Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
dass es nicht so ist.«

20
     
    Es war halb zwei, als ich wieder in der Tiefgarage war und aus dem Wagen stieg. Rasch ging ich zum Aufzug, gab den Nummerncode ein und fuhr wieder in den dritten Stock hinauf. Ich suchte nach Jerri Garmon, die ganz zu Anfang die pinkfarbenen Überreste analysiert und mir mitgeteilt hatte, dass es sich um Silikon handelte.
    Ich streckte den Kopf durch diverse Türrahmen, bis ich sie in einem Raum entdeckte, worin die neuesten Geräte untergebracht waren, die man für die Analyse organischer Substanzen, vom Heroin bis zum Farbbinder, benötigte. Sie injizierte gerade mithilfe einer Spritze eine Probe in die beheizte Kammer des Gaschromatografen und bemerkte mich erst, als ich sprach.
    »Jerri«, sagte ich außer Atem. »Ich störe Sie wirklich ungern, doch ich habe hier etwas, das Sie sich bestimmt gern mal ansehen wollen.«
    Ich hielt die pinkfarbene Schwimmkappe empor. Ihr Blick war völlig verständnislos.
    »Silikon«, sagte ich. Ihre Augen leuchteten auf.
    »Wow! Eine Schwimmkappe? Mein lieber Mann - wer hätte das gedacht?«, sagte sie. »Das zeigt einem mal wieder, dass es heutzutage viel zu viel gibt, worüber man eigentlich auf dem Laufenden sein müsste.«
    »Können wir die verbrennen?«, fragte ich.
    »Das hier muss sowieso erst mal 'ne Weile laufen. Kommen Sie. Sie haben mich ganz neugierig gemacht.«
    Die gegenwärtigen Labore der Spurensicherung, wo Beweisstücke bearbeitet wurden, ehe sie durch so komplizierte Geräte wie SEM und Massenspektromete r geschickt wurden, waren zwar geräumig, drohten aber schon wieder aus allen Nähten zu platzen. Unmengen luftdichter Aluminiumfarbdosen, die dazu dienten, Brandüberreste und entflammbare Rückstände aufzubewahren, standen zu Pyramiden gestapelt auf Regalbrettern, man sah große Schraubgläser mit blauem Trockengranulat und Petrischalen, Bechergläser, Kohleröhrchen und die üblichen braunen Beweismitteltüten. Der Test, den ich im Sinn hatte, war einfach und ging rasch.
    Der isolierte Erhitzer stand in einer Ecke und sah eher wie ein kleiner beigefarbener Krematoriumsofen aus, von der Größe einer Hotelminibar, um genau zu sein, und er ließ sich bis auf tausenddreihundertsiebzig Grad Celsius erhitzen. Sie schaltete ihn ein, und eine Mess-Skala begann sehr bald das Aufheizen des Ofens anzuzeigen. Jerri schob die Kappe in einem weißen Porzellannapf, der einer Müslischüssel nicht unähnlich war, hinein und öffnete eine Schublade, um einen dicken Asbesthandschuh herauszunehmen, der sie bis zum Ellenbogen schützen würde. Sie stand mit einer Zange in der Hand, während die Temperatur langsam auf vierzig Grad stieg. Bei hundertzwanzig warf sie einen prüfenden Blick auf unsere Kappe. Sie zeigte nicht die mindeste Einwirkung.
    »Bei dieser Temperatur würden Latex und Lycra bereits höllisch rauchen und zu schmelzen beginnen«, ließ Jerri mich wissen.
    »Doch dies Zeug hier wird noch nicht mal klebrig, und die Farbe ist unverändert.«
    Die Silikonkappe rauchte auch bis zweihundertsechzig Grad nicht. Bei vierhundert wurde sie an den Rändern grau, wurde klebrig und begann zu schmelzen. Bei fünfhundert Grad stand sie in Flammen, und Jerri musste sich einen dickeren Handschuh suchen.
    »Das ist schon erstaunlich«, meinte sie.
    »Jetzt sieht man auch, weshalb Silikon zum Isolieren benutzt wird«, sagte ich ebenso erstaunt.
    »Kommen Sie besser nicht zu nah heran.«
    »Keine Sorge.«
    Ich entfernte mich weit aus der Gefahrenzone, als sie den Napf mit der Zange heranzog und unser flammendes Experiment in ihrer asbestgeschützten Hand hielt. Die Luftzufuhr schürte das Feuer noch zusätzlich, und bis sie es unter eine Abzugshaube gesetzt und den Rauchabzug eingeschaltet hatte, brannte die äußere Oberfläche der Kappe wie wild und zwang Jerri, einen Deckel draufzulegen.
    Schließlich waren die Flammen erstickt, und sie hob den Deckel wieder ab, um zu sehen, was übrig geblieben war. Mein Herz pochte, als ich die papierascheähnlichen Rückstände, aber auch solche Stellen erblickte, wo das Silikon erhalten und immer noch sichtbar pinkfarben war. Die Schwimmkappe war bei dem Brand also nicht etwa schmierig geworden oder hatte sich gar verflüssigt. Sie war einfach zerfallen, bis entweder kühlende Temperaturen oder Sauerstoffmangel oder vielleicht sogar eine Ladung Wasser diesem Prozess ein Ende gemacht hatten. Das Endprodukt unseres Experiments deckte sich völlig mit dem, was ich in Claire Rawleys langem, blondem Haar

Weitere Kostenlose Bücher