gedacht, Doc.«
»Sehen Sie zu, dass Sie ein bisschen Schlaf kriegen«, sagte ich.
»Gleichfalls.«
Ich konnte jedoch nicht schlafen, sondern saß an meinem Schreibtisch und ging diejenigen Fälle von ESA durch, bei denen jemand unter verdächtigen Umständen in einem Feuer umgekommen war. Ich studierte den Fall von Venice Beach und dann den von Baltimore und suchte angestrengt nach eventuellen Gemeinsamkeiten der Fälle und Opfer, die über den Brandherd und die Tatsache hinausgingen, dass zwar der Verdacht auf Brandstiftung bestanden hatte, die Ermittlung jedoch die Beweise schuldig geblieben war. Als Erstes rief ich das Polizeipräsidium von Baltimore an und traf auf einen Beamten, der gesprächswillig schien.
»Den hat John Montgomery bearbeitet«, sagte er, und ich hörte, dass er rauchte.
»Wissen Sie darüber irgendetwas?«, fragte ich.
»Am besten sprechen Sie mit ihm selbst. Und er wird wahrscheinlich irgendeine Beglaubigung wollen, dass Sie auch wirklich diejenige sind, die Sie angeben zu sein.«
»Er kann mich morgen früh im Büro anrufen, um das zu überprüfen.« Ich gab ihm die Nummer. »Ich dürfte kaum später als um acht dort sein. Wie sieht's denn mit einer EMail-Adresse aus? Könnte ich Detective Montgomery nicht ein paar Zeilen schicken?«
»Kann ich Ihnen geben.«
Ich hörte, wie er eine Schublade öffnete, dann gab er mir die gewünschte Anschrift.
»Ich glaube, ich hab schon mal von Ihnen gehört«, sagte der Beamte nachdenklich. »Wenn Sie die Gerichtsmedizinerin sind, die ich meine. Das ist 'ne Dame, und obendrein 'ne gut aussehende, nach allem, was ich im Fernsehen gesehen habe. Hm. Waren Sie schon mal hier oben in Baltimore?«
»Ich habe in Ihrer schönen Stadt Medizin studiert.«
»Na, dann weiß ich jedenfalls, dass Sie was drauf haben.«
»Austin Hart, der junge Mann, der bei dem Brand umgekommen ist, war ebenfalls Student in Johns Hopkins«, sagte ich hoffnungsvoll.
»Und 'n Homo dazu. Ich persönlich glaube, dass es da um einen Racheakt ging.«
»Was ich brauche, ist ein Foto von ihm und alles über sein Leben, seine Gewohnheiten, seine Hobbys.« Ich versuchte, mir die momentane Gesprächigkeit des Beamten zunutze zu machen.
»Oh, ja.« Er rauchte. »Einer von diesen hübschen Kerlen. Ich habe gehört, dass er als Fotomodell gearbeitet hat, um sich das Medizinstudium zu finanzieren. Werbung für Calvin-Klein-Unterwäsche, solches Zeug. War wahrscheinlich ein eifersüchtiger Liebhaber. Wenn Sie demnächst mal nach Baltimore kommen, Doc, dann versuchen Sie unbedingt, sich die Camden Yards anzusehen. Sie wissen doch, das neue Stadion.«
»Unbedingt«, antwortete ich, während ich aufgeregt zu verarbeiten versuchte, was er gerade gesagt hatte.
»Ich kann Ihnen Karten besorgen, wenn Sie möchten.«
»Das wäre sehr nett von Ihnen. Ich werde mich mi t Detective Montgomery in Verbindung setzen, und fürs Erste vielen Dank
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