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Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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fragte ich, während Marino mich nach Hause fuhr. »Er ist allei n in einem Ferienort auf einer Insel. Wahrscheinlich unternimmt er Spaziergänge am Strand, ohne seine Waffe mitzunehmen, weil er gar nicht auf die Idee kommt, dass jemand hinter ihm her sein könnte ...«
    »Da kenne ich noch jemand«, fiel Marino mir ins Wort.
    »Ein Punkt für Sie.«
    »Mit Sicherheit weiß Benton bereits Bescheid, doch ich werde ihn anrufen«, sagte Marino. »Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, woher Carrie von Ihrer Wohnung auf Hilton Head wissen sollte. Die hatten Sie ja damals noch gar nicht, als Lucy ihr Ihre ganzen Geheimnisse ausgeplaudert hat.«
    »Das ist nicht fair«, sagte ich, während er in meine Einfahrt bog und abrupt anhielt. »Lucy hat das nicht gewollt. Sie hat nie unloyal sein oder mir schaden wollen.«
    Ich hatte die Hand auf dem Türgriff.
    »Jetzt ist es sowieso egal, was sie gewollt hat.«
    Er blies seinen Rauch aus dem Fenster.
    »Wie ist Carrie denn rausgekommen?«, fragte ich. »Kirby liegt schließlich auf einer Insel und ist nicht leicht zugänglich.«
    »Das weiß niemand. Ungefähr vor drei Stunden sollte sie mit allen anderen liebreizenden Damen zum Abendessen runtergehen, und da haben die Wärter gemerkt, dass sie weg war. Paff, einfach spurlos verschwunden, und ungefähr eine Meile von Kirby entfernt gibt es eine alte Fußgängerbrücke, die über den East River nach Harlem reinführt.«
    Er warf seinen Zigarettenstummel auf meine Einfahrt.
    »Gegenwärtig sieht es so aus, als könnte sie die Insel nur auf diesem Weg verlassen haben. Die Polizei ist überal l präsent, und sie haben Hubschrauber eingesetzt, für den Fall, dass sie sich immer noch irgendwo auf der Insel versteckt. Aber ich glaube das nicht.
    Ich glaube, dass sie die Flucht lange vorbereitet hat und alles nach einem präzisen Plan ablief. Na schön, wir werden von ihr hören. Darauf können wir wetten.«
    Ich war zutiefst beunruhigt, als ich ins Haus trat, sämtliche Türen verriegelte und die Alarmanlage einschaltete. Dann tat ich etwas, was für mich ungewöhnlich war und mich zusätzlich nervös machte. Ich holte meine Neun-Millimeter-Pistole aus einer Schublade in meinem Arbeitszimmer und überprüfte jeden einzelnen Schrank im Haus, im Erdgeschoss wie im oberen Stockwerk. Mit hämmerndem Herzen trat ich in jede Türöffnung, die Pistole fest mit beiden Händen umspannt. Mittlerweile war Carrie Grethen zu einem Monster mit übernatürlichen Kräften geworden, und ich stellte mir bereits vor, dass sie jegliches Sicherheitssystem zu überwinden imstande wäre und genau dann aus dem Schatten gleiten würde, wenn ich mich in Sicherheit wiegte und gar nicht mehr an sie dachte.
    Wie es aussah, war ich die einzige Anwesende in meinem zweistöckigen Klinkerhaus, und so nahm ich ein Glas roten Burgunder mit ins Schlafzimmer und zog mir den Morgenrock an. Ich rief Benton erneut an, und es überlief mich kalt, als er nicht abnahm. Ich versuchte es noch mal, als es fast Mitternacht war, und er antwortete immer noch nicht.
    »Du lieber Gott«, sagte ich laut, allein in meinem Zimmer.
    Das Lampenlicht war weich und warf Schatten von antiken Kommoden und Tischen, die ich sämtlich bis auf das alte graue Eichenholz abgebeizt hatte, weil mir di e Risse und Sprünge, die die Zeit hinterlassen hatte, besonders gefielen. Die blassrosa Vorhänge regten sich im Luftzug, der aus den Lüftungsschlitzen hereindrang, und jede Bewegung, egal welche Erklärung es dafür gab, zerrte an meinen Nerven. Mit jedem Augenblick, der verging, wuchs meine Angst, während ich versuchte, Bilder einer Vergangenheit zu unterdrücken, die ich mit Carrie Grethen teilte. Ich hoffte, Benton würde anrufen. Ich sagte mir, dass ich mir unnütze Sorgen um ihn machte und mir einfach nur Schlaf fehlte. Also versuchte ich, Seamus Heaneys Gedichte zu lesen, und döste mitten in dem Gedicht »Der Blinker« ein. Das Telefon läutete zwanzig Minuten nach zwei, und mein Buch glitt zu Boden.
    »Scarpetta«, sagte ich hastig in den Hörer, während mein Herz pochte, wie es das immer tat, wenn ich aus dem Schlaf gerissen worden war.
    »Kay, ich bin's«, sagte Benton. »Entschuldige, dass ich so spät noch anrufe, aber ich habe befürchtet, dass du mich vergeblich zu erreichen versucht hast. Irgendwie hat mein Anrufbeantworter sich ausgeschaltet, und, na ja, erst bin ich essen gewesen und dann über zwei Stunden am Strand spazieren gegangen. Um nachzudenken. Du hast die

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